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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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gesehen.« Oh, oh.
    Irene starrte mich an. »Du willst mich beruhigen, Nele, aber ich glaube kaum, dass du in letzter Zeit unter meinem Bett warst.«
    »Ähm … nee, klar.«
    Während ich noch überlegte, woher so ein Vieh stammen konnte, kamen Grete und Marie aus dem Haus, die eine schneller, die andere langsamer.
    »Was ist hier los?«, verlangte Grete zu wissen, wirkte aber nicht ganz so zornig, wie ich erwartet hätte.
    Vom Küpperhof her näherte sich Karl. Er trug eine kleine braune Ratte auf dem Arm.
    Irene sah ihn auch. Schon griff sie nach hinten.
    »Da ist ja das Miststück!«
    »He, Sie! Unterstehen Sie sich, meine Ursula zu erschießen!«
    Ursula?
    Hatte Karl nicht mal eine Freundin dieses Namens gehabt? Genau. Seine allererste Liebe. Vor mir.
    Mann! Da konnte ich ja richtig froh sein, dass es vor meiner Zeit schon ein Mädchen gegeben hatte. Sonst würde eine Ratte jetzt meinen Namen tragen. Und was war das eigentlich für eine neue Mode, seltsame Tiere nach der ersten Flamme zu benennen?
    Bescheuert!
    »Ursula?«, fragten Irene, Grete, Marie und Jan im Chor.
    Rüdiger knurrte dazu.
    »Ja, die ist mir vorhin entwischt, und ich habe sie schon überall gesucht.«
    »Die war unter meinem Bett«, erklärte Irene.
    »Ach ja? Und wie ist sie dahin gekommen? Jemand muss sie bei euch reingelassen haben.«
    Grete beschäftigte sich plötzlich eingehend mit ihren Schuhspitzen.
    »Seit wann besitzt du eine Ratte?«, erkundigte ich mich bei Karl.
    »Och, schon eine ganze Weile. Sie ist sehr zutraulich.«
    Ich fand, es war an der Zeit, dass mein Exfreund wieder eine Frau ins Haus bekam. Musste mal ein Wörtchen mit Anke sprechen. Auf Opas Beerdigung hatte Karl mal ziemlich lange seinen Arm auf Ankes Stuhllehne liegen lassen. Vielleicht ging da ja was.
    »Ich bin übrigens Karl Küpper«, sagte er zu Irene.
    Sie legte erneut die Waffe weg und stellte sich vor.
    Karl musterte sie ausgiebig.
    Dann mich. »Habt ihr miteinander gekämpft?«
    »Nee, die Beulen sind reiner Zufall.«
    »Ach so.«
    Jan und Rüdiger hatten derweil feuchte Freundschaft fürs Leben geschlossen. Ich machte ihn mit Irene bekannt und signalisierte ihm, sich zurückzuhalten. Tat er aber nicht.
    »Sind Sie mit einer bestimmten Absicht zu uns auf den Hof gekommen?«
    Irene starrte ihn an. Grete und Marie starrten ihn an. Karl starrte zu mir, ich zu Irene. So starrten wir eine Weile in den Gesichtern herum, bis kurz nacheinander Mama und Papa auf den Hof gefahren kamen. Als hätten sie sich abgesprochen.
    Hatten sie auch.
    »Wir haben uns noch in Lüneburg getroffen«, erklärte Mama und richtete einen starren Blick auf Irene. Papa machte gleich mit.
    Mama räusperte sich. »Ich habe in Hamburg ein paar Nachforschungen über dich angestellt.«
    »So?«, sagte Irene mit kleiner Stimme.
    »Ja. Und jetzt möchte ich gern wissen, was du von meiner Tochter willst.«
    »Von unserer Tochter«, ergänzte Papa.
    »Von meiner Schwester«, fügte Jan hinzu, der in Windeseile geschaltet hatte. Viel schneller als ich jedenfalls.
    Grete und Marie nickten in seltener Einigkeit.
    Karl verkrümelte sich zusammen mit Ursula. Wahrscheinlich war er zum hundertsten Mal froh, dass er nicht in diese Sippe eingeheiratet hatte.
    Der Glückliche! Konnte einfach verschwinden. Ich nicht. Mein Herz raste los, und das hatte ausnahmsweise mal nichts mit Paul zu tun.
    Irene.
    Nele.
    Mein Verdacht, der anfangs nur ein verrückter Gedanke gewesen war, wurde mit einem Schlag zur Gewissheit.
    »Das mit dem Zigeunerkind war wohl nichts«, murmelte ich.
    »Zigeuner?«, echote Jan.
    »Egal.«
    Rüdiger kam zu mir. Du gehörst jetzt zur Familie, sagten seine Kalbsaugen. Tja, wenigstens etwas Gutes.
    Ich schaute mir Irene noch einmal sehr gründlich an. »Wir sehen uns überhaupt nicht ähnlich.«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Dann komme ich nach meinem Vater?«
    Leichtes Nicken.
    »Nach Rüdiger?« Der musste dann aber ein spezieller Niedersachse gewesen sein. Klein, mit dunklen Haaren und Augen.
    Sie riss die Augen auf. »Was? Nein, der hatte nichts damit zu tun.«
    Ein bisschen beruhigte mich diese Neuigkeit. Ich stellte mir vor, wie ich einigen Leuten hätte erklären müssen, wieso der Riesenhund wie mein Vater hieß. Würde meinen Ruf in Nordergellersen nicht unbedingt verbessern.
    Der Tag wurde plötzlich dunkler, aber vielleicht weigerte sich auch mein Bewusstsein, noch länger zu funktionieren.
    Papa war mit einem Satz bei mir und packte mich unter den Achseln.
    »Wir sollten

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