Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
den Wehen lag. Einige Frauen hielten das Dreifache aus! Die Schmerzen ließen nach und vor meinen Augen kam das Zimmer wieder zum Vorschein. Nur war dieses Mal etwas anders. Anastasija sah mich aus großen, besorgten Augen an. Ich hob meine Arme und zog sie zu mir heran. Zwischen den duftenden Zwillingen fand ich etwas Ruhe. Ihre so vertrauten Körper hielten mich und gaben mir das Gefühl, dass alles gut werden würde.
»Bist du nicht mehr böse?«, fragte Ana nach einer kleinen Weile. Ich drückte sie fester an mich.
»Verzeih mir«, flüsterte ich. »Verzeih mir.«
Ihre weichen Lippen fanden meinen Nacken und drückten dort der verschwitzen Haut einen Kuss auf.
»Ich wollte einfach nicht glauben, was passiert war und erst recht wollte ich nicht traurig sein. Nicht, wo ich doch mein erstes Kind erwarte.« Ich seufzte. »Es tut schon weh genug, dass sich nun keiner mehr so richtig über den Kleinen freuen kann.«
Elias zuckte hinter mir erschrocken zusammen, doch seine Schwester war schneller.
»Wie kommst du denn darauf?«
»In euren Herzen ist so viel Trauer. Natürlich freut ihr euch auf ihn, aber ihr müsst zugeben, dass ihr den Gedanken an den Tod eurer Mutter nicht beiseiteschieben könnt.« Ich sah Anastasija an, denn Elias hatte sein Gesicht in meinen Haaren vergraben und küsste verzweifelt meinen Scheitel. »Ihr werdet ihn im Arm halten und denken …«
»… dass Mama ihn nur zu gerne hätte aufwachsen gesehen«, vervollständige Ana meinen Satz und ich nickte erschöpft. Eine feuerrote Träne quoll aus ihren pechschwarzen Augen. »Du hast Recht, das können wir nicht abstreiten.« Sie sah an mir vorbei zu ihrem Bruder. »Aber ich kenne jemanden, der es gar nicht erwarten kann, seinem Sohn all die Liebe zu schenken, die er sich als Kind immer gewünscht hat.« Anastasijas Iris wurde von roten Linien durchzogen, die sich mit der Dunkelheit vermischten. Das Schwarz schimmerte nun in einem sehr dunkeln Rot. Ihre kühlen Hände umfassten mein Gesicht und sie wandte sich mir mit einem gutmütigen Lächeln auf den Lippen zu. »Unsere Mutter hat ihr Leben für dich und ihn gegeben. Das macht euch, wenn das überhaupt möglich ist, nur noch wertvoller für uns.«
Elias Hände pressten mich fest an sich.
»Dafür werden wir ihr ewig dankbar sein«, fügte er hinzu.
»Verzeihst du mir, Ana?«, wimmerte ich mit Tränen in den Augen. Ich war so unendlich fertig. Müde und voller Schmerzen. Selbst in den Pausen zwischen den Wehen wollten sich meine gequälten Muskeln nicht richtig entspannen.
»Natürlich«, flüsterte sie und lächelte. »Du bist das Wertvollste im Leben meines Bruders, der wiederum mir mit am wichtigsten ist.« Sie ließ mein Gesicht los und drückte meine Hände. »Und nun schenk ihm den Sohn, den er sich so sehnsüchtig wünscht.« Anastasija erhob sich und schwebte förmlich zur Tür hinaus. Stille kehrte in den Raum ein. Nur das leise Atmen von Dr. Bruhns war zu hören. Die Gute musste total fertig gewesen sein. Calimero war nicht das einzige Baby, das sich ausgerechnet diesen Tag ausgesucht hatte. Ich kuschelte mich in Elias‘ Arme und schloss meine Augen. Es dauerte nicht lange und eine neue Schmerzwelle durchfuhr mich. Ruhig streichelte Elias mir über den Kopf und begann leise zu summen. Ich krallte mich an ihm fest und versuchte verzweifelt zu atmen. Tränen liefen mir wieder über die Wange, als die Schmerzen endlich wieder nachließen. Es gab keinen Ausweg, die Tatsache, dass ich den Schmerzen so ausgeliefert war, zehrte noch sehr an meinen Nerven.
»Was hast du zu Papa gesagt, als du bei ihm warst?«, fragte Elias flüsternd und lehnte seinen Kopf an meinen. Seine Finger streichelten mir sanft über die Oberarme.
»Wieso?«
»Anastasija hat daran gedacht, dass er etwas verändert wirkte.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Nichts Besonderes, nur dass er es nicht wagen soll uns einfach so wegzusterben.«
»Ich hasse dich«, weinte ich in den Armen meiner Mutter und sah zu Elias. Es war mittlerweile elf Uhr morgens und ich hielt das ganze Haus auf Trab. Die Wehen kamen immer noch mit einem Abstand von zehn Minuten und mein Muttermund sah noch gar nicht danach aus, als würde es gleich losgehen.
»Das nächste Mal, wenn du fruchtbar bist, schicke ich dich auf eine einsame Insel, wo du es aussitzen und Palmen bespringen kannst!«
Elias sah mich mit großen Augen an und meine Mutter lachte. Dann besaß er doch tatsächlich die Frechheit, auch zu lachen. Ich wollte ihn
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