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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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zeigen. „Dr. Arthur!“
    Der Psychotherapeut nickte kaum merklich. Seine Hände lagen locker verschränkt auf seinem Schoß.
    „Es geht um Ihre hübsche Einrichtung hier. Ich bin in Besitz von stichfesten Beweisen, die Ihre, sagen wir mal, unorthodoxen Methoden bei der Behandlung von bestimmten Patienten der Lodge offenlegen. Beweise, die zeigen, welcher Art ihre Forschungen sind, die Sie hier betreiben und für die es mit Sicherheit keine offizielle Zulassung der Behörden gibt, weder hier in den USA noch in England noch sonstwo. Kurz: Sie sind ein Verbrecher und Sie decken die Verbrechen Ihrer Patienten, nehmen sogar Morde billigend in Kauf. Vielleicht haben Sie darüber hinaus auch die Beseitigung von Personen angeordnet - das wird eine Untersuchung noch zeigen. Mit Sicherheit aber sind Sie Mitwisser und Anstifter. Von unterlassener Hilfeleistung, Körperverletzung und Betrug am Patienten ganz zu schweigen.“
    Dr. Arthur sagte nichts, er hörte sich seinen Vortrag ruhig an.
    „Sie, Dr. Arthur, haben ein Netzwerk gegründet, in dem Kannibalen untereinander Kontakt aufnehmen und ihre Lebensart, anstatt sie zu verbergen, noch weiter kultivieren können. Sie haben einen Angelhaken ausgeworfen, der vermeintliche Hilfe suggerierte, und die Fische haben eifrig gebissen. Wie viele Kannibalen haben Sie hier schon ‚behandelt‘? Siebzig, oder mehr? Eine stolze Anzahl. Aber all diese verzweifelten Menschen haben Sie nicht hierhin eingeladen, weil Sie gedenken, sie an ihren Verbrechen zu hindern oder sie womöglich von ihren Leiden zu heilen. Nein, Sie sind bloß auf der Jagd. Auf der Jagd nach Opfern, die sich bereitwillig von Ihnen ‚behandeln‘ lassen und nicht ahnen, wofür ihre Fall-Akten dienen sollen. Das einzige, was Sie bewegt, Dr. Arthur, ist allein die Anerkennung der Fachwelt. Sie verzehren sich nach Ruhm und Ansehen, so wie Ihre Patienten sich nach Menschenfleisch verzehren. Sie können es kaum erwarten, in einem Forschungsbereich, der wahrhaft einzigartig ist. Sie wollen zum Siegmund Freud der Kannibalenforschung werden. Einen, den man oft zitiert, eine Koryphäe, die in die Geschichte eingeht und die weltweit um Rat gebeten wird. Deshalb haben Sie versucht, sich einen uneinholbaren Vorsprung zu verschaffen, und Ihre Kannibalenfarm gegründet. Sie wollten ins inoffizielle Guinness Buch der Rekorde. Sie wollten der Arzt sein, der weltweit die meisten Kannibalen untersucht hat. Ob nun auf legale Weise oder auf illegale, das war Ihnen gleich. Hauptsache, Sie stehen am Ende da wie der Sonnenkönig der Wissenschaft! Strahlend und unsterblich. So verhält sich die Angelegenheit doch, nicht wahr, Dr. Arthur? In Wahrheit sind sie ein Opfer Ihres eigenen erbärmlichen Ehrgeizes.“ Ondragon sah Dr. Arthur an. Er erwartete nicht, dass der Psychotherapeut auf seine Anschuldigungen einging. Dafür war der Kerl viel zu clever. Er beobachtete, wie sein Gegenüber bedächtig eine Hand hob und sich über sein Musketierbärtchen fuhr. Der Arzt schwieg, nur seine Augen waren unbeirrt auf Ondragon gerichtet. Sie blinzelten kein einziges Mal.
    Ein Schauer packte ihn. Dieser Mann verhielt sich nicht wie andere Männer, denen man ihr Scheitern vor Augen hielt. Ondragon rief seine Instinkte wach. Er würde auf der Hut sein müssen.
    Plötzlich erschien ein überlegenes Lächeln auf Dr. Arthurs Lippen. „Ihr Mut ist wirklich bewundernswert, Paul. Oder sollte ich besser sagen, Ihre Dummheit?“
    Ondragon blickte nun seinerseits schweigend zurück.
    „Ausgerechnet Sie drohen mir mit der Polizei? Das finde ich sehr, wie soll ich sagen, drollig. Sie wissen schon, dass ich Kenntnis über das habe, was Sie beruflich tun, Paul? Oder muss ich Ihnen erst noch unterbreiten, was ich während der Hypnose über Sie herausgefunden habe? Ich denke, Ihre Leichen im Keller decken sich vorzüglich mit den meinen.“
    „Bieten Sie mir etwa ein Patt an?“
    Dr. Arthur schürzte die Lippen.
    Was Ondragon befürchtet hatte, war eingetreten. Der Arzt hatte mit Hilfe der Hypnose weit mehr über ihn in Erfahrung gebracht als bloß die Ausschnitte, an die er sich erinnern konnte. Aber daran konnte er jetzt nichts mehr ändern. Sie mussten ihre Waffen kreuzen. Und wer die wirkungsvollste in den Händen hielt, würde am Ende siegen. Ihm ein Patt anzubieten, war absolut lächerlich, denn in diesem Kampf konnte es kein Unentschieden geben. Dr. Arthur wusste das mit Sicherheit, er wollte ihn nur auf unsicheres Terrain locken - auf einen Steg mit morschen

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