Omega Kommando
»Wells?«
Wells' noch bewegliche Augenbraue hob sich. »Überlassen Sie das mir.«
»Ich habe Ihnen schon die Ausmerzung der Sicherheitslecks überlassen, und in dieser Hinsicht hat sich nicht viel getan.«
»Meine Leute kreisen im Augenblick die Quelle ein. Ein Durchbruch steht unmittelbar bevor.«
»Sorgen Sie lieber dafür. Mit je weniger Komplikationen wir es in den kommenden Tagen zu tun haben, desto besser.«
»Dann gehe ich davon aus, daß der Befehl, Sandy Lister nicht zu töten, weiterhin Bestand hat?«
Dolorman nickte. »Wir tun besser daran, sie auf eine Fährte zu setzen, die nur ins Nichts führen kann.« Er drehte sich vorsichtig zu Verasco um. »Sahhan bereitet mir mehr Kopfzerbrechen. Hat diese unangenehme Sache auf dem Empfang ihn entmutigt?«
»Wenn überhaupt«, entgegnete Verasco, »dann ist er motivierter denn je. Unsere Leute in seiner Umgebung melden, daß er sich in einen Rausch hineinsteigert. Er kann nachts kaum schlafen. Anscheinend kann der Heilige Abend gar nicht schnell genug für ihn kommen.«
»Oder für uns«, fügte Dolorman hinzu.
16
McCracken traf am späten Samstagabend in Paris ein und setzte sofort alle Hebel in Bewegung, um ein Treffen mit dem berühmtesten Waffenhändler der Welt, François Deveraux, zu arrangieren. Deveraux beanspruchte den Ruhm für sich, der einzige Waffenhändler zu sein, den eine große amerikanische Nachrichtensendung nicht dem Stereotyp entsprechend dargestellt hatte als einen Mann mit Sonnenbrille, der aus einem Lagerhaus gestohlene Gewehre verkauft. In der Tat waren die meisten geschäftlichen Transaktionen Deveraux' sowohl respektabel wie auch völlig legal. Die überwältigende Mehrheit seiner Geschäfte schloß er mit legitimen militärischen oder paramilitärischen Gruppen ab, die amerikanische oder russische Waffen kaufen, jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht direkt mit den Herstellern verhandeln wollten. Seine Waren stammten oft aus Überschüssen und häufig aus zweiter Hand. Deveraux machte aus seinem Beruf kein Geheimnis und wählte sich seine Kunden mit soviel Vorsicht und Diskretion aus, wie er es sich leisten konnte.
Blaine kannte den Waffenhändler ziemlich gut, hatte ihm vor etwa zehn Jahren sogar einmal das Leben gerettet, als eine Gruppe fanatischer arabischer Terroristen es Deveraux übelnahmen, daß er sich aus einem Geschäft mit ihnen zurückgezogen hatte. Blaine war eingesprungen und hatte sich persönlich um das Mordkommando gekümmert. Dessen Auslöschung beanspruchten schließlich die Israelis für sich.
Also war Deveraux ihm einen Gefallen schuldig, und das müßte seine Aufgabe wesentlich vereinfachen, obwohl Blaine nicht begeistert war, nach Paris zurückzukehren. Hier hatte er die bei weitem schlimmsten Jahre seiner Karriere verbracht, als sich die Verbitterung in ihm angehäuft hatte, bis sie schließlich vor kaum einer Woche auf dem Flughafen übergekocht war. Schon der Geruch des Flughafens Orly brachte die ganze Bitterkeit dieser Jahre zurück, die ganze Wut über die Tatsache, daß seine eigenen Leute ihn eingesargt hatten.
Blaine mietete sich in einem Hotel ein, erledigte ein paar Telefonate und wartete dann in der Dunkelheit, mit dem Schlaf liebäugelnd. Es wurde Morgen, bevor er erfuhr, daß sich François Deveraux nicht nur in Paris aufhielt, sondern auch an diesem Abend eine Galavorstellung der berühmten Pariser Oper besuchen würde. Deveraux würde in seiner Privatloge sitzen, und Blaine würde ihn den ersten Akt genießen lassen, bevor er seinen Auftritt machte. Er konnte wirklich von Glück sprechen, denn wenn Deveraux verreist oder anderweitig indisponiert gewesen wäre, hätte er kostbare Zeit mit der Suche nach ihm verloren.
Die Oper als Treffpunkt bereitete McCracken nur ein Problem – es war strikte Abendgarderobe erforderlich, zumindest, wenn er sich unauffällig in Deveraux' Kreisen bewegen und nicht sofort auffallen wollte. Blaine rief bei der Hotelconcierge an, die einen Schneider zu ihm hinaufschickte, der seine Maße nahm. Bis sechs Uhr an diesem Abend würde man ihm einen geliehenen Smoking in der richtigen Größe zur Tür bringen, keine geringe Leistung an einem Sonntag.
Der schlimmste Aspekt des Lebens im aktiven Außeneinsatz war das Warten. Und das schlimmste am Warten war, daß man Zeit zum Nachdenken bekam. Blaines Gedanken kreisten, während er sich den Tag über in seinem Hotelzimmer aufhielt, ausschließlich um Luther Krell. Er hätte ihn töten sollen.
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