Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oma ihr klein Häuschen

Oma ihr klein Häuschen

Titel: Oma ihr klein Häuschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
Vom Netzwerk:
Alles musste erst einmal schieflaufen, bevor es auf die richtige Spur kam.
    Heute bin ich hier nur Gast.
    Ich kann allerdings nicht ausmachen, wessen Party das hier ist.
    Was ich auf den zweiten Blick bedrohlich finde, ist, dass der Rasen gemäht ist. Das kann Cord nicht mit einem Mäher gemacht haben, dafür waren die Halme in unserem Garten viel zu hoch. Nein, das ist das Ergebnis mühsamer Handarbeit mit einer Sense!
    «Wie ist die Lage?», fragt Maria ihren Kollegen. Es ist wieder Herr Petersen, der Ältere mit dem Schnurrbart.
    «Sag du es mir.»
    «Wieso ich?»
    «Es ist
deine
Familie.»
    «Gibt’s eine Anzeige?»
    «Bis jetzt nicht.»
    «Wenn es keine Anzeige gibt, liegt auch nichts vor.»
    Mit Genugtuung vernehme ich, dass Maria ihre Sippe verteidigt. Außerdem steht ihr die Kombination aus Jeans und weißem T-Shirt grandios, das muss ich sagen. Passt perfekt zu ihrer dunklen Haarfarbe und den braunen Augen. Ich schalte meinen BlackBerry ein.
Twitter
war schneller als alle anderen vor Ort, unter «Hausbesetzung Nieblum» finde ich einen aktuellen Eintrag: «Seit Jahren der Ruhe gibt es wieder ein besetztes Haus in Deutschland: auf der Nordseeinsel Föhr, wo seit Jahren die Immobilienpreise steigen und steigen. Viele Einheimische können sich die Mieten und Hauspreise auf ihrer eigenen Insel nicht mehr leisten.» Ich zeige Maria das Display, auf dem ein unscharfes Foto von Cord zu sehen ist, wie er gerade dem Fotografen die linke Faust zeigt.
    Maria schaut mich besorgt an: «Sollen meine Kollegen Cord da rausholen?»
    «Meine Sachen sind auch noch dadrin», ist das Einzige, was mir als Antwort einfällt.
    Als wenn das wichtig wäre.
    Würde mich Cord als Geisel nehmen, wenn ich da jetzt reinginge?
    «Und wenn er sich umbringt?», fragt Maria bange.
    Muss ich mich dafür verantwortlich fühlen? Wieso eigentlich?
    «Ich bin nicht Cords Sohn, sondern sein Neffe und nur zufällig hier. Fragen wir deinen Vater oder Regina.»
    «Du hast doch mitbekommen, wie die drauf sind.»
    Auch wieder wahr.
    «Und nun?»
    Maria tritt nervös von einem Fuß auf den anderen: «Warum macht Cord so was?»
    «Der ist nach dreißig Jahren das erste Mal wieder auf der Insel, da kommt ihm alles hoch. Es ist zu viel für ihn.»
    «Eine akute Psychose, ausgelöst durch die indirekte Konfrontation mit seinem verhassten Vater?»
    Ich schaue Maria verblüfft an: «Kennst du dich damit aus?»
    Sie zuckt mit den Achseln: «Ich habe auch einen Vater.»
    Ich suche den Blick aus ihren großen Augen: «Würdest du wegen Arne Häuser besetzen?»
    Maria verzieht keine Miene: «Es würde ihn weniger ärgern, als wenn ich welche räume.»
    «Ich gehe jetzt da rein», schlage ich vor.
    «Soll ich mitkommen?»
    «Nee, das mache ich besser allein. Immerhin wohne ich hier mit Cord zusammen.»
    «Und ich?»
    «Könntest du den Kameramann verscheuchen?»
    «Gerne. Und übrigens: Die rote Windjacke steht dir nicht.»
    «Danke.»
    Maria haucht mir vollkommen überraschend einen kurzen Kuss auf die Wange und eilt davon. Dann verscheucht sie Fotografen und Kameramann rabiat vom Grundstück, denn auch für die Presse gelten die Paragraphen über Hausfriedensbruch.
    Ich husche zum Haus und klopfe an die verrammelte Tür: «Cord? Ich bin’s, Sönke.»
    Der Kuss wirkt immer noch nach, er glüht geradezu, was im Moment äußerst unpassend ist.
    «Cord?»
    «Lass mich in Ruhe!», kommt es gedämpft von innen.
    «Meine Sachen sind noch bei dir.»
    Die Tür öffnet sich einen Spalt, zwei Bretter werden dabei nach außen gedrückt, und mein schwarzer Hartschalenkoffer erscheint in der Lücke. Im Hintergrund erkenne ich Cords blasses und verheultes Gesicht.
    «Was ist denn los?», frage ich leise.
    «Scheiße ist los», flüstert er mit brüchiger Stimme.
    «Wir sind doch eine Fraktion und wollen das Haus behalten», versuche ich ihn aufzumuntern.
    Ein Versuch.
    «Darum geht es längst nicht mehr.»
    «Sondern?»
    Ich drücke die zwei Bretter weg, sodass ich hineinschlüpfen kann. Drinnen ist es stockfinster, nur durch ein paar Ritzen zwischen den Brettern dringt etwas Licht von außen. Wir setzen uns in die Küche. Auf dem weißen Plastiktisch stehen eine brennende Kerze und eine Flasche Cola, daneben liegt eine Packung mit Schlaftabletten, was mir gar nicht gefällt. Cord trägt nur Unterhemd und Unterhose. Ich habe mal eine T V-Reportage über die Adventszeit imverarmten Norden Russlands gesehen, da sah es ungefähr genauso aus.
     
    Wortlos reicht mir Cord einen

Weitere Kostenlose Bücher