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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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beklebte Motorhaube. Ondragon musste grinsen. So ungefähr hatte er auch ausgesehen, als er und sein Auto sich das erste Mal begegnet waren. Er nahm sich vor, später noch einmal mit dem Kofferjungen zu reden. Vielleicht wusste er ja, was da im Wald vor sich ging.
    Das Behandlungszimmer der Spezialistin für Persönlichkeitsstörungen lag am Ende des Flurs im ersten Stock des Westflügels, und Ondragon betrat es pünktlich auf die Sekunde.
    Dr. Zeo war eine schmale Frau in den Vierzigern und ihr chinesisches Blut verlieh ihr eine alabasterne Attraktivität, die sie jedoch bewusst ungeschminkt ließ und mit sachlicher Kleidung zu verschleiern suchte. Sie begrüßte ihren neuen Patienten und führte ihn zu zwei bequemen Sesseln, die mit den Rückenlehnen zum Fenster standen. Nachmittäglich eingefärbtes Sonnenlicht fiel ungehindert in den phobikerfreundlich eingerichteten Raum, den die Klimaanalage angenehm kühl hielt. Sie setzten sich, und Dr. Zeo begann ohne Umschweife eine Liste von Fragen zu stellen, die sie säuberlich abhakte. Es war ein Test, der Ondragon aber keine Probleme bereitete. Die Fragestellung war lange nicht so abstrakt wie die von Dr. Arthur.
    Nachdem sie die Liste durchgearbeitet hatten, folgte ein vertrauliches Gespräch, wobei Dr. Zeo erwähnte, dass sie den von Ondragon vorab gelieferten Lebenslauf studiert habe und sich daraus einige etwas tiefergehende Fragen ergäben. Ondragon beantwortete auch diese bereitwillig, obwohl sie sehr intim waren und er sich irgendwie ertappt vorkam. Was hatte sein Sexualleben mit der Therapie zu tun? Und warum war es wichtig, zu wissen, ob er schon einmal einen Menschen getötet hätte?
    „Das ist notwendig. Machen Sie sich keine Sorgen, Mr. Ondragon.“ Sie hatte sein Unbehagen durchaus erkannt. „Das alles bleibt unter uns. Sämtliche Daten über unsere Patienten behandeln wir äußerst diskret.“
    „Wo lagern Sie denn diese Daten, wenn ich fragen darf?“ Er wollte diese Gelegenheit nutzen, um herauszufinden, wo die eigentlichen Informationen über die Insassen zu finden waren.
    Da Dr. Zeo nicht gleich antwortete, fügte er hinzu: „Ich möchte lediglich sicherstellen, dass mein Aufenthalt hier einer gewissen Sicherheitsstufe unterliegt. Meine Klienten dürfen nicht das Geringste davon wissen, und meine ‚Feinde‘ erst recht nicht, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    „Natürlich, Mr. Ondragon. Aber ich kann Ihnen versichern, dass die Daten gut aufgehoben sind.“
    „Werden sie verschlüsselt? Lagern die Festplatten in einem Safe?“
    Dr. Zeo nickte bei beiden Fragen. Okay.
    „Ist der Safe hier in der Lodge?“
    „In einem Raum mit Überwachung und Alarmanlage!“
    „Gut, jetzt kann ich wieder ruhig schlafen.“
    Dr. Zeo lächelte. „Sie sind nicht der einzige Sicherheitsfanatiker hier. Auch wir haben einen Ruf zu verlieren. Unsere Angestellten werden regelmäßig auf Zuverlässigkeit geprüft. Wenn etwas an die Öffentlichkeit dringt, gehen wir dem sofort nach und untersuchen den Fall. Gibt es ein Sicherheitsleck, wird es unverzüglich geschlossen.“
    „Heißt, der Mitarbeiter wird entlassen.“
    „Richtig.“
    „Und wie verhindern Sie es, dass dieser Angestellte möglicherweise seinen Frust ablässt und im Nachhinein weitere Details verrät?“
    „Sie lassen aber nicht locker, Mr. Ondragon!“
    „Das ist mein Beruf.“ Er hob die Schultern und machte ein unschuldiges Gesicht. „Allen Eventualitäten auf den Grund zu gehen.“
    „Ihre Liebe zum Detail ähnelt sehr meinem Betätigungsfeld. Sie hätten Psychoanalytiker werden sollen.“
    Ondragon lächelte. Er war viel mehr als das: Er war Psychoanalytiker, Wirtschaftswissenschaftler, Ausnahmeathlet, Fachmann für Völkerverständigung, Entsorgungsspezialist und Geheimagent in einem.
    Dr. Zeo kam auf das Thema zurück. „Jeder Angestellte unterschreibt mit seinem Arbeitsvertrag eine rechtlich verbindliche Einwilligung, die ihn dazu verpflichtet, auch nach seiner Entlassung absolutes Stillschweigen über alle Belange der Lodge zu behalten. An diese Einwilligung wird er durch einen dezenten Hinweis erinnert, nämlich dass er von einem von uns speziell beauftragten Unternehmen beobachtet wird und etwaige Versuche, Kapital aus Insiderinformationen zu schlagen, strafrechtlich verfolgt werden.“
    „Ah, so. Und die Gäste? Wie verhindern Sie, dass einige von ihnen zufällig aufgeschnappte Begebenheiten ausplappern?“
    „Deswegen wird von uns auch darauf hingewiesen, gegenüber den Gästen

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