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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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einen Anteil an den Ländereien, die im Besitz der sizilianischen Aristokraten waren. Die endgültige Antwort auf ihre Forderungen hatten am Ende stets die Flinten der Mafia gegeben.
    Die Debatte um das Land musste auch nach dem Krieg über kurz oder lang wieder aufflammen, und als es so weit war, verwandelten Großgrundbesitzer und Mafiosi den Terror in ein politisches Werkzeug. Mit Pistolen, Maschinengewehren und Handgranaten zog die Mafia gegen militante Bauern zu Felde und schüchterte deren Anhänger ein, bis sie die Waffen streckten. Die Schreckensliste ermordeter Gewerkschafter und linker Aktivisten begann im Sommer 1944 und war zehn Jahre später noch immer nicht abgeschlossen. Im Herbst 1946 zum Beispiel, in Belmonte Mezzagno bei Palermo, schlossen die Bauern sich zu einer Kooperative zusammen, um die Verwaltung eines nahegelegenen Gutes zu übernehmen. Am 2 . November erschien eine aus 13  Männern bestehende Todesschwadron auf einem Feld, auf dem viele Mitglieder der Kooperative ihre Arbeit verrichteten. Die Brüder Giovanni, Vincenzo und Giuseppe Santangelo wurden beiseitegeführt und nacheinander mit einem einzigen Schuss in den Nacken hingerichtet.
    Sowohl die reichen Landeigentümer als auch die Mafia befürchteten, dass eine neue demokratische Regierung in Italien gezwungen wäre, an die Kommunisten und somit auch an die linke Bauernbewegung in Sizilien Zugeständnisse zu machen. Aus diesem Grund unterstützten sie bereits von 1943 an eine Bewegung, deren Ziel es war, die Insel vom übrigen Italien zu trennen. In mehreren Versammlungen, die über die folgenden Jahre hinweg stattfanden, plante man Siziliens Weg in die Unabhängigkeit. Die Abkömmlinge einiger der ältesten Adelsfamilien Siziliens begrüßten die mächtigsten Gangster der Insel in ihren luxuriösen Landvillen. Bei einer dieser Zusammenkünfte im September 1945 erwirkten die Bosse, dass in die Armee der Separatisten einige Banditen eingeschleust wurden. Salvatore Giuliano, Anführer der gefürchtetsten Räuberbande von allen, wurden eine große Geldsumme, der Rang eines Oberst und zudem Straffreiheit in Aussicht gestellt, sobald die Fahne eines freien Sizilien gehisst würde. Einige Überfälle auf Kasernen der Carabinieri sollten den Boden für einen Aufstand bereiten.
    Doch die separatistische Revolution blieb aus. Der wackelige militante Flügel der Bewegung wurde aufgelöst, woraufhin sie zerfiel. Wichtiger noch war, dass auch ihre politische Führung ausmanövriert wurde: Im Mai 1946 gewährte man Sizilien die Autonomie und ein eigenes Länderparlament, allerdings
innerhalb
Italiens. Mafiosi, die die Separatisten unterstützt hatten, machten sich auf die Suche nach neuen politischen Bündnispartnern.
    Während die Separatistenbewegung 1946 an Boden verlor, war es um die Sicherheit auf Sizilien schlimmer bestellt denn je. Räuberbanden, oftmals unter den Fittichen der Mafia, raubten und entführten nach Belieben. Polizei und Carabinieri sandten Informationen zuhauf nach Rom. Viele von ihnen hatten in den 1930 er Jahren im geheimen Krieg der Faschisten gegen die Mafia an vorderster Front gekämpft. Aus diesem Grund wussten sie sehr wohl, was die Mafia wirklich war, wie dieser Bericht vom Oktober 1946 bestätigt:
    »Die Mafia ist eine Geheimorganisation, deren Gruppierungen in allen Provinzen Siziliens zu finden sind und deren geheime Tentakel in sämtliche Klassen der Gesellschaft reichen. Ihr ausschließliches Ziel besteht darin, sich mit unlauteren Mitteln und auf Kosten ehrlicher, schutzloser Menschen zu bereichern. Sie hat jetzt ihre Zellen oder Familien, wie sie hier im Jargon heißen, neu gebildet, besonders in den Provinzen Palermo, Trapani, Caltanissetta, Enna und Agrigent.«
    Dies also waren die gewalttätigen Jahre, die Siziliens Zukunft besiegelten. Nicht zufällig waren es dieselben Jahre, in denen Italiens Führungsriege beschloss, alles zu vergessen, was sie über Siziliens berüchtigte »Geheimorganisation« wusste. Was diesen Vergessensprozess am besten veranschaulicht, ist weder ein Mafiamassaker noch ein geheimer Bericht. Um zu begreifen, wie die sizilianische Mafia Ende der 1940 er Jahre wirklich funktionierte, um ihre einzigartige Fähigkeit zu verstehen, sich gleichsam in Luft aufzulösen und gleichzeitig den Staatsapparat zu infiltrieren, sollten wir uns Italiens allerersten Mafiafilm ansehen.
    Sizilien:
Im Namen des Gesetzes
    Es ist September 1948 , aber die ausgedörrten Weiten des sizilianischen

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