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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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unsichtbaren Pfad wieder und marschierte voran. Ondragon folgte ihr dicht auf den Fersen. Er musste Kateri vertrauen und wollte sie auf keinen Fall noch einmal verlieren. Ab und an blieben sie stehen, sahen sich um und riefen nach Lyme. Nach ungefähr einer Stunde stolpernden Fortbewegens lichtete sich das unwegsame Unterholz etwas, die Bäume wurden größer und ließen mehr Luft zu ihnen hinab. Gras und Moos eroberte sich vorwiegend den Boden zurück, und das Licht warf gesprenkelte Muster darauf. Das Gelände stieg allmählich an.
    „Weißkiefern“, sagte Kateri und zeigte auf die mächtigen Stämme, die wie Säulen das Dach des Waldes stützten. Ondragon sah in eine der ausladenden Baumkronen hinauf. Dabei fiel ihm etwas ins Auge.
    „Da, sieh mal“, machte er Kateri darauf aufmerksam.
    „Medizin“, entgegnete sie schlicht. „Wir sind an der alten Begräbnisstätte, von der ich vorhin gesprochen habe.“
    Ondragon zog unbehaglich den Kopf ein, als er noch mehr bemalte Tierschädel, Federbüschel und ganze, mumifizierte Tierkadaver in den Ästen entdeckte.
    „Wir sollten einen Bogen drum herum schlagen. Unser Volk sieht es nicht gern, wenn man diesen Ort entweiht. Da hinten führt der Weg lang.“ Kateri wies mit dem Arm nach rechts.
    Ondragon sah in die Richtung. „Und der stößt irgendwann auf den Trail zum Mount Witiko?“
    „Genau. Dürften zwar noch ein paar Meilen sein, aber keine Angst, soweit wollte ich nicht gehen.“ Sie zwinkerte ihm zu. Ondragon war in zweierlei Hinsicht erleichtert. Zum einen hatte er wenig Lust, bis zu dem Berg zu latschen, und zum anderen, hatte er endlich wieder eine grobe Orientierung. Doch das Unbehagen blieb. Er blickte auf das vor ihm liegende Dickicht und fragte: „Sind da tatsächlich Tote aufgebahrt?“
    „Ja, aber keine frischen. Das ist nicht erlaubt. Dieser Ort existiert jedoch schon seit mehreren hundert Jahren, und die Toten, die hier vor langer Zeit bestattet wurden, haben das von der Regierung zugesicherte Recht, auch hier zu verbleiben. Außerdem glauben wir Ojibway, dass es Unglück bringt, die Toten in ihrer Ruhe zu stören und sie von ihrem angestammten Sitz wegzubringen.“
    Ondragon warf einen letzten Blick auf die über ihm baumelnden Schädel und Kadaver und musste sich danach beeilen Kateri hinterher zu kommen, denn sie war bereits mit großen Schritten unterwegs. Als sie um das Bestattungsheiligtum herum waren und der Weg immer steiler wurde, begann Kateri erneut damit, Lymes Namen zu rufen. Doch der verdammte Hurenbock blieb unauffindbar. Klar, denn er wollte sich ja auch gar nicht finden lassen. Und Lärm machten sie ja genug, damit Lyme sie orten und ihnen ausweichen konnte. Nachdenklich kaute Ondragon auf seiner Unterlippe. Eigentlich war es total sinnlos, was sie hier taten, und es war längst an der Zeit, Kateri aufzuklären, sonst irrten sie womöglich noch weitere Stunden vergeblich umher. Sie musste die Wahrheit über Lyme erfahren. Ondragon rang seine letzten Zweifel nieder.
    „Ähm, Kateri, warte mal.“
    Die unvergleichliche Miss Wolfe drehte sich um und sah ihn fragend an.
    Ondragon sprach mit Bedacht weiter. Er wollte die gerade gewonnene Vertrautheit nicht sofort wieder zerstören: „Erinnerst du dich noch? Vorgestern hat mich Mr. Lyme angesprochen. Mir schwant, das hängt mit seinem Verschwinden zusammen.“
    „Inwiefern?“
    Ondragon gab sich einen Ruck. „Er wollte von mir hören, ob es stimmt, dass ein menschenfressender Bär den Mann im Wald getötet hat.“
    „Und?“
    „Nun ja“, er kratzte sich am Hinterkopf, „ich habe ein bisschen übertrieben und behauptet, Deputy Hase hielte das Waldmonster für den Mörder. Den Wend- … du weißt schon.“
    „Du hast was getan?“
    Deutlich konnte Ondragon sehen, wie sich eine Gewitterwolke über Kateris Kopf zusammen braute. Verlegen zuckte er mit den Schultern. „Lyme ging mir auf die Nerven und ich wollte ihn loswerden. Aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht, was ich heute weiß!“
    „Und was ist das? Los, raus mit der Sprache.“
    Ondragon sprang ins kalte Wasser, ohne zu wissen, ob er je wieder auftauchen würde.
    „Ich kenne den Grund, warum Lyme bei Dr. Arthur in Behandlung ist. Er … das klingt jetzt vielleicht ein wenig verrückt, aber es ist wahr.“
    Kateri presste gereizt die Lippen aufeinander, und Ondragon beeilte sich, es ihr endlich zu verraten. „Lyme will sich auffressen lassen!“
    „Auffressen?“ Kateri blinzelte ungläubig.
    „Und

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