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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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entgangen, doch er machte sich nichts daraus, er war es gewohnt, nicht von allen Menschen gemocht zu werden.
    „Vielen Dank für Ihr Verständnis, Mr. Norrfoss. Wir sehen uns.“
    Als der junge Schwede gegangen war, lehnte Ondragon sich zurück und schloss genervt die Augen. Wenn er weiter so unhöflich war, dann hätte er bestimmt bald viele Freunde unter den Gästen!

    Mit einer Mini-Diodenleuchte und einem Spezialwerkzeug in der Tasche, das er immer dabei hatte, egal wohin er verreiste, machte Ondragon sich auf den Weg. Es war kurz vor vier Uhr nachts. Um diese Zeit schlief mit Sicherheit auch die letzte Nachteule.
    Die Flure und der Treppenaufgang waren dunkel und ruhig. Ondragon trug ein dunkles T-Shirt und seine schwarze Baumwoll-Pyjamahose. Er ging barfuß. Das war am leisesten, und falls er doch erwischt werden sollte, konnte er behaupten, er wäre im Schlaf gewandelt.
    Er erreichte die Lobby und lauschte kurz. Der Mond schien durch die Glasscheibe der Eingangstür und warf ein Viereck aus silbernem Licht auf den grünen Teppich. Der Elchschädel mit den ausladenden Geweihschaufeln glotzte ihn vom Kamin her mit leeren Augenhöhlen fragend an.
    „Nicht weitersagen, Kumpel“, flüsterte er dem längst verflossenen Huftier zu und glitt lautlos hinter den Tresen. Sheila hatte alles ordentlich hinterlassen. Der Karteikasten war nirgendwo zu sehen, die Schubladen waren verschlossen. Ondragon zückte seine Dietrichsammlung und öffnete eine Schublade nach der anderen. Er fand einen Kalender, der nur Kürzel enthielt, eine kleine Geldkassette, Schreibzeug, Blanko-Formulare, eine Taschenlampe, Büroklammern, Locher und ein paar Low-Carb-Riegel. Der übliche Kram, nichts, womit man etwas anfangen konnte. Er verschloss die Schubladen wieder und wandte sich der Bürotür zu. In weniger als einer halben Minute hatte er das Schloss geöffnet und war im Raum. Er lehnte die Tür hinter sich an, lauschte erneut. Dann ging er zum Tresor, knipste die Diodenleuchte an und klemmte sie sich zwischen die Zähne. Die letzte Ziffer der Kombination war die Sieben gewesen. Also musste er nur noch die ersten drei herausfinden. Er fischte ein winziges stethoskopartiges Gerät aus seiner Hosentasche, steckte sich das eine Ende des Kabels ins Ohr und legte das andere auf die das kalte Metall der Tresortür. Er begann am Zahlenschloss zu drehen. Fünfzehn Minuten später öffnete sich die Tür.
    „ Sentry , mein Freund, ich wusste, dass wir uns verstehen!“ Ondragon leuchtete in das Innere des Tresors. Er fand den Karteikasten, einen Schlüsselbund, einen kleinen Alukoffer mit sämtlichen Gäste-Handys und das Kästchen mit den Autoschlüsseln. „Bingo!“
    Zuerst nahm er sich den Karteikasten vor. Die Karten waren alphabetisch geordnet und hatten Buchstabenkürzel als Titel.
    Mist! Er stellte den Kasten ab, nahm den Schlüsselbund aus dem Tresor und schlich sich aus dem Raum zum Empfangstresen. Vorsichtig öffnete er erneut eine der Schubladen, griff sich den Kalender und verschwand wieder in dem Raum. Mit der Leuchte zwischen den Zähnen fotografierte er den Kalender und die Karteikarten mit seinem iPhone. Die Kürzel und die Zeiträume würde er später in Ruhe abgleichen. ON-1, das sah er gleich, war die Abkürzung für ihn, WO-16 für Miss Wolfe und SH-2 für Mr. Shamgood. Leider war auf den Karten nichts über die Gründe der jeweiligen Aufenthalte vermerkt. Dr. Zeo hatte also Recht, die sensibleren Daten wurden woanders unter Verschluss gehalten. Das Wichtigste aber hatte er sichergestellt: Die Namen und Adressen. Damit konnte er schon viel anfangen.
    Er stellte den Karteikasten zurück in den Tresor, zögerte und nahm dann das Kästchen. Mit einem leisen Schaben öffnete sich der Deckel. Vier Autoschlüssel glänzten im weißen Licht der Leuchte: Der vom Mustang, der von Miss Wolfes Prius ‘, ein Chrysler- und ein Ford-Schlüssel. Mit Sicherheit von den beiden modernen Geländewagen, die auf dem Parkplatz standen. Wem sie gehörten würde sich leicht rausfinden lassen.
    Ein Geräusch ließ Ondragon aufhorchen. Rasch knipste er das Licht aus. Waren da Schritte?
    Nicht im Gebäude, sondern draußen.
    Er verharrte regungslos, hörte aber nichts mehr. Leise schob er das Kästchen zurück in den Tresor und verstellte die Zahlenkombination, hinterließ alles so, wie er es vorgefunden hatte. Sheila sollte schließlich keinen Verdacht schöpfen.
    Als er gerade den Kalender in die Schublade zurücklegte, drang erneut ein Geräusch an

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