On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
Kraft?«
Strike!
Martin raschelte etwas mit seinem Notizbuch herum.
»Das tritt meines Wissens … ist das sofort. Unverzüglich.«
Der Gast lachte. Ein paar andere lachten mit.
»Wie ist Ihr Name?«, fragte Martin.
»Reinhard«, sagte der Gast.
»Reinhard! Einen Applaus bitte für Reinhard, heute für Sie in der Rolle des Bild-Journalisten Peter Brinkmann.«
Zögerlicher Applaus tröpfelte über das Schiff.
»Was ist los?«, fragte ein Mann seine Frau.
»Brinkmann«, sagte die.
»Von der Schwarzwaldklinik, oder wer?«, fragte der Mann.
»Vielen Dank für die richtige Antwort«, sagte Martin. »Und ich würde sagen, das ist uns einen Schnaps wert. Klaus, bringst du mal zwei Schnaps?«
Klaus kam mit einem Tablett an, auf dem zwei Klare standen. Wir nahmen jeder einen, Martin sagte »Prost« in Richtung Reinhard, und wir kippten ihn herunter.
»Hee! Ich dachte, ich kriege auch einen«, rief der Gast.
»Kleiner Scherz«, sagte Martin. »Klaus, bitte auch mal einen Schnaps für Reinhard.«
»Super Trick, Kollege«, sagte ich zu Martin. »Und was machst du, wenn keiner den Text kennt?«
»Dann sagst du einfach ›Was erlaube Strunz‹. Da steht meistens die Hälfte auf und sagt ›schwach wie eine Flasche leer‹.«
»Aber Schnaps trinken vor den Gästen? Meinst du, Hans findet das so toll?«
»Ach was, Schnaps ist nicht so wild. Aber zum Jolle pöfen geh ich mittlerweile immer da drüben in die Grünanlage. Hier waren neulich ein paar Asiatinnen, die haben mich nach Gras gefragt. Ich glaube, das waren Zivilbullen.«
Warum ich nicht mehr Französisch spreche
E in Mann und eine Frau kamen an den Eingang.
»Excusez, vous parlez français?«, sagte die Frau.
»I am sorry, I don’t«, sagte ich.
»C’est vous, le guide, non? Il n’y a pas de tour en français?«
»I am sorry«, sagte ich wieder. »I don’t understand. I do not speak French.«
»Pourquoi il n’y a pas de tour en français? Ça fait une heure qu’on cherche un bateau qui offre le tour en français, mais c’est tout en allemand et anglais. C’est pas juste. Vous croyez que c’est juste?«
Vielleicht sollte ich etwas anderes versuchen:
»Io non parlo francese, mi dispiace«, sagte ich. Der Mann stand daneben und sprach wahrscheinlich gar keine Sprache.
»Je voudrais me plaindre. Personne parle français à Berlin. On nous traite comme des étrangers. C’est très, très impoli.«
Langsam gingen mir die Möglichkeiten aus.
»Non dico linguam francogallicam«, sagte ich.
»Hein?«, sagte die Französin.
»«, sagte ich.
Sie sah ihren Mann an, machte eine auffordernde Kopfbewegung, drehte sich um und ging, der Mann hinterher.
Wie hatte das eigentlich passieren können? Eigentlich hatte ich doch zehn Jahre lang Französisch gelernt, und nun konnte ich gar nichts mehr. Schon vor Jahren hatte ich es aufgegeben, Französisch zu sprechen, denn es hatte immer in Stammelei und Stirnrunzeln geendet. Wenn man alle Franzosen, vor denen ich mich jemals zum Trottel gemacht hatte, in eine Reihe stellen würde, ergäbe das eine Menschenkette, die von Saint-Médard-en-Jalles über Va-te-faire-foutre bis Banyuls-sur-mer reichte.
Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen. Schon in der dritten Klasse bekam ich »Frühfranzösisch«, nicht etwa, weil meine Eltern wollten, dass »der Junge es später mal besser hat«, sondern, weil die nächstliegende Grundschule es anbot. Jean geht zum Markt. Mutter gießt Milch in die Schüssel. Sur le pont d’Avignon. Rappetschepapp!
Auf dem Gymnasium ging es munter weiter mit Auswendiglernen der französischen Grammatik, Lückentexten und kreativem Schreiben: »Schreibe eine Urlaubspostkarte an einen französischen Freund.«
So etwas Beknacktes! Wer hatte schon einen französischen Freund?
Mit steigenden Anforderungen merkte ich, was für eine Sprache ich lernte. Warum drücken sich die Franzosen eigentlich so umständlich aus? Sie sagen nicht: »Was heißt das?«, sie sagen: »Was ist es, was dieses sagen will?« Sie sagen nicht »Los!«, sie sagen: »Gehen Sie dort hin.« Sie sagen nicht »Sind Sie fertig?«, sie sagen »Ist es dort?«. Und sie stehen auf lange, umständliche Ausdrücke. Eine Schweizer Schokoladenmarke beschriftet ihre Verpackungen auf Deutsch und Französisch. Die französische Bezeichnung einer bestimmten Sorte lautet »chocolat au lait des alpes fourré crème confiseur au yogourt écrémé au goût de fraise«, die deutsche schlicht: »Joghurt-Erdbeer«.
Und wenn der Franzose
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