Oma klopft im Kreml an
zusätzlichen Ausgaben zugute kämen. Sie fügte etwas vage hinzu, daß sie, wenn es nicht zu viel Umstände mache, in diesem ruhigen und friedlichen Hotel ohne besondere Pflege wieder gesund werden könne.
Ein eilig aus der Polyklinik herbeigerufener Arzt konnte nichts Ernsthaftes finden, gab aber zu, daß in ihrem Alter in dem komplizierten menschlichen System viel passieren könne. Er schlug vor, ihr Visum für eine weitere Woche zu verlängern, in der sie so weit wiederhergestellt sein werde, daß sie reisen könne.
Am Nachmittag war Miss Baker, ohne einen Schritt aus ihrem Hotelzimmer zu tun, im Besitz eines neuen Stempels in ihrem Paß, der, wie man ihr sagte, bedeutete, daß ihr Visum bis zum Ende des Monats verlängert war.
Tief befriedigt von den Ergebnissen dieses Tages, entschloß sie sich, bis zu nächsten Morgen im Hotel zu bleiben, dann plötzlich wieder gesund zu sein und sich um eine dauerhaftere Lösung des Problems ihrer Unterbringung und ihrer Finanzen zu kümmern.
Der fröhliche Optimismus, mit dem Miss Baker stets die ersten Stadien ihrer Abenteuer begrüßte, ließ ihr die gegenwärtige Situation als ausgesprochen angenehm erscheinen. Sie war überzeugt, daß es nicht schwer sein werde, Schüler zu finden, die Englisch lernen wollten; und wenn das Hotel wirklich so überfüllt war, dann würde sich zweifellos leicht ein viel billigeres Privatquartier finden lassen. Man mußte nur genug Zeit und Energie auf die Suche verwenden. Und von beidem hatte Miss Baker nach der Abreise der Delegation genug übrig, da sie sich nicht mehr auf Besichtigungstouren begeben mußte.
Der lange düstere Winter war fortgetaut, und als Miss Baker am nächsten Morgen aus dem Hotel trat, sah sie in ungläubigem Erstaunen die ersten Zeichen des sehr plötzlichen russischen Frühlings.
Die Sonne stand noch nicht sehr hoch, aber ihre Strahlen wärmten das Straßenpflaster, und die Menschen sahen viel fröhlicher aus.
Es war ein Tag voll Sonnenschein und Lächeln - ein Lächeln von dem
Milizsoldaten, der sie an der Hoteltür grüßte, ein Lächeln von dem Lastwagenfahrer, der an der Ecke auf grünes Licht wartete - das breite, fröhliche russische Lächeln, das mit dem Frühling kommt.
In der Überzeugung, daß ihre Mission bald von Erfolg gekrönt sein werde, machte sich Miss Baker frohgemut auf, um ihre Schüler zu suchen.
Aber all ihre geduldigen Bemühungen der ersten beiden Tage erwiesen sich als fruchtlos. Hoffnungsvoll suchte sie das «Haus der Künstler», das «Haus der Schriftsteller» und die Büros von Intourist auf.
Man war höflich, offensichtlich an ihrem Plan, Englisch zu unterrichten, interessiert und ermutigend. Aber wenn sie das Problem ihrer Unterbringung anschnitt, wurde sie ungläubig angestarrt.
«Ah, das ist unmöglich», erklärte der Sekretär im «Haus der Schriftsteller». «In Moskau, wie in allen großen Städten, gibt es nicht eine Zimmerecke, die nicht bewohnt ist. Sie müssen erst eine Unterkunft finden, dann können Sie an die Englischstunden denken.»
Diese Antwort war das Ausführlichste, was Miss Baker bei ihren Versuchen, sich über ihre Pläne zu unterhalten, zu hören bekam.
Die Zahl der Leute in Moskau, die überhaupt nicht verstanden, was sie wollte, war entmutigend groß, und am dritten Tag ihres verlängerten Aufenthalts in Rußland schleppte sie sich nach erneuten, vergeblichen Bemühungen müde in ihr Hotelzimmer.
«Miss Baker, hallo, Miss Baker», rief eine tiefe Stimme hinter ihr, und als sie sich umdrehte, sah sie den großen jungen Mann, der sie bei Jackie Marshs Geburtstagsfeier interviewt hatte.
«Ich dachte, Sie seien schon vor ein paar Tagen abgereist», sagte er in seiner freundlichen, ungezwungenen Art und ging mit ihr zusammen den Korridor entlang.
«Langsam wünschte ich, ich wäre es», seufzte Miss Baker. «Ich komme einfach nicht vorwärts.»
«Worum genau geht es denn?»
«Nur darum, ein paar Studenten zu finden, die Englisch lernen wollen, und um eine Unterkunft außerhalb des Hotels.»
«Nur? » Stewart Ferguson hob ausdrucksvoll seine Augenbrauen, blieb plötzlich stehen und steckte einen Schlüssel in eine Tür. «Na, ich würde da nicht so untertreiben. Wollen Sie sich mal mein Zimmer ansehen? Hier wohne ich immer noch, obwohl ich seit über zwei Jahren versuche, eine (andere Unterkunft) zu finden.»
«Dann ist es wirklich so schwierig, wie alle sagen?»
«Fast unmöglich», versicherte ihr Ferguson mit Nachdruck.
«Nun gerade»,
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