Omega
zurück. »Die Akademie wird sie vermissen.«
»Ja, das werden wir.«
»Bedauerlich, dass…« Mitten im Satz brach er ab und zuckte mit den Schultern, und sie wusste genau, was er andeuten wollte. Virgil dankte ab, weil sie nach einer ganzen Reihe größerer Fehlschläge unter Druck geraten war. Drei Menschen waren gestorben, als die Yves Vignon voreinem Jahr mit der Wayout Station kollidiert war. Das Unglück wurde auf mangelnde Wartung der technischen Anlagen zurückgeführt und schließlich einem nachlässigen Inspektor angelastet, aber ein Teil der Schuld blieb an der Einsatzleiterin der Akademie hängen. Und dann, nur ein paar Monate später, hatte ein Fehler im Flugplan dazu geführt, dass die Berkeley-Mission auf Clendennon III gestrandet war. Sylvia konnte nichts dafür, trotzdem musste sie die Schläge einstecken, genauso wie vor sechs Jahren, als die Renaissance Station durch einen gewaltigen Feuerstoß zerstört worden war. Renaissance war aus politischen Gründen und gegen ihre Einwände in Betrieb gehalten worden. Aber all das hatte nichts geändert. »Ich hätte die Dinge selbst im Auge behalten müssen«, hatte Asquith einigen Wissenschaftlern der Akademie erzählt. »Sylvia hat versucht, alles wieder ins Reine zu bringen. Es war nicht ihre Schuld. Pech.«
Um der Wahrheit Genüge zu tun, Hutch hatte keine allzu hohe Meinung von Sylvia gehabt, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass man sie einfach in der Luft hatte hängen lassen. Und das Hutch nun selbst für den Kerl arbeitete, der beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten verschwinden würde.
»Hutch«, sagte dieser nun. »Ich weiß, Sie haben viel zu tun, also will ich Ihnen nicht die Zeit stehlen.«
»Schon in Ordnung, Michael. Was kann ich für Sie tun?«
Er öffnete eine Schublade und brachte einen cremefarbenen Aktendeckel zum Vorschein, den er aufgeschlagen auf dem Schreibtisch platzierte. Hutch konnte nicht erkennen, was er enthielt. »Sie haben in den vergangenen Jahren hier gute Arbeit geleistet.« Er nahm ein Dokument aus dem Ordner und betrachtete es mit verklärtem Blick. Es raschelte leise in seinen Händen. »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er und reichte ihr das Dokument.
Sie sah es an. Sah das Wappen der Akademie. Und ihren Namen. Priscilla Maurern Hutchins. Befördert auf Stufe fünfzehn. Direktorin der Einsatzleitung. Rechtskräftig ab Dienstag, den 4. März 2234.
In acht Tagen.
Über den Schreibtisch hinweg streckte er ihr die Hand entgegen und strahlte sie an. »Ich wünsche Ihnen eine lange und erfolgreiche Karriere, Priscilla.«
»Danke.« Das fühlte sich gut an.
»Anfang nächster Woche wird die formelle Ernennung stattfinden. Aber ich wollte, dass Sie es schon jetzt erfahren.« Er nahm ihr das Dokument wieder ab und legte es zurück in die Schublade. »Das werden Sie dann auch erhalten.«
»Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen, Michael.« Obwohl es eine Auswahlkommission gegeben hatte, wusste sie, dass Sie die Stelle ohne Zustimmung des Akademieleiters nicht bekommen hätte.
Er öffnete eine Flasche. »Ein wunderbarer Jahrgang«, sagte er. Dann, während er das Etikett las: »2190.«
Teuer genug, um die Hypothekenzinsen für einen Monat zu begleichen.
Er brachte einen Offner zum Vorschein, mühte sich mit dem Korken ab und füllte zwei Gläser. Hutch war versucht, ihn zu umarmen, aber der formelle Rahmen dieses Zusammentreffens überwog ihren Impuls bei weitem. »Auf Sie, Hutch«, sagte er. »Nie loslassen.«
Das war ein Echo des inzwischen gefeierten Kommentars von Randall Nightingale, der sie blutend und mit gebrochenen Händen aus den Wolken über Deepsix gezogen hatte. Ich hätte Sie nie fallen gelassen, Hutch. Inzwischen hatte sich seine Aussage zu einer Art informeller Losung innerhalb der Akademie entwickelt.
Ihre Blicke trafen sich über den Rand der Gläser hinweg. Dann war der Augenblick vorüber, und es war Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen. Asquith reichte ihr eine Disk und einige Dokumente. »Die werden Sie sich ansehen wollen«, sagte er. »Verwaltungsangelegenheiten, Stellenbeschreibungen, Personalbeurteilungen und so weiter. Und da sind auch noch ein paar betriebliche Probleme, um die Sie sich kümmern müssen.«
Hutch war kein Connaisseur, aber sie konnte einen guten Wein erkennen. Er hielt die Flasche hoch. Wollte sie mehr?
Ja! Aber sie war zu gut erzogen, um dem Mann seinen kostbaren Vorrat wegzutrinken, also ging sie einen Kompromiss ein und ließ sich das Glas nur halb voll
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