Olympos

kopuli e ren.
    Achilles trat vor und versetzte Thersites einen Schlag mit der bloßen Faust, der ihm den Kiefer und den Wangenknochen ze r trümmerte. Der Rattenmensch spie jeden einzelnen seiner ge l ben Zähne aus, flog über das Pferd und die tote Königin hi n weg und blieb im Staub liegen. Blut quoll ihm aus Mund und Nase.
    »Kein Grab und keinen Grabhügel für dich, du Bastard«, sa g te Achilles. »Einst hast du Odysseus verhöhnt, und Odysseus hat dir vergeben. Jetzt hast du mich verhöhnt, und ich habe dich getötet. Der Sohn des Peleus lässt sich nicht ungestraft ve r spotten. Geh jetzt, fahr hinab in den Hades, und mach dich mit deinen gehäss i gen Witzen über die Schatten dort lustig.«
    Thersites würgte an seinem eigenen Blut, erbrach sich und starb.
    Achilles zog Peleus ’ Speer langsam – beinahe liebevoll – aus dem Staub, dem Pferdekadaver und Penthesileas sanft scha u kelndem Leichnam. Alle Achäer traten weiter zurück. Sie ve r standen nicht, weshalb der Männertöter derart klagte und weinte.
    »Aurea cui postquam nudavit cassida frontem, vicit victorem cand i da forma virum«, flüsterte Hockenberry in sich hinein. »Als der Toten sodann der Helm von der Stirne gelöst ward, fühlt ’ sich der Sieger … Achilles … vom Reiz seiner Besiegten besiegt.« Er blickte auf Mah n mut hinunter. »Properz, elftes Gedicht im vierten Buch seiner El e gien.«
    Mahnmut zog an der Hand des Scholikers. »Jemand wird eine Elegie für uns schreiben, wenn wir nicht von hier verschwi n den. Und zwar sofort.«
    »Warum?« Hockenberry schaute sich blinzelnd um.
    Sirenen begannen zu blöken. Steinvec-Soldaten inmitten von Scharen zurückweichender Achäer scheuchten die Menschen mit lauten Warntönen und verstärkten Stimmen in Richtung des Lochs. Ein großer Rückzug war im Gange – Streitwagen und la u fende Männer strömten zum Loch und hindurch –, a ber er war nicht von den Moravec-Lautsprechern eingeleitet wo r den: Der Olymp brach aus.
    Die Erde – nun ja, die Marserde – erzitterte und erbebte. Schw e felgestank lag in der Luft. Hinter den im Rückzug begriffenen Heeren der Achäer und Trojaner glühte der ferne Gipfel des Olymps rot unter seiner Ägis, und Flammensäulen schossen kil o meterhoch in die Luft. Im Gipfelbereich des Olympus Mons, des größten Vulkans im Sonnensystem, sah man bereits rote Lav a ströme. Die Luft war von rotem Staub und dem Gestank der Furcht erfüllt.
    »Was ist denn da los?«, fragte Hockenberry.
    »Die Götter haben dort oben eine Eruption ausgelöst, und das Bran-Loch wird jeden Moment verschwinden«, rief Mahnmut und führte Hockenberry von der Stelle fort, wo Achilles neben der g e fallenen Amazonenkönigin kniete. Die anderen toten Amazonen waren ebenfalls ihrer gesamten Rüstung beraubt worden, und bis auf den Kern der Anführer und Helden liefen die meisten Männer zum Loch.
    Ihr müsst da raus, kam Orphu von Ios Stimme über Engstrahl zu Mahnmut.
    Ja, sendete Mahnmut, wir können die Eruption von hier aus s e hen.
    Noch schlimmer, kam Orphus Stimme auf Engstrahl. Die Messd a ten zeigen, dass sich der Calabi-Yau-Raum dort zu einem schwa r zen Loch und einem Wurmloch verzerrt. String-Vibrationen sind vollko m men instabil. Ob der Olympus Mons nun diesen Teil des Mars in Stücke sprengt oder nicht – ihr habt höchstens noch Min u ten, bis das Bran-Loch verschwindet. Bring Hockenberry und Ody s seus zu uns aufs Schiff.
    Zwischen blinkenden Rüstungen und staubigen Schenkeln hi n durch erspähte Mahnmut Odysseus, der dreißig Schritte entfernt mit Diomedes sprach. Odysseus?, sendete er. Hockenbe r ry ist noch gar nicht dazu gekommen, mit Odysseus zu sprechen, g e schweige denn ihn zum Mitkommen zu überreden. Brauchen wir Odysseus wirklich?
    Der Analyse des Hauptintegrators zufolge schon, sendete Orphu. Ach, übrigens, du hattest während des ganzen Kampfes die Kamera an. Das waren echt heiße Bilder.
    Wozu brauchen wir Odysseus?, sendete Mahnmut. Es grollte in der Tiefe, und der Boden erbebte. Das ruhige Meer im Norden war nicht mehr ruhig; gewaltige Brecher rollten heran und schlugen gegen rote Felsen.
    Woher soll ich das wissen?, rumpelte Orphu von Io. Sehe ich für dich wie ein Hauptintegrator aus?
    Irgendwelche Vorschläge, wie ich Odysseus dazu bringen soll, seine Freunde und Kameraden zu verlassen, den Krieg gegen die Trojaner au f zugeben und sich uns anzuschließen?, sendete Mahnmut. Es sieht so aus, als wollten er und die anderen Anführer –