On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
ging.
»Nee, jetzt hörst du mir mal zu, Kollege: Ich kann mir meinen Freispruch auch woanders holen, da brauch ich mich echt nicht hier mit dir streiten. Dit is hier nicht die einzige Freisprechanlage auf dem Markt. Ich kann auch einfach rüber in die Moschee gehen. Da sag ich dreimal ›Döner mit alles und scharf‹, fertig is die Laube. Ach was, die verzeihen mir schon allein deshalb, weil ich ein Mann bin.«
Wieder der Pfarrer:
»Asso! … Hossa … waffa … erlauben Sie sich!«
»Dit is echt keen Service, wat ihr hier anbietet. Da dürft ihr euch echt nicht wundern, dass keiner mehr in die Kirche kommt, dit is ja schlimmer als aufn Arbeitsamt.«
Nun kam vom Pfarrer nur noch Gegrummel:
»Also muss doch wirklich bitten … woffoffoff … muss ich mir hier bieten lassen … Beratung … hullala … Sakramente … waffaff … Unverschämtheit.«
»Ick bin ja echt ein geduldiger Mensch. Aber wenn du dich da so sperrst, mit deinem beschränkten katholischen Horizont, dann such ich mir halt ne andere Hölle, aus der ich mich freikaufen kann. Schöntachnoch!«
Mit einem »Ritsch!« wurde der Vorhang des Beichtstuhls aufgerissen, und ein kurzer, aber kräftiger Mann trat heraus.
»Dit is keen Service«, grummelte er vor sich hin. »Dit is echt keen Service. Dit is ja wie beim Media Markt.«
Vor sich hinmeckernd ging er langen Schrittes Richtung Ausgang und verschwand. Ich stand allein mitten in der Kirche. Ein dicker Pfarrer trat aus dem Beichtstuhl und atmete tief durch. Ich sah ihn an, als er mich entdeckte.
»Was glotzen Sie denn so?«, fuhr er mich an. »Haben Sie was zu beichten?«
»Äh … weiß nich … glaub nicht …«
»Sind Sie überhaupt katholisch, oder wollen Sie hier auch nur Seelenheil für lau abgreifen?«
»Das … also … äh … ich wollte nur … Sie haben nicht zufällig hier noch einen einbalsamierten Bischof im Glaskasten rumstehen? Oder irgendwie so Knochen oder so?«
»Was?«, bellte der Pfarrer.
»Na ja, oder Kunst. Halt irgend so was Kirchenmäßiges. In Italien haben die so was haufenweise in den Kirchen rumstehen.«
»Verlassen Sie mein Gotteshaus, wir machen jetzt zu. Außerdem ist das hier kein Museum. Und wenn Sie unglücklich sind, gehen Sie doch zu Media Markt und kaufen Sie sich einen Flachbildfernseher. Das finden Sie doch gut! Was anderes wollen Sie doch gar nicht mehr!«
»Natürlich«, stammelte ich. »Grüß Go- … Gelobt sei Je- … also, auf Wiedersehen, meine ich.«
»Guten Tach«, sagte der Pfarrer.
Vor der Tür zog ich mein Oktavheft hervor und schrieb hinein:
Hedwigskathedrale: Flachbildfernseher.
Irgendwas ist ja immer
A nna, du fährst dieses Jahr auch nicht in Urlaub, oder?«
»Nö.«
»Wieso nicht?«
»Dieses Jahr hab ich kein Geld. Das Einzige, was ich mir leisten könnte, wäre Campingurlaub, aber das wollte ich eigentlich nicht mehr machen.«
»Wieso?«
»Ich hab das die ganzen letzten Jahre gemacht, jetzt ist es mal genug. Du schläfst auf einer Luftmatratze, die du noch im Keller gefunden hast, und in der ersten Nacht stellst du fest, dass sie Luft verliert, und nach zwei Stunden liegst du auf dem harten Boden. Jeden Morgen fühlst du dich wie verprügelt, und jeden Abend denkst du: oh nein, jetzt wieder auf die harte Matratze.«
»Klassischer Campingfehler. Man muss vorher alles nochmal durchchecken.«
»Du bist so schlau, Tilman.«
»Danke.«
»Dann die Essenssituation, die ist auch nicht so richtig gut für den Rücken.«
»Hä?«
»Du hast ja dann nur so einen kleinen Gaskocher dabei, zu dem du dich immer runterbücken musst. Nach zwei Wochen Campingurlaub kannst du erst mal zum Physiotherapeuten.«
»Mal abgesehen davon, dass du nach zwei Wochen Dosenravioli und Instant-Asia-Nudeln den Fraß echt nicht mehr sehen kannst.«
»Dann hängen da lauter deutsche Schnorrer rum: ›Ey, habt ihr noch was zu essen? Ey, habt ihr mal n Bier? Ey, habt ihr nochn Platz im Zelt? Ich würds euch ja auch geben, wenn ichs hätte.‹ Immer in so einem Jammerton, mit einem leichten Vorwurf in der Stimme. Wie am Bahnhof.«
»Du hast wohl wirklich viel Campingurlaub gemacht.«
»Ich war mal auf Interrailurlaub, da waren wir fast nur auf Campingplätzen. Du kommst irgendwo in einem Küstenort an und läufst erst mal fünf Kilometer in sengender Hitze den Strand entlang, weil dir jemand gesagt hat, da ganz hinten gibt es einen Campingplatz. Und wenn du dann endlich da bist, stellst du fest, dass das ein FKK -Campingplatz ist, und der ist voll
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