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Oma ihr klein Häuschen

Oma ihr klein Häuschen

Titel: Oma ihr klein Häuschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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plötzlich in Feierstimmung zu sein und lächelt die anderen Passagiere mit entrücktem Blick an. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was gleich im Haus von Johannes ablaufen wird. Tränen, Umarmungen, Zusammenbruch.
    Es macht mir Angst.
    Zum Glück sind wir nicht allein auf dem Achterdeck. Neben uns sitzt eine hohlwangige Frau mit blonden Strähnchen im dunklen Haar, die mit ihrem ungefähr fünfjährigen Sohn schimpft, weil der sich zu weit über die Reling lehnt: «Nu lass dette, aba sofort!» Daraufhin trollt sich der Junge zu seinem Spielzeugkoffer unter der Sitzbank und packt ein paar kleine Autos aus, von denen er eines ins Wasser schleudert, was seine Mutter zum Glück nicht mitbekommt.
    Schön, dass es noch eine Welt außerhalb unseres Familiensumpfes gibt.
    «Na, och aus Berlin?», meldet sich eine andere Frau in hellrotem Kleid und setzt sich zu ihr.
    «Nee, aus Bayern, hört man det nich?»
    Gelächter.
    Die beiden geben sich förmlich die Hand: «Petra aus Kreuzberg.»
    «Janine aus Wedding. Aba arbeeten tu ick in Kreuzberg.»
    «Wo denn?»
    «Ecke Skalitzer, Reichardstraße.»
    «Wie denn? In dem Spajettiladen?»
    «Alimentari italiano.»
    «Und schmecken tut et wie bei ALDI, wa?»
    «Na ja, nich janz. Aber die Kunden sind alle kackschlau, det ist wahr. Und selber?»
    «Ein-Euro-Markt aner Kasse, vergiss es. Meine Kleene hat ne Allergie, deswegen bin ick hier uf Mutter-Kind-Kur. Vonner AOK.»
    «Ick och. Welches Haus?»
    «Sonnenau in Norddorf.»
    «Ick bin Löwenherz. Aber ooch Norddorf.»
    «Vielleicht jibt et ja ma Ausjang fürn Cocktail.»
    «Oder och zwee.» Gekicher.
    «Mein Oller hat sich schon beim Jetränkemarkt einjedeckt, bevor ick weg war, zehn Kästen. Soll er ruhig, der braucht ooch ma ne Auszeit.»
    Jetzt beugt sich Cord zu den beiden Frauen vor und sagt: «Das Wichtigste ist, dass die Familie zusammenhält.»
    Mir läuft es kalt den Rücken herunter: Was treibt ihn dazu, sich da einzumischen? Gott sei Dank ignorieren Petra und Janine aus Berlin ihn einfach.
    «Lust auf nen Red Bull mit Schuss?», zwinkert Petra.
    «Könnte der letzte für Wochen sein», überlegt Janine, «im Heim is det bestimmt verboten.»
    «Ich gebe einen aus!», strahlt Cord.
    Petra wendet sich nun direkt an Cord: «Weißt du, Meister, warum det Mutter-Kind-Kur heißt? Weil wir da ohne Kerle sind. Und det is ooch jut so!»
    Die beiden Frauen stehen auf, nehmen ihre Kinder und gehen. Wenn ich ihn nicht am Arm festgehalten hätte, wäre er wohl hinterhergelaufen.
    «Cord, bitte.»
    «Wieso? Heute ist mein Glückstag!», jubelt er. «Da sollen alle was von haben.»
    Wenigstens bleibt er jetzt sitzen.
    «Weißt du was? Ich habe meinen Stiefvater schon vollkommen von meiner Festplatte gelöscht.»
    Ich vergewissere mich sicherheitshalber: «Du meinst Opa?»
    «Genau.»
    In diesem Zustand werde ich ihn nicht zu Johannes bringen, das geht mit Sicherheit schief. Ich muss ihn unbedingt überreden, auf der Fähre zu bleiben und zurückzufahren.
    Doch Cords Pläne stehen fest: «Ich werde meinen Vater mit zu Oma ins Krankenhaus nehmen, und dann werden sie uns zusammen die Wahrheit erzählen.»
    «Oma braucht Ruhe», erinnere ich ihn.
    Das beeindruckt ihn wenig.
    «Wie ist er denn so?», will Cord wissen.
    «Wer?»
    «Na, mein Vater.»
    «Können wir bitte vorläufig von ‹Johannes› reden?»
    «Wie du willst   … Also wie ist Johannes?»
    «Sympathisch.»
    «Nett, dass du das sagst. Ich bin ja jetzt genau genommen nur noch ein Halb-Onkel für dich.»
    «Vergiss es, du bleibst mein Voll-Onkel.»
    «Stell dir vor, ich bin gar kein echter Friese, sondern halber Rheinländer.»
    Es ist sinnlos, gegen ihn anzureden.
    «Dann kannst du ja schon mal überlegen, was du beim nächsten Karneval tragen willst.»
    «Ich gehe als Tiiiigeeeer!», juchzt Cord.
    Na klar.
    Gut, dass es mir egal ist, wie merkwürdig mich die Leute auf dem Achterdeck angucken, weil ich zu diesem Verrückten gehöre. Die Chance, dass ich einen von denen wiedersehe, ist gering.
     
    Als wir endlich hinter einem Meiereilaster mit silbernem Tank von der Fähre rollen, sehen wir die beiden Berlinerinnen mit ihren Kindern an der Bushaltestelle stehen. Cord möchte sie unbedingt mitnehmen, hupt und winkt, während ich ihm verzweifelt klarzumachen versuche, dass sein Wagen für vier Erwachsene und zwei Kinder zu klein ist. Dass wir überhaupt besser umdrehen sollten, spare ich mir, es würde nicht zu ihm durchdringen.
    Ich kann nur das Schlimmste verhindern,

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