On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
Flaschen Jack Daniel’s hervor, öffnete beide, gab mir eine und behielt die andere für sich. Jetzt hatte jeder eine Flasche in der Hand.
Was redet man mit Lemmy Kilmister? Na, auch im Black Death? Und was machst du so? Ach, da bist du bestimmt viel unterwegs. Aber kann man denn davon leben? Wirklich! Na, das ist doch toll, wenn man sein Hobby zum Beruf gemacht hat.
Karl hatte da weniger Bedenken.
»Are you a frequent guest here?«
»Actually, I live here«, sagte Lemmy. »They keep me locked in this bar. I’m something like the mascot. And all I got to do is play pinball and drink Jack and Coke. It’s paradise, man. Absolute fucking bliss!«
Karl lächelte.
»You’re a musician, I guess.«
»You’re a fucking genius, man. How did you guess that?«
»Just intuition. What’s the name of your band?«
Oh nein! Man fragt doch nicht den Papst nach seiner Konfession.
»Take That«, sagte Lemmy. »I’m playing bass with Take That when they are on tour.«
»You’re kidding!«
»I am. Actually, my band is called ›Adolf and the Hitlers‹. I am Adolf and the other guys are all called Hitler. You know, like the Ramones. We have Alois Hitler on the lead guitar, Gerhard Hitler on rhythm guitar and John Roy Fitzgerald-Hitler is playing the saxophone.«
Karl lachte.
»Fitzgerald-Hitler?«, sagte er. »That’s the Irish branch of the Hitlers?«
»You got it, man.«
»I thought the Irish branch of the Hitlers is called O’Hitler.«
»O’Hitler?«
»Yeah, you know, like Walt Whitman: O Hitler, my Hitler.«
Lemmy lachte.
»And then there’s the drummer, he is German. His name is Heinrich Himmler, so actually the name of the band is ›Adolf and the Hitlers featuring the incredible Heinrich Himmler on drums‹. Harharhar!«
Wir nahmen alle einen Schluck aus unseren Jack-Daniels-Flaschen.
»Motörhead«, sagte ich. »His band is called Motörhead.«
»Oh, come on«, sagte Lemmy. »Don’t tell him. He thought I was Robbie Williams. You can’t disappoint him like that!«
»Oh, yes, Motörhead«, sagte Karl. »Of course I know you. The ugliest band in the world.«
Hat er das wirklich gerade gesagt? Verdammt, jetzt kriegt er gleich von Mr. Kilmister eine reingezimmert. Sicherheitsdienst! Klaus! Pfefferspray! Lemmy sagte keinen Ton, sondern guckte nur.
»Sorry«, sagte Karl. »Do you mind if I call you guys the ugliest band in the world?«
»No, it’s obvious«, sagte Lemmy und lachte eine heisere Lache.
Das war gerade nochmal gutgegangen. Karl hatte noch weiteren Quatsch auf Lager, der Lemmy zu gefallen schien.
Aus Verlegenheit hatte ich immer wieder an meiner Whiskeyflasche genippt und war schon nach zwanzig Minuten ziemlich knülle. Ich setzte mich an die Bar, bestellte eine Cola zum Herunterkommen und guckte mir die Leute im Laden an.
Im Fenster tanzten drei Mädchen mit viel Beingewerfe und Kopfgeschwinge zur Musik. Sie waren angezogen, als kämen sie gerade von der Arbeit auf der Oranienburger Straße. Gut möglich, dass sie zu Lemmys Tross gehörten. Wahrscheinlich steht so etwas in seiner Cateringanweisung:
»Immer anwesend sein müssen: ein Flipperautomat, zwei Spielautomaten, eine Kiste Jack Daniel’s, eine Kiste Cola, eine Zwölferpackung Durex-Kondome Extra Strong und drei Mädchen unter dreißig in Minirock und Strapsen, die auf Anweisung zu tanzen haben.«
Mitten im Raum standen zwei jugendliche Leichtmetaller: straßenköterblonde Haare, Mittelscheitel, Bartflaum, Jeansweste mit Aufnähern und Blind-Guardian-T-Shirt. Wenn man einen richtigen Rock ’n’ Roller von einem Tolkien-Leser mit Hang zum Nebligen unterscheiden will, ist das Blind-Guardian-T-Shirt ein guter Indikator. Blind Guardian hat nichts mit Heavy Metal oder Rock ’n’ Roll zu tun, sondern liefert nur die Begleitmusik für Rollenspieler, Fantasycomicleser und Jugendliche, die gern Met aus Trinkhörnern trinken. Wahrscheinlich hießen sie Christoph und Sebastian und besuchten eine Realschule in Reinickendorf.
»Da hinten steht der Sänger von Motörhead.«
»Wovon? Der Sänger wovon?«
»Von Motörhead.«
»Hab ich nie gehört.«
»Blind Guardian haben mal für die als Vorband gespielt.«
»Echt? Boah, krass!«
»Komm, wir gehen da jetzt hin.«
»Nee! Wir können doch nicht einfach da hingehen. Guck mal, der unterhält sich gerade.«
Das genaue Gegenteil von Karl, der immer noch bei Lemmy stand und sich mit ihm unterhielt, als wären sie alte Freunde. Ab und zu lachten beide oder stießen an.
Vier
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