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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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aus.
    »Aber er wollte das noch schreiben.«
    »Ach ja? Seit wann stehst du in telepathischer Verbindung mit meinem Freund?«
    Jan grinste schief. Dann kam er aufs Wesentliche zu sprechen. »Hast du irgendeine Ahnung, was das sein könnte? Dieses dringende Problem, das keinen Aufschub duldet?«
    »Nee, nicht die Spur.«
    »Und warum er wohl mir schreibt und nicht dir?«
    »Weil er ein Feigling ist.« Weitere Beschreibungen meines Freundes behielt ich für mich.
    »Ich lasse mal meine Lüneburger Verbindungen spielen. Vielleicht finde ich was heraus.«
    »Aber ich weiß gar nicht, ob ich das so genau wissen will.«
    Jan schloss mich in seine Arme.
    »Wir machen es so, Kröte. Ich erkundige mich, und dann sage ich dir, ob es schlimm, sehr schlimm oder halb so wild ist. Und du kannst entscheiden, ob du es erfahren willst.«
    »Okay«, erwiderte ich. Konnte ja nicht wissen, dass Pauls Problem schlimmer als schlimm war und dass es noch ziemlich lange dauern sollte, bis ich Gewissheit hatte.
    Vorerst wurde die Geschichte nur noch geheimnisvoller.
    Den Rest des Tages verbrachte ich grübelnd auf meinem Zimmer.
    Jan ließ mich in Ruhe. Ich war ihm dankbar dafür. Grete rief mich zum Essen. Kein Hunger. Marie fragte, ob ich etwas brauchte. Nichts. Papa steckte einmal den Kopf zur Tür herein und ging dann wieder. Irene schlug einen Spaziergang vor. Bloß nicht.
    Einzig Sissi nervte. Zehnmal klingelte mein Blackberry durchdringend. Immer war sie es. Ich ging nicht ran. Erst beim elften Mal.
    »Na endlich! Wieso gehst du stundenlang nicht ran?«
    »Ich ruhe mich aus.«
    »Wovon?«
    Vom Familienchaos. Vom Ende einer großen Liebe.
    »Nur so.«
    »Bei euch muss ja ganz schön was los sein, wenn Paul mich hier in München um Hilfe bittet.«
    »Hier ist einiges los, Sissi, und irgendwann erzähle ich dir davon.« Es dauerte einen Moment, bis der zweite Teil ihres Satzes bei mir ankam.
    »Was?«
    »Tja, ich habe auch gestaunt. Der ist gestern hier im Kiefers aufgetaucht.«
    Fiese Eifersucht fraß sich durch meine Eingeweide. »Was zum Teufel wollte er von d ir ?«
    »Komm wieder runter, Nele. Nicht das, was du denkst.«
    Schweiß brach auf meiner Stirn aus. Vor Erleichterung.
    »Aber was dann? Was macht er überhaupt in München? Hier ist er einfach nur spurlos verschwunden und …«
    »Wenn du mich mal reden lassen würdest, könnte ich es dir ja erzählen.«
    »Schieß los.«
    Leider kam Sissi nicht gleich zur Sache; war nicht so ihre Art. »Du weißt vielleicht noch, dass ich auf der Beerdigung von deinem Opa lange mit ihm gequatscht habe.«
    Nee, wusste ich nicht mehr. Mir war nur aufgefallen, wie Pamela und Anke ihn angehimmelt hatten.
    »Na, jedenfalls muss ich bei der Gelegenheit wohl Bonifaz erwähnt haben.«
    »Bonifaz? Dein Exfreund?« Was hatte der damit zu tun?
    »Bonifaz ist mein Ex-Exfreund«, korrigierte Sissi. »Mein Exfreund ist George aus Chicago. Aber das weißt du doch.«
    »Klar, sorry.« Bei Sissis abwechslungsreichem Liebesleben konnte sogar die allerbeste Freundin mal durcheinanderkommen.
    Ich fing an, mit meinem Blackberry am Ohr im Zimmer auf und ab zu gehen. Dabei sagte ich keinen Ton, damit Sissi sich bloß nicht unterbrochen fühlen und dann womöglich stundenlang über ihre verflossenen Männer herziehen würde. Da fand sie selten ein Ende.
    Jan kam nach kurzem Anklopfen herein. Ich winkte ihn mit der freien Hand näher und stellte auf Lautsprecher.
    »Ist es okay, wenn Jan mithört?«
    »Klar doch!«, rief Sissi und schickte einen Kuss durchs Handy. Die beiden liebten sich wie Bruder und Schwester.
    »Paul ist in München«, informierte ich Jan. »Und er hat Sissi um Hilfe gebeten.«
    Mein Bruder war so klug zu schweigen.
    »Tja, also, ihr werdet es nicht glauben«, fuhr Sissi endlich fort. »Paul hat mich gefragt, ob ich mit Bonifaz noch befreundet bin und mich dann um seine Nummer gebeten.«
    Jan riss die Augen auf. Ich auch. In diesem Moment sahen wir uns so ähnlich, wie sich ein Wikinger und eine Südländerin nur ähnlich sehen konnten.
    »Warum das denn?«, fragte ich.
    »Wollte ich auch von ihm wissen.«
    »Sissi! Komm zur Sache!«
    »Okay, okay. Bonifaz arbeitet bei der Stadtverwaltung.«
    Auf einmal kam mir ein schrecklicher Verdacht. In München war Opa Hermann eingeäschert worden, und ich hatte die Urne unrechtmäßig an mich genommen. Sollte es jetzt doch noch ein rechtliches Nachspiel geben? Obwohl Paul mir versichert hatte, dass alles geregelt war? Und war mein Liebling extra nach

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