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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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Natur. Er war kein Kannibale. Lyme stand, nun ja, wie sollte man es ausdrücken, er stand auf der anderen Seite. Und das mutete weit perverser an, als der andere kranke Scheiß, den Ondragon bisher gelesen hatte. In seiner ganzen bemitleidenswerten, pickligen Verzweiflung trachtete Lyme zwar danach, mit Kannibalen in Kontakt zu kommen, aber nicht etwa, weil er nach Gleichgesinnten suchte, sondern weil es ihn nach einer ganz besonders abgefahrenen Abnormität gelüstete. Es war so schlicht wie haarsträubend:
    Harvey Lyme wollte sich aufessen lassen!
    Noch immer fassungslos ob dieser Tatsache schüttete Ondragon den Rest seinen Kaffees auf seinen rumorenden Magen und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Auch sonst fühlte er sich nicht gerade wie der Mops im Haferstroh, eher wie Alice im Irrenland. Es war schon mittelmäßig bis sehr beunruhigend, dass er sich hier in einer Anlaufstelle für Menschen befand, die gerne Menschen aßen oder von ihnen gegessen werden wollten, ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon ahnte. Die hübsch gelegene CC Lodge war quasi Teil eines dunklen Netzwerkes, das hinter den Kulissen der Gesellschaft existierte und die tiefsten und widerwärtigsten Abgründe der Menschheit beherbergte. Einiges wurde dadurch jetzt noch klarer: die Abgelegenheit der Anlage, die eingeschworene Gemeinschaft, die extreme Kontrolle der Mitarbeiter. Das alles waren Bestandteile einer Geheimhaltungsstrategie, wie man sie sonst im Pentagon oder beim CIA vorfand. Das Schlimmste an der ganzen Sache aber war: Er saß hier mit Kannibalen unter einem Dach! Das musste man erst einmal verdauen. Auch die Morde, naja, vielleicht nur der Fall mit der Leiche im Wald konnte damit zu tun haben. Was, wenn einer der K-Patienten ausgerastet und seinen Instinkten gefolgt war? Das war durchaus denkbar und näher dran an Dr. Schuylers Scherz, als dieser es sich je hätte träumen lassen. Verständlich wäre dann auch das Verhalten von Dr. Arthur, der so tat, als wüsste er von nichts. Seine vermutlich illegalen Forschungen durften auf keinen Fall auffliegen. Ondragon überlegte, wie er weiter vorgehen wollte. Eigentlich sollte er mit seinen neu gewonnen Informationen sofort zu Deputy Hase gehen, sie warfen ein ganz anderes Licht auf die Mordermittlungen, die bis jetzt nicht besonders weit gediehen waren. Vielleicht konnte er dafür sorgen, dass die Polizei sich nicht in eine völlig falsche Richtung verrannte und Dr. Laytons Bären vom Killer-Verdacht freigesprochen wurden. Darüber würde sich die alte Lady bestimmt freuen. Aber würde man ihm auch glauben? Die Sache mit den Kannibalen war ziemlich unglaubwürdig.
    Ondragon bemerkte, wie Kateri das Restaurant betrat und räumte schnell den Notizblock vom Tisch. Sie musste nichts davon wissen. Lächelnd empfing er sie und winkte Carlos herbei, damit sie ihr Frühstück bestellen konnte.
    Während er ihr beim Essen zusah, spürte er eine untergründige Erleichterung darüber, dass Miss Wolfe nicht in der K-Akte von Dr. Arthur auftauchte. Demnach war sie keine Kannibalin, und er konnte sich getrost mit ihr einlassen, ohne befürchten zu müssen, von ihr verspeist zu werden. Er unterdrückte ein Grinsen und fragte sie nach ihrem Tagesplan.
    „Oh, es steht nicht viel an“, entgegnete sie. „Dr. Arthur erwartet mich um elf Uhr, und um zwölf habe ich eine Verabredung mit der Masseurin im Spa. Muss meine Muskeln nach den gestrigen Training mit dem Pferd etwas lockern.“ Kateri lächelte. „Und Sie?“
    „Ein Termin um zehn Uhr bei Dr. Pollux. Dr. Arthur hat mir empfohlen, es mal mit einer Familien-Aufstellung zu versuchen, für die Pollux Spezialist ist. Die Hypnose scheint bei mir nicht auszureichen, um die tiefsten Gräben meines Unterbewusstseins auszuloten. Bin mal gespannt, was das bringt.“
    „Was gibt es denn bei Ihnen so Tiefes auszuloten?“ Sie hatte ihre Stimme gesenkt und sah ihn aufreizend an. Ondragon wurde ganz warm im Bauch.
    „Nun, das wird Dr. Pollux hoffentlich herausfinden, oder wollen Sie in den Bereich der Tiefenpsychologie übersiedeln? In dem Fall ließe sich einrichten, heute Nachmittag eine erste Sitzung abzuhalten. Sagen wir um vier Uhr am See?“
    Kateri Wolfe wandte verlegen ihr Gesicht ab und rieb sich ihre Wange an ihrer Schulter. Dann sah sie ihn wieder an, ein verschämtes Lächeln auf den Lippen. „Könnte ein spannendes Experiment werden. Ich meine, mit mir als Therapeutin.“
    „Dann ist es abgemacht.“ Ondragon wollte sich

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