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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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sich ein ruhiges Leben mit einer normalen jungen Frau an seiner Seite.
    Tja, das konnte ich ihm definitiv nicht bieten.
    Irgendwann fiel ich dann doch in einen zum Glück traumlosen Schlaf.
    Ich wurde von einem langen innigen Kuss geweckt.
    »Rüdiger«, murmelte ich. »Lass dich bloß nicht von Grete erwischen. Wie bist du überhaupt reingekommen? Ist unten irgendwo ein Fenster offen?«
    »Nun, ich habe einen Schlüssel«, kam die Antwort vor dem nächsten Kuss.
    Upps!
    Das war nicht Rüdiger. Hätte ich auch gleich drauf kommen können. Der Kuss war kein Stück schlabberig.
    »Paul!« Ich wollte mich aufsetzen, aber er drückte mich sanft ins Kissen zurück.
    »Hast du was über Irene rausgefunden?«, fragte ich, obwohl mich die Antwort in diesem speziellen Moment nicht sonderlich interessierte.
    »Nein«, erwiderte er und knabberte an meinem linken Ohrläppchen. Er wusste genau, wie er mich gefügig machen konnte. »Und deshalb bin ich auch nicht hier. Verzeih mir, Nele, ich war heute kühl zu dir.«
    »Wie ein Eisschrank.«
    Jetzt fühlte er sich mehr wie ein Ofen an. Ging mir ähnlich. Das rechte Ohrläppchen war an der Reihe. Ich stöhnte.
    Paul schlüpfte zu mir unter die Decke. Ich atmete mich satt an seinem Duft, ertastete den Körper, den ich so gut kannte, und sorgte dafür, dass nun Paul aufstöhnte.
    Der Morgen graute schon, als wir erschöpft einschliefen, und als ich wieder erwachte, war Paul fort.
    Fast hätte ich gedacht, es sei nur ein Traum gewesen, aber sein Duft lag noch auf meinem Kissen, und so schlummerte ich glücklich noch einmal ein und träumte von unserer glücklichen Zukunft, die jetzt echt nur noch eine Frage der Zeit war.
    In den folgenden Tagen wurde wenig geredet auf dem Hof. Das Lüttjens-Schweigen breitete sich wie eine Epidemie aus und erfasste sogar Irene.
    Und Paul meldete sich mal wieder nicht. Er tat gerade so, als hätte es unsere zärtliche Versöhnung mitten in der Nacht nicht gegeben. So langsam hatte ich wirklich genug von seinem Betragen.
    Mal hü, mal hott, hätte Grete gesagt, wenn ich sie um Rat gefragt hätte. Tat ich aber sowieso nicht.
    Jeden Abend nahm ich mir fest vor, am nächsten Tag nach Lüneburg zu fahren, um ihn zur Rede zu stellen. Jeden Morgen überlegte ich es mir anders.
    Eine Art Lähmung hatte mich erfasst, die jedes Handeln unmöglich machte. Irene suchte ein paar Mal das Gespräch mit mir, aber wir waren beide wie blockiert. Sissi rief an, und ich verschwieg ihr die neuesten Ereignisse. War sonst nicht meine Art. Wir waren beste Freundinnen und wussten alles voneinander.
    Zum Glück schritt gegen Ende der Woche mein Bruder energisch zur Tat.
    »Jetzt ist man gut, Nele«, erklärte er am Samstagmorgen in meinem Zimmer. Er hatte mich wachgerüttelt und hielt mir jetzt eine Flasche Prosecco unter die Nase. Berlucchi.
    Mir egal. Ich vergrub meinen Kopf tief im Kissen.
    »Los, komm hoch!«
    »Grmpf.«
    Jan zog mir die Decke weg.
    Ich richtete mich auf. »He!«
    Schon hatte ich ein Glas mit sprudelnder Flüssigkeit in der Hand.
    »Runter damit, und dann machen wir uns an die Traumabewältigung.«
    »Keine Lust.« Aber ich trank folgsam. Hmmm, das tat gut. Meine Nerven führten einen kleinen Freudentanz auf. Oh ja, dachte ich, endlich über alles reden. Mit Jan. Dem einzigen Menschen, dem ich noch vertraute. Vielleicht konnte er verstehen, wie seltsam es sich anfühlte, plötzlich zwei Mütter zu haben. Mir fiel ein, dass es Papa genauso ging wie mir. Aber er kannte seine beiden Mütter immerhin schon sein Leben lang. Nein, mein Schock war definitiv größer.
    »Ich werde Paul verlassen.«
    Nanu? Das war nicht unbedingt das, was ich hatte sagen wollen.
    Jan sperrte den Mund weit auf und schenkte uns nach.
    »Hau rein«, ermunterte er mich. »Ich habe noch eine Flasche dabei.«
    War vermutlich die einzig intelligente Antwortmöglichkeit. Nach dem zweiten Glas beschloss ich, vernünftig zu werden.
    »Er liebt mich nicht.« Ich heulte los.
    »Mensch, Kröte.« Jan nahm mich fest in die Arme, ließ mich seinen Missoni-Pulli pitschnass weinen und klopfte mir ausgiebig auf den Rücken. »Und ich dachte, wir reden über Irene.«
    Ich auch.
    »Er meldet sich überhaupt nicht mehr. Bestimmt hat er längst herausgefunden, dass Irene meine leibliche Mutter ist. Und jetzt will er mit dem ganzen Chaos nichts mehr zu tun haben. Paul ist doch so ein anständiger Mann. Ich kann ihn sogar verstehen. Ich glaube, ich würde jemanden wie mich auch nicht mehr mögen.«
    Jan

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