Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
Vom Netzwerk:
die mitten auf dem frisch gemähten Rasen hinter dem Hauptgebäude stand. Ein Baum spendete ihm Schatten, und allmählich schien die beruhigende Atmosphäre der Lodge ihre Wirkung auf ihn zu entfalten, auch wenn der Fall mit der Leiche im Wald noch immer in seinem Hinterkopf herumspukte. Aber eigentlich, so musste er sich eingestehen, war es überhaupt nicht seine Aufgabe, sich darüber Gedanken zu machen. Darum kümmerte sich die Polizei, und er sollte sich besser auf das konzentrieren, weshalb er hier war: die Therapie.
    Sein Handy vibrierte. Er sah unauffällig nach, das Magazin als Tarnung darübergelegt. Es war eine SMS.

    Bin in Orr im Gateway Inn. Hatte eine gute Reise. Ganz schön gruselig hier ;-) Über Orchid habe ich nur herausgefunden, dass er seit April nicht mehr in Toronto wohnt. Angeblich ist er nach Europa gezogen, vermutlich Frankreich. Werde mich gleich um Bates‘ Nachbarn kümmern. Gruß, Charlize. PS: sieh mal in dein Postfach. Habe dir noch mehr Material zu den Parker-Morden geschickt. Mr. Hurley war sehr hilfsbereit.

    Charlize war ganz schön schnell. Aber sie hatte schon immer von jetzt auf gleich verreisen können, das machte ihr nichts aus. Ondragon sah in sein Postfach und öffnete die Mail. Sie enthielt zwei Anhänge. Der erste war ein weiterer Zeitungsartikel aus dem Archiv der Stadt Cook vom 03.07.1997:

    ORR JAGT KILLERBÄR , von Michael Strauss
    Orr, St. Louis County. Das ganze Städtchen Orr ist auf den Beinen, aber nicht, um Touristen zum Angeln zu fahren oder Barbecues auszurichten, es befindet sich auf der Jagd. Jeder, der eine Feuerwaffe halten kann, nimmt an der Hatz auf den Killerbären teil, von dem es heißt, er habe vor mehr als einem Monat eine Familie in ihrer einsamen Hü tte im Wald getötet. Das FBI ermittelt noch immer wegen des Mordes, doch die Einwohner von Orr sind sich sicher: Es war ein Bär. Und deshalb schritten sie jetzt zur Tat. Am gestrigen Sonntag organisierte der Sohn des Bürgermeisters, Matthew Coon, eine Treibjagd, bei der mehr als hundert Freiwillige mitmachten. Bis an die Zähne bewaffnet durchkämmten sie ein vier Quadratmeilen großes Gebiet nördlich von Orr, wo sich die Hütte der Opfer befindet. Ein Wanderer habe dort drei Tage zuvor einen besonders großen Bä ren gesichtet. Einzig Dr. Jill Layton, Direktorin der Forschungsabteilung von der American Bear Association, ansässig in Orr, versuchte die illegale Aktion der Bürger zu stoppen. Die Schwarzbären rund um das Vince Shute Sanctuary stünden unter Naturschutz und außerdem sei es noch nicht erwiesen, dass es tatsächlich ein Bär gewesen sei, der die Familie Parker getö tet hat. Die Verhaltensforscherin beschuldigt das FBI, diese Diskussion unnötig angeheizt zu haben. Durch die Zurückhaltung von Informationen über den Mord seien die Bären unberechtigterweise unter Verdacht geraten. Sie verlangt eine klare Aussage darüber, ob es nun tatsächlich Bisswunden an den Leichen des Ehepaares Parker gegeben hat und von welchem Tier sie stammen. Die Bären des Naturreservats, das seit 1995 nordwestlich des Pelican Lake besteht, sind Teil einer aufwendigen Studie, die den Wissenschaftlern mehr über die Verhaltensweisen der Tiere verraten soll. Laut Dr. Layton sind die Bären gleichfalls eine beliebte Attraktion von Orr und locken jedes Jahr viele Touristen an. Die Bewohner von Orr geben jedoch gerade der American Bear Association die Schuld am Tod der Parkers, da die Bärenpopulation in der Region seit der Gr ündung des Reservates erheblich gestiegen ist - ein Konflikt, der gestern zu einem traurigen Höhepunkt kam. Der wütende Mob von schießwütigen Bürgern war nicht aufzuhalten. Am Ende des Tages gab es zwei Abschüsse: einen Schwarzbären, der einen Sender der ABA um den Hals trug, und einen zweitausend Pfund schweren Grizzlybären, der in dieser Region ä ußerst selten vorkommt. Für Dr. Layton ist klar: Hier wurde nur ein Sündenbock gesucht und gefunden. Sie kündigte an, diese gesetzeswidrige Jagd und das Nichteinschreiten der Polizei an höchster Stelle zur Anzeige zu bringen. Die Bürger von Orr sind indes zufrieden, für sie ist der Grizzly der Killer. Sie hoffen jetzt auf einen ruhigen Ausklang der Sommersaison mit vielen begeisterten Touristen.

    Wenn das mal nicht ein dickes Ding ist, dachte Ondragon. Der Fall wies eine unübersehbare Ähnlichkeit mit der Leiche im Wald auf. Warum war bis jetzt noch niemand darauf gekommen? Oder war Dr. Layton nur deshalb bissig wie ein

Weitere Kostenlose Bücher