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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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ich muss es wenigstens versuchen.«
    Ein Königreich für eine Wanze in Irenes Handy! Wovon zum Kuckuck redeten die beiden?
    »Und ich will niemanden verletzen. Ich werde mich ganz auf mein Bauchgefühl verlassen. Wenn ich merke, dass ich jemandem wehtun könnte, werde ich mich sofort zurückziehen. Versprochen.«
    Eine Piratenbraut mit Säbel drängte sich vor mein inneres Auge.
    Quatsch. Irgendwie ging es hier um seelische Verletzungen. Aber wessen? Und weswegen? Ich ahnte es. Nein, ich war mir plötzlich verflixt sicher.
    »Oh«, murmelte Irene, jetzt mit ganz weicher Stimme. »Nele ist eine sehr nette junge Frau. Ein ganz wunderbarer Mensch. Und Rüdiger liebt sie.«
    Jetzt wurde mir aber richtig warm ums Herz. Danke, Irene, ich mag dich auch. Und dich sowieso, Rüdiger.
    »Aber ich habe sie noch nicht näher kennengelernt.«
    Das können wir ja ändern. Verdufte mal aus deinem Zimmer, dann treffen wir uns gleich in der Küche zum Frühstück.
    Ein neuerliches Magenknurren unterdrückte ich, indem ich noch eine Portion Staub schluckte.
    »Warte mal, draußen fährt ein Auto vor.«
    Sie stand auf, und ich fühlte mich im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert.
    »Den Mann habe ich noch nie gesehen, und er scheint kein Nachbar zu sein. Die Bauern hier tragen keine maßgeschneiderten Anzüge. Jetzt kommt er aufs Haus zu. Ich melde mich bald wieder. Ciao, Kurt. Und grüß Gaby schön von mir. Wenn ich zurück bin, gehen wir mal wieder zusammen zu Paolino.«
    Gaby? Vielleicht die neue Frau an seiner Seite?
    Die hatten sich ja alle verdammt lieb in Hamburg! Hier bei uns ging eine Ehefrau auch schon mal mit der Heugabel auf eine Nebenbuhlerin los.
    Das Fenster wurde geöffnet. »Guten Morgen«, rief Irene. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Hallo«, erwiderte Paul.
    Paul? Jetzt blieb mir aber wirklich die Luft weg. Gleichzeitig setzte mein Herz zum Renngalopp an.
    Konnte mal bitte jemand die Zeit um eine halbe Stunde zurückdrehen?
    Ich beende gerade mein Gespräch mit Jan, springe geschwind unter die Dusche, ziehe mir ein hübsches Kleid an, lege etwas Lippenstift auf und schwebe mit einem glücklichen Lächeln die Treppe hinunter, direkt in Pauls weit geöffnete Arme. Daneben steht Irene und schaut uns wohlwollend zu.
    Meinetwegen darf Opa sich auch noch in der Ecke herumdrücken und einen vom Pferd erzählen.
    Davon kriegt außer mir sowieso keiner was mit.
    Paul geht auf die Knie und bittet mich, seine Frau zu werden. Ich sage glücklich Ja!!!, Irene weint eine heimliche Freudenträne, und Opa kann sich zufrieden wieder in sein Urnengrab verkrümeln.
    Verstanden?
    Nein?
    War wohl zu viel verlangt.
    »Liebling«, stellte Paul sich vor und erntete vermutlich den gewohnt verblüfften Blick von Leuten, die seinen Nachnamen zum ersten Mal hörten.
    Ich hatte ihm bei der Gelegenheit einen Vogel gezeigt. Tat mir immer noch ein bisschen leid.
    Mein Herz umrundete gerade zum zehnten Mal die Galopprennbahn.
    »Paul Liebling. Ich bin der Anwalt der Familie Lüttjens.«
    »Angenehm, Wedekind«, erwiderte Irene, aber es klang alles andere als angenehm. Ich fand, sie hörte sich geradezu ängstlich an.
    »Habe ich etwas angestellt?« Ihre Stimme zitterte sogar. Interessant, bloß so verflixt rätselhaft.
    »Nicht dass ich wüsste«, sagte Paul mit seiner Anwaltsstimme, und ich wusste genau, wie er in dieser Sekunde guckte. Kein Stück kuschelig, sondern richtig streng. Das konnte er gut.
    Irene trat von einem Fuß auf den anderen. Mehr konnte ich von ihr nicht sehen.
    »Ich mache hier ein paar Tage Urlaub. Zusammen mit meinem Hund. Der ist im Stall.«
    Paul hob die Augenbrauen.
    Ich sah es vor mir.
    »Ihr Hund ist im Stall?«
    Irene stieß ein verlegenes Hüsteln aus. »Nun, das ist eine lange Geschichte. Mein Rüdiger ist ziemlich groß, müssen Sie wissen, und …«
    Pauls Tonfall wurde jetzt ganz ruhig. »Vielleicht sollte ich lieber direkt mit Ihrem Mann sprechen?«
    Hätte auch einen prima Psychiater abgegeben, mein Liebling.
    »Wenn Sie möchten. Aber Kurt ist in Hamburg.«
    »Verstehe«, erwiderte Paul, immer noch die Ruhe selbst. »Und Rüdiger ist …«
    »Mein Hund.«
    »Aha.«
    Pause. Dann, wieder Paul: »Ist niemand von der Familie Lüttjens zu Hause? Ich wollte Nele sehen, aber sonst auch gern jemand anderen.«
    Dem gingen jetzt aber auch mächtige Gewaltfantasien durch den Kopf! Gut so, Paul! Rette mich! Ach nee, lieber doch nicht. Komm wieder, wenn ich abgestaubt und geduscht bin.
    »Bedaure, Nele schläft noch, und die

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