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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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sagte Martin und nahm mir die Flasche aus der Hand. »Look at this bottle, for example. When I drop it …«
    Er warf meine Flasche auf den Boden, sie zerbrach.
    »Hey, die war noch halb voll«, rief ich.
    » … it breaks«, sagte Martin. »No doubt about it: This is a communist bottle.«
    Die Touristen nickten.
    Neben einer Bank standen drei leere Bierflaschen, die die üblichen Trinker dort stehen gelassen hatten. Martin nahm sie sich und stellte sich wieder vor den Touristen auf.
    »Now, let’s see if there are any Nazi bottles among these. Step back!«
    Er warf eine in die Luft, sie landete auf dem Pflaster und zerbrach. Klirr!
    »No, that’s a communist bottle!«
    Nächste. Klirr!
    »Communist bottle!«
    Nächste. Klirr.
    »Communist bottle!«
    Ein paar Touristen schauten irritiert. Andere grinsten.
    »But now look«, sagte er, griff in seinen Rucksack, holte eine PET -Flasche hervor und schleuderte sie auf den Boden. Ponk!
    »Nothing happens. This is a Nazi bottle. It’s unbreakable.«
    Die Touristen applaudierten.
    »Anybody want to try?«, fragte er in die Runde.
    Ein asiatischer Tourist traute sich und schmetterte die Flasche mit voller Kraft auf den Boden. Ponk! Sie blieb ganz.
    »See?«, sagte Martin. »We have been using these bottles for over sixty years now and nothing can damage them. This is best German engineering. Like all the other Nazi inventions: Volkswagen, Lederhosen and Hofbräuhaus.«
    Ein Tourist trat vor:
    »Can you take a picture of me with the bottle?«
    Er gab Martin seine Kamera und stellte sich mit einer Bierflaschenscherbe in der einen und der PET -Flasche in der anderen Hand stolz vor dem Geländer auf. Martin betrachtete sich die Kamera.
    »Just press the button«, sagte der Tourist.
    »What about your camera, then?«, sagte Martin und hielt die Kamera am ausgestreckten Arm nach unten. »Is it a Nazi camera?«
    »Don’t!«, rief der Tourist und schnappte nach seiner Kamera, Martin hielt sie sich hinter den Rücken.
    »I am sorry, Sir, but we do not allow any Nazi things on our ships, so I have to check if this is a Nazi camera. I will drop it now, and if it stays intact, it is a Nazi camera and I have to throw it into the Spree. But don’t worry: If it breaks, it is a communist camera and you can keep it.«
    »No!«, rief der Tourist aufgeregt und tanzte um ihn herum. »Nonono! You give me my camera back. It was very expensive.«
    »I am sorry, Sir, but I have to check this. It’s a regulation. Otherwise I cannot allow you to board the ship.«
    »O.k., I will not go on the ship. But you give me my camera back.«
    Martin gab ihm die Kamera zurück, und der Tourist zog ab, wobei er leise in seiner Muttersprache vor sich hin fluchte.
    »Now, has anyone else got a camera?«, fragte Martin.
    Alle schüttelten den Kopf.
    »Alright! Now let’s get on board.«
    Die Touristen zuckten die Schultern und gingen langsam an Bord.
    »Spitzenleistung, Kollege«, sagte ich. »So kriegst du aber kein Trinkgeld.«
    »Ach, Trinkgeld! Trinkgeld ist für Anfänger, das kommt irgendwann von alleine. Es geht auch ein bisschen um Privatspaß.«

Cerveza
    Z ur ersten Tour morgens um zehn erschien meistens keine Laufkundschaft. Entweder waren es größere Gruppen, die reserviert hatten, ältere Ehepaare oder Familien mit Kindern, die die Fahrt schon fest in ihren Tagesablauf eingeplant hatten. Nie kamen Touristen, die desorientiert aufs Schiff stolperten und den Bootsmann in gebrochenem Englisch fragten, ob die Tour auch auf Ungarisch angeboten werden würde. Diese Touren waren meistens die ruhigsten, weil die meisten Gäste noch nicht richtig wach waren und zudem kein Alkohol floss, es sei denn, man hatte eine Gruppe russischer Geschäftsleute an Bord.
    Eine solche Tour glaubte ich an diesem Morgen vor mir zu haben, wobei als kleiner Störfaktor bei meiner Ankunft schon eine Schulklasse an Bord saß. Ich tippte auf 10. Klasse. Ich hätte auch auf ihre Herkunft getippt, aber Schüler samt Lehrerin waren ausgesprochen eigenschaftslos: kein Dialekt, keine Fußballschals, nichts, woran man eine Vermutung hätte festmachen können. Dann waren es Niedersachsen oder Westfalen.
    Drei Minuten vor Abfahrt kamen fünf Typen angetorkelt. Vokuhila mit rasierten Seiten, unreine Haut und Palästinensertuch. In Österreich heißen solche Leute »Krocha« und sind hedonistische Technofreaks. Diese hier waren offensichtlich südeuropäische Touristen und kamen wohl direkt aus dem Berghain, einer riesigen Technodisko

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