On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
lange nicht so viel wie die Tschechen.«
»Wer?«
»Die Tschechen. Tschechische Republik. Das ist das Land östlich von Süddeutschland.«
»Nie gehört.«
»Das hat früher auch zu Russland gehört.«
»Ach so.«
»Aber das mit dem Bier, das ist ja auch nicht einfach so eine Droge zum Zudröhnen. Das hat ganz alte Traditionen.«
»Jetzt also doch Tradition?«
»Ja … äh … also schon Tradition. Aber nicht so schlimm. Also eher offen und locker.«
»Verstehe.«
»Nicht so wie bei uns.«
»Ist klar.«
»Die Deutschen trinken auch ganz anders. Die trinken nicht, um besoffen zu sein, so wie die Briten.«
»Was? Aber wofür trinken die denn dann?«
»Das ist eine soziale Sache. Weißte, die Briten zum Beispiel, die trinken ganz schnell viel Bier, damit sie möglichst bald besoffen sind. Die Deutschen nicht, die trinken mal ein Bier, dann unterhalten sie sich, dann trinken sie vielleicht noch eines. Die sind so maßvoll und nicht so brachial wie die Biertrinker woanders. Dazu muss man auch wissen: Das Bierbrauen, das kommt eigentlich aus den Klöstern. Das haben die Mönche früher gemacht. Das hat was mit Ruhe und Einkehr zu tun.«
»Aber das Oktoberfest? Das ist doch so laut, und alle sind besoffen.«
»Aber da sind doch nur Touristen, da erfährst du gerade gar nichts über Deutschland. Sehr viele Inder übrigens, und die benehmen sich da, als hätten sie den Laden gekauft. Die Deutschen müssen ja denken, dass wir alle so sind. Ich find es auch oft peinlich, als Inderin erkannt zu werden. Die meisten Inder, die können sich im Ausland ja nicht benehmen.«
»Das stimmt. Das muss einem manchmal schon peinlich sein.«
»Ich will auf jeden Fall auch nochmal nach Süddeutschland. Und eine Zeit lang ins Kloster. Die machen den ganzen Tag lang nichts als beten und im Garten arbeiten.«
»Und Bier trinken.«
»Das ist doch ein Klischee!«
»Aber das hast du doch selbst gerade gesagt.«
»Ja, aber da trinken doch nicht alle dauernd Bier. Das kann man nicht so verallgemeinern. Da muss man schon differenzieren.«
»Ach so. Ja. Gut. Ist ja egal. Du willst ins Kloster?«
»Ja. Das find ich total interessant. Das darf ich dann aber hier im Osten niemandem erzählen, die halten mich sonst für bescheuert. Als die Russen hierhergekommen sind, haben sie die Religion verboten, und die meisten Ostdeutschen glauben auch noch, dass religiöse Menschen automatisch ein bisschen dümmlich sind. Ich finde das aber interessant, so zwischen den verschiedenen deutschen Welten zu wechseln. Es sind einfach so viele Welten auf so wenig Raum. Und die Deutschen sind so glücklich dabei.«
»Und wie ist das hier mit den Nazis? Da hört man doch so viel von.«
»Ach, das ist doch auch wieder nur so ein indisches Vorurteil. Als ob alle Deutschen Nazis wären.«
»Aber es gibt doch welche.«
»Jaaa, es gibt da schon welche. Aber da darf man nicht alle so in einen Topf werfen. Da gibt es auch in Indien noch viele Vorurteile gegen Deutschland.«
»Ach so. Klar.«
Pause.
»Ich will einfach mal raus aus diesen festgefügten Strukturen und meinen Horizont erweitern. Immer nur Kalkutta, da bleibt man ja nur in seiner beschränkten kleinen Welt. Das ist mir echt zu einfach.«
»Das bewundere ich ja schon an dir. Also, dass du das einfach so kannst.«
»Ich glaube, ich kann einfach nicht anders. Ich muss das machen.«
Pause.
»Ich kann auch mittlerweile ganz gut kochen. Die machen hier so eine Art dünnes Steak aus jungen Kühen.«
»Was?«
»Ja, die essen Kühe. Die sind einfach so frei in ihrem Denken, die brauchen diese ganzen religiösen Vorschriften nicht, so wie bei uns. Diese ganze verbohrte Engstirnigkeit.«
»Und wie essen die das?«
»Die nehmen ein Stück von einer jungen Kuh, und da klopfen die so lange mit einem schweren Hammer drauf, bis das Stück ganz dünn und breit ist. Dann machen die da so eine Kruste drumherum, die ist aus zermahlenem Brot und Eiern, und das braten sie in der Pfanne. Das heißt dann Schnitzel.«
»Wie interessant!«
»Ja. Und dazu essen sie frittierte Kartoffeln.«
»Na, das kenne ich ja.«
»Ja, aber das ist schon anders als bei uns!«
»Und das kannst du kochen?«
»Ja. Ich mach das mal, wenn ich wieder in Kalkutta bin.«
»Na ja, ich weiß nicht. Dünn geschlagene Kuh mit Brot und Ei? Und ganz ohne Gemüse?«
»Ach komm, jetzt sei doch nicht so schrecklich spießig! Du musst da mal aus deinen festgefahrenen Vorstellungen herauskommen. Mal übern Tellerrand gucken. Iss mal
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