Omega Kommando
Warenhauses auf einen uralten Chevy kletterte, und sein Tonband unablässig verkündete: »Erledigen Sie Ihre Einkäufe! Nur noch sieben Tage bis Weihnachten!«
10
»Ladies and Gentlemen, wir werden in wenigen Minuten in Billings landen. Wir bitten Sie, das Rauchen einzustellen …«
Für Sandy Lister, die der Spur des geheimnisvollen Randall Krayman folgte, begann der Freitagvormittag mit einer Reise nach Billings im Bundesstaat Montana, um Alex ›Spud‹ Hollins zu interviewen. Hollins war für eine kurze Weile ganz oben in der Geschäftswelt gewesen, nachdem seine Firma einen neuen, hochintegrierten Mikrochip entwickelt hatte, der alle ähnlichen Produkte der Konkurrenz praktisch als veraltet abgetan hatte. Der Chip vereinfachte das elektronische Innenleben von Telekommunikationsmitteln beträchtlich. Sandy gab gar nicht erst vor, zu wissen, womit genau sie es hier zu tun hatte. Sie interessierte viel mehr die Tatsache, daß es Hollins' Firma gewesen war, die Krayman zuerst in den Konkurs gestürzt und dann aufgekauft hatte, nachdem die Entwicklung des berühmten Krayman-Chips der COM-U-TECH Hollins' Konkurrenzobjekt überflüssig gemacht hatte. Hollins war jedoch keineswegs kampflos untergegangen. Seine Schlachten mit Randall Krayman ergaben für endlose Wochen die Schlagzeilen des Wall Street Journal – Schlachten, die von vornherein verloren waren, da der Krayman-Chip zu einem Drittel der Kosten seiner eigenen Version hergestellt werden konnte.
Dennoch bestand kein Anlaß, über Spud Hollins' Schicksal Tränen zu vergießen. Er war zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung schon ein wohlhabender Mann gewesen, und nachdem Krayman seine Firma für mehrere Millionen Dollar aufgekauft hatte, hatte er endlich seinen Traum angehen können, auf einer riesigen Ranch in Montana Pferde zu züchten. Diesen Traum hatte er nun verwirklicht, und es überraschte Sandy ein wenig, daß er nach so vielen Jahren, während denen er kaum mehr am öffentlichen Leben teilgenommen hatte, einem Interview über ein so heikles Thema wie die Krayman Industries zugestimmt hatte. Vielleicht lag es daran, dachte sie, daß Krayman ihm nicht noch mehr schaden konnte, als er es schon getan hatte. Vielleicht wurde Hollins auch von einem Rachedrang getrieben; in diesem Fall würde Sandy seine Worte sorgfältig überprüfen müssen.
Sie hoffte, daß Hollins sowohl Licht auf die Krayman Industries wie auch auf den Menschen Krayman werfen konnte. Als sie in Billings eintraf, war sie so nervös wie schon seit Jahren nicht mehr. Die Ereignisse in New York hatten sie darüber nachdenken lassen, was wirklich im Krayman Tower vor sich ging. Sie hätte Shay natürlich über die neuen Entwicklungen informieren müssen, hatte sich jedoch standhaft geweigert, weil er ihr die Story abgenommen hätte. Randall Krayman gehörte ihr, und damit auch die Krayman Industries. Sie war des Personality-Journalismus niemals überdrüssig geworden, doch hier hatte sie eine Story, die sowohl ihren Verstand wie auch ihr Gefühl ansprach. Die Veränderung war erfrischend, die Herausforderung willkommen. Sie kam sich vor, als würde sie noch einmal die frühen Jahre ihrer Laufbahn durchleben, in denen sie um jedes Interview mit Händen und Füßen hatte kämpfen müssen. Sie hatte weniger Erfolgserlebnisse gehabt, doch eine größere Befriedigung empfunden.
Sandy stieg die Gangway in die kühle Luft von Billings hinab, und ihre Haut schien dabei zu gefrieren. Sie hatte vergessen, Handschuhe überzuziehen, und ihre Finger waren schon klamm, als sie sie hob, um ihr Gesicht abzuschirmen. Seit ihrer Geburt vor dreiunddreißig Jahren war sie mit den Wintern der Ostküste vertraut, doch keiner davon hatte sie auf solche Temperaturen unter null Grad vorbereitet. Sie schob die Handtasche unter den Arm und steckte die Hände in die Jackentasche.
Bei der Gepäckausgabe baten mehrere Passagiere sie um ein Autogramm, doch die meisten hielten sich zurück. Sie wollte den Koffer gerade vom Band heben, als sich eine große Hand neben der ihren senkte und um den Griff schloß.
»Den trag' ich für Sie, Miß Lister«, sagte eine Stimme gedehnt.
»Wie bitte?«
»Mr. Hollins hat mich hergeschickt, um Sie abzuhol'n, Ma'am. Wollte Sie nicht erschrecken.«
»Das haben Sie auch nicht. Ich habe nur nicht erwartet, abgeholt zu werden.«
Der Mann, der groß und breit war, Mitte Fünfzig, mit einem wettergegerbten Gesicht, nahm mit einer schnellen Bewegung den Stetson ab. »Ja, nun, letzte
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