Oma klopft im Kreml an
entschied Miss Baker. «Und Sie werden mich beraten.»
Sie stolzierte an ihm vorbei, durch die Tür, die er für sie offen hielt, und setzte sich auf den härtesten Stuhl, den sie im Zimmer finden konnte.
Stewart Ferguson folgte ihr, amüsiert über die stoische Haltung der alten Dame. Er war ein zu guter Journalist, um mehr als eine Story von einer unbekannten Persönlichkeit, wie Miss Baker es war, zu erwarten, und so war es reine Nächstenliebe, daß er ihr einen Whisky und seine volle Aufmerksamkeit anbot.
Miss Baker lehnte den Whisky ab, wartete aber, bis Stewart sich ein \ Glas eingegossen hatte, bevor sie anfing. Dann gab sie einen sehr kurzen und klaren Bericht über die Gründe, aus denen sie nach Moskau gekommen war, und fragte ihn, welches der drei Probleme sie als erstes anpacken sollte - Schüler zu finden, ihr Visum zu verlängern oder ein Zimmer zu suchen.
«Im Augenblick ist mein Visum nur vorübergehend verlängert», schloß sie. «Aber vielleicht können Sie mir sagen, was ich am besten unternehme, um es auf unbestimmte Zeit verlängern zu lassen.»
«Ich glaube, Sie haben schon ganz schön was erreicht.» Stewart war von tiefer Bewunderung für Miss Baker und ihre Methode, ihr Visum zu verlängern, erfüllt. «Aber Sie müssen sich jetzt mindestens das Bein; brechen, wenn Sie eine neue Verlängerung bekommen wollen.»
«Dann ist das also nicht nur reine Formsache?»
Stewart schüttelte den Kopf.
«Niemand darf ohne Grund und auf unbestimmte Zeit hierbleiben - es sei denn, er ist Kommunist. Alle andern Ausländer müssen einen festen Arbeitsplatz nachweisen, wenn sie die ihnen zugeteilten Kubikmeter Wohnraum behalten wollen.»
«Dann muß ich also erst die beiden andern Probleme lösen. Zumindest können Sie doch nicht leugnen, daß die Leute hier wirklich Englisch lernen wollen. Ich bin bestimmt eine sehr gute Lehrerin.»
«Gewiß. In Ihrer Freizeit könnten Sie sicher eine Menge Rubel damit verdienen, aber für ein Hotelzimmer brauchen Sie einen bessern Grund.»
Miss Baker weigerte sich, mutlos zu werden. Sie saß gerade aufgerichtet und bewegungslos in ihrem Stuhl und machte den Eindruck, als fielen! ihr mehrere bessere Gründe ein.
Schließlich schlug sie vor: «Sie könnten mich als Ihre Assistentin einstellen. Natürlich nur nominell. Sie brauchten mich nicht zu bezahlen.»
«Ich habe das Gefühl, daß die Presseabteilung damit nicht einverstanden wäre. Sie sind hoffentlich nicht beleidigt, wenn ich Sie darauf aufmerksam mache, daß Ihr Alter im Paß steht -»
«Ja», gab Miss Baker traurig zu, «das geht wahrscheinlich nicht. Aber es muß doch einen Weg geben. Es geht doch nur darum, irgendwo den Anfang zu machen. Wenn ich Arbeit hätte, würde ich eine Unterkunft bekommen. Und wenn ich eine Unterkunft hätte, würde ich Arbeit? bekommen. Und wenn ich beides hätte, würde mein Visum verlängert werden. Wenn ich jetzt in England wäre, würde ich einen Brief an die Times schreiben und mich bei meinem Abgeordneten beschweren.»
«Hier gibt’s die Prawda und den Obersten Sowjet», schlug Stewart im Spaß vor.
«Das ist die Idee!» rief Miss Baker begeistert. «Ich entwerfe die Briefe, erkläre die Situation, und Sie übersetzen alles ins Russische.»
«Sie können sie auch in Englisch lassen. Die Chance, daß sie gelesen werden, ist genausogroß.»
«Nun, Sie können mir immerhin sagen, wie ich die Leute anreden muß», sagte Miss Baker. «Können Sie mir Papier geben?»
«Sie meinen, jetzt? In dieser Minute? Ist es Ihnen wirklich ernst damit?»
«Natürlich. Ich finde immer, es ist das beste, sich genau so zu benehmen, als wenn man in England wäre. Das erwarten die Ausländer von uns.»
«Schaden kann es ja wohl nicht», sagte Stewart und holte ein paar Bogen Schreibmaschinenpapier für Miss Bakers Entwürfe.
«Es wird sogar außerordentlich nützen», sagte Miss Baker mit Überzeugung und machte sich ans Werk.
«Sehr geehrte Herren», lautete der Brief, den sie in kurzer Zeit zu ihrer eigenen Zufriedenheit geschrieben hatte und ihm zur Korrektur vorlegte. «Ich möchte für längere Zeit in Ihrem Lande Aufenthalt nehmen, verfüge aber nicht über die finanziellen Mittel, um dies als gewöhnliche Touristin tun zu können. Deshalb habe ich die Absicht, Englischunterricht zu geben, um damit meine Unterkunft zu finanzieren. Leider ist es mir bisher nicht gelungen, die Behörde zu finden, an die ich mich unter diesen Umständen wenden muß, und ich wäre Ihnen dankbar,
Weitere Kostenlose Bücher