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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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sich: Gut, der Tilman hat ein Nagelstudio und könnte damit gutes Geld verdienen. Aber der hat doch nichts Richtiges gelernt. Magister in Geschichte, Gott im Himmel! Auf lange Sicht werde ich doch wohl mehr erreichen als er.
    Die Holländer gingen mit hängenden Köpfen vom Platz. Für sie war die EM vorbei, und die Russen jubelten über einen überraschenden Sieg. Zwar sollten sie im Halbfinale haushoch und verdient gegen Spanien verlieren, aber Spanien wurde ja auch Europameister. Und dass die Russen am Ende den Titel holten – na ja, das glaubten sie selber nicht, und das war ja auch gar nicht nötig. Für die Holländer sollte es sicher noch andere Chancen geben, schließlich wurden sie dauernd als Favoriten gehandelt, auch für die folgende WM . Russland wollte nur etwas Spaß und hatte ihn bekommen.
    Am Ende des Abends nahm Roland noch Anna und mich im Taxi bis nach Friedrichshain mit, obwohl er in die entgegengesetzte Richtung musste, in sein Hotel am Potsdamer Platz.
    »Kein Problem«, sagte er. »Das ist für mich jetzt echt nicht die Welt. Zahl ich aus der Portokasse, sag ich mal. Ich verdiene gutes Geld. Außerdem kann ich das alles absetzen.«
    »Wer war denn das?«, fragte Anna, als wir vor unserer Haustür standen.
    »Das war Roland, mit dem war ich auf der Schule.«
    »Seltsamer Typ.«
    »Früher war der ganz anders drauf.«
    »Ja? Wie denn?«
    »Also, ich habe ihn erst kennengelernt, als wir fünfzehn waren, aber seit heute bin ich mir sicher, dass er als Kind mit seinen eigenen Exkrementen gespielt hat.«

Privatspaß
    M artin und ich standen an der Anlegestelle am Palast der Republik. Eine Gruppe Touristen stand auch herum.
    »Ich zeig dir mal was«, sagte Martin und schnippste seinen Jointstummel in die Spree. »Weißt du, was die Touristen total toll finden?«
    »Gruppenrabatte?«, sagte ich.
    »Ja auch. Aber sonst?«
    »Diese Hüpfshows im Friedrichstadtpalast, wo Frauen in einer Reihe stehen und ihre Beine so hochschmeißen?«
    »Nee. Alles, was mit Hitler zu tun hat.«
    »Meinst du?«
    »Na klar! Tolle Museen gibt es überall, die Nazischeiße gibt es nur hier. Pass mal auf!«
    Martin ging auf die Gruppe zu und sprach sie laut an:
    »Ladies and gentlemen, my name is Martin Brockhausen and I will be your guide for the next hour. We have half an hour left before the ship leaves, but I will use that time to give you some information on the spot we are standing on.«
    Die Touristen machten »Oh« und »Yaah«, nickten freundlich und lächelten.
    »This whole area, from here all the way up to Alexanderplatz, used to be one of the oldest parts of Berlin, the so-called Marienviertel, named after the church over there, the Marienkirche. But as you can see, there is nothing left. The whole quarter was destroyed in the war. Virtually everything burned down: houses, monuments, even the pavement and the rails of the tram. But there is one exception.«
    Er klopfte gegen das Geländer, vor dem er stand:
    »This railing was built by the Nazis. As you can see, it was not destroyed in the war, it is still there. All the bombs, bullets and fires couldn’t do it any harm.«
    »What’s it made of?«, fragte einer.
    »It’s made of steel, of course. But:«, dramatische Pause, »it’s not just regular steel. It is – Nazi steel. Indestructable!«
    »Whooo«, machte einer.
    »The city government tried to remove it several times but they just can’t manage. It will still be here in a thousand years.«
    Ein Tourist stellte sich vor einen Poller, ein anderer hatte die Kamera im Anschlag.
    »Yes, go ahead«, sagte Martin. »Take a picture.«
    Ein Ausflugsschiff fuhr vorbei. Ich machte den Test und winkte den Passagieren zu. Alle winkten zurück.
    »Ja, Tach!«, hustete Martin in ihre Richtung.
    »Is this a Nazi building?«, fragte jemand und zeigte auf den Fernsehturm.
    »Yes, it is«, sagte Martin. »Indestructable. You could put all of these Al-Qaida guys on airplanes and let them crash into it, one by one, and it would not collapse. The communist buildings, on the other hand, never lasted very long. The big building over there«, er zeigte auf die Reste des Palastes, »was built by the communists in the 1970s and as you can see, it is very easy to demolish.«
    Die Touristen nickten.
    »Most of the things the communists invented break very easily. Plastic cups, Tupolev airplanes and even communism itself.«
    Ein paar Touristen glucksten. Ich nahm einen Schluck aus meiner Club-Mate-Flasche.
    »Gib das mal her«,

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