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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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einer der mächtigsten Politiker in Kampanien: Antonio Gava. Gava hatte gerade seinen ersten nationalen Kabinettsposten ergattert, als Cirillo entführt wurde, und belegte in den achtziger Jahren bald eine Reihe von hohen Staatsämtern, unter anderem das des Innenministers und des Finanzministers.
    Gava war Chef der örtlichen DC -Fraktion, deren wichtigster Mann kein anderer als Ciro Cirillo war. 1993 stand Gava vor Gericht, weil er angeblich Kontakte zur Camorra pflegte. Nicht weniger als 13  Jahre vergingen, ehe er 2006 schließlich freigesprochen wurde. Gava klagte noch auf Schadensersatz, als er 2008 verstarb. Man kommt nicht umhin, Mitleid zu empfinden für einen Mann, der einer solch erschreckend langen juristischen Nervenprobe ausgesetzt ist. Leider sind derlei ausufernde Verfahren in Italien an der Tagesordnung, besonders wenn es gilt, das delikate Verhältnis zwischen organisiertem Verbrechen und Politik zu ermitteln. Das Urteil, das Gava freisprach, ließ ihn, trotz des verquasten Beamtenjargons, in einem sehr armseligen Licht erscheinen.
    »Nach Auffassung des Gerichts ist zweifelsfrei erwiesen, dass Gava sich des Austausches von Gefälligkeiten zwischen Lokalpolitikern in seiner Fraktion der Christdemokraten und der Camorra bewusst war (…) Es gibt außerdem Beweise, dass [Gava] keinerlei konkrete Maßnahmen getroffen hat, um diese Situation zu bekämpfen oder einzudämmen, und stattdessen die Wahlvorteile genoss, die seine Partei daraus zog.«
    Gavas Verhalten, schlossen die Richter, sei moralisch und politisch zwar tadelnswert, doch habe er nichts getan, was einen Schuldspruch verdient hätte.
    Camorristi hatten schon vor Beginn des »Cirillo-Feldzugs« der Roten Brigaden ihre Finger im Wiederaufbaugeschäft. Am 11 . Dezember 1980 , nur zweieinhalb Wochen nach dem Beben, wurde der Bürgermeister einer der geschädigten Städte erschossen, weil er verhindern wollte, dass camorrafreundliche Unternehmen mit den Aufräumarbeiten beauftragt wurden. So war letztlich die Cirillo-Entführung nur
ein
Symptom für die Art und Weise, wie die Camorra die Gelegenheiten nutzte, die die Katastrophe vom 23 . November 1980 für sie schuf. Auf Sizilien war Anfang der achtziger Jahre ein heftiger Krieg um die Kontrolle der Heroinpipeline nach Amerika entflammt. In Kampanien kämpften die
Nuova Camorra Organizzata
und die
Nuova Famiglia
um die Gewinne aus dem Wiederaufbau.
    Und doch erwies sich die Cirillo-Affäre in anderer Hinsicht als entscheidend: Sie sollte die endgültige Niederlage Raffaele Cutolos einläuten.
    Am 18 . März 1982 – elf Monate nach der Entführung Cirillos, als die Geheimnisse, die sie umgaben, noch ungelöst waren – veröffentlichte die Tageszeitung der Kommunistischen Partei Italiens,
L’Unità
, ein Dokument, angeblich aus dem Innenministerium, das sämtliche Details zu den Verhandlungen enthielt, die zu Cirillos Freilassung geführt hatten. Das Schreiben erwies sich als Fälschung – und kostete den Redakteur den Job. Doch viele der darin enthaltenen Details waren echt – echt genug, um offizielle Ermittlungen nach sich zu ziehen. Wir wissen heute, dass der Urheber der Fälschung sehr wahrscheinlich der »Professor« war, der auf diese Weise seinem Unmut darüber Ausdruck verlieh, für seine Hilfe bei der Cirillo-Entführung nicht ausreichend entlohnt worden zu sein. Den Brief der gegnerischen Presse in die Hände zu spielen, war ein schlauer Schachzug, der als Warnung gedacht war: Wenn der »Professor« nicht bekam, was er wollte, würden weitere Enthüllungen, dokumentierte Enthüllungen, folgen.
    Der Schuss sollte fürchterlich nach hinten losgehen. Der Staatspräsident, entrüstet über die Geschichten von Cutolos Luxusleben hinter Gittern, die allmählich nach außen drangen, sorgte dafür, dass der Gangster auf die abstoßende Gefängnisinsel Asinara verlegt wurde. Von nun an wäre es ihm unmöglich, mit den übrigen Mitgliedern der NCO zu kommunizieren. Die
Nuova Famiglia
holte zum Schlag aus. Binnen weniger Tage nach Cutolos Verlegung nach Asinara wurde Alfonso Rosanova, der Baulöwe, der die Geschäfte der NCO leitete, im Krankenhaus in Salerno erschossen, wo er sich von einem früheren Anschlag auf sein Leben erholte; sechs oder sieben Killer drangen in das Gebäude ein, entwaffneten die Polizisten, die an seinem Bett Wache hielten, und gaben zahlreiche Schüsse auf ihn ab. Im Januar 1983 folgte der endgültige Schlag, als
’o Nirone
Enzo Casillo – oberster

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