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Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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seiner Furcht hier zum Labor herausgefahren war, konnte nur daran liegen, dass der Kurier ihm ein fürstliches Entgelt geboten hatte. Philemon und Löwenstein halfen dem Boten beim Abladen einer großen Holzkiste, auf der „Vorsicht zerbrechlich!“ stand, und trugen sie ins Labor. Danach sprach der Mann kurz mit Dr. Tesla, ließ sich den Empfang der Sendung quittieren und bestieg die Kutsche. Mit einem fröhlichen Gruß verabschiedete er sich und fuhr eilig davon.
    Neugierig betrachtete Philemon die Kiste. Waren darin etwa jene besonderen Bauteile, von denen der Doktor in dem Gespräch gesprochen hatte, das er belauscht hatte? Er sah zu Dr. Tesla hinüber, in der bangen Erwartung, wieder fortgeschickt zu werden, doch zu seiner Überraschung durfte er der Öffnung der Kiste beiwohnen. Aufmerksam verfolgte er, wie Löwenstein einen großen Schraubenzieher nahm und den Deckel aufhebelte. Die Kiste war angefüllt mit Sägespänen. Vorsichtig wühlte Löwenstein darin herum und brachte ein Dutzend armlanger Schachteln zutage. Er pustete die Späne herunter und reihte die Schachteln mit ehrfürchtigen Bewegungen auf dem Boden nebeneinander auf. Anschließend überließ er es dem Doktor, sie zu öffnen. Tesla hob eine der Schachteln an und zog den Deckel ab. Philemon verrenkte sich beinahe den Hals, um sehen zu können, was darin war. Er gewahrte einen auf Watte gebetteten Glaszylinder. Er war doppelt so groß wie eine herkömmliche Weinflasche. Der Doktor nahm den Zylinder heraus und drehte ihn vor dem Licht hin und her.
    „Eine hervorragende Arbeit“, sagte er und gab den Zylinder an Löwenstein weiter, der ihn ebenfalls gründlich in Augenschein nahm. Als der merkwürdige Gegenstand endlich bei Philemon anlangte, wäre er ihm beinahe aus den Fingern geglitten, so nervös war er. Gerade noch rechtzeitig fing er ihn wieder auf und spürte, wie das Adrenalin heiß in seinen Gliedmaßen sprudelte.
    „Obacht, Mr. Ailey! Diese Bauteile sind ein Vermögen wert!“, sagte Löwenstein tadelnd und Philemon wurde rot. Vorsichtig betrachtete er das mysteriöse Objekt. Es bestand aus einem mundgeblasenen Glaszylinder und einem Sockel, aus dem mehrere polierte Kontakte herausragten. Das Innere war angefüllt mit einem abenteuerlichen Wirrwarr aus Drähten, Gittern, Metallplättchen und noch kleineren Glasröhren.
    „Sieht so ähnlich aus wie eine große Glühbirne“, konstatierte er schließlich.
    Tesla lachte leise. „In der Tat. Aber ich habe mich eher von Professor Lenards Hochfrequenzstrahlungsröhren und Sir William Crookes Schattenkreuzröhren zu dieser Konstruktion inspirieren lassen. Ich habe ihre Erfindungen für meine Zwecke weiterentwickelt und nenne meine Objekte bisher schlicht Kathodenstrahlröhren, bis mir etwas Besseres einfällt. Sehen Sie diese kleinen Stifte und das Metallgeflecht im Innern?“
    Philemon nickte. „Und was bezwecken Sie damit?“
    „Nun, für unsere Versuche ist es unerlässlich, Frequenzen präzise modulieren zu können. Unsere Oszillatoren sind in den Bereichen, in die wir mittlerweile vorgedrungen sind, zu ungenau und viel zu reaktionsträge. Diese Röhren reagieren blitzschnell, man muss nur die Spannung erhöhen oder verringern. So, und nun lassen Sie uns die Röhren in die dafür vorgesehene Apparatur einbauen.“ Tesla wies auf den mehrere Meter langen Schrankkasten aus Messing an der Rückwand des Labors, von dem Philemon bisher angenommen hatte, er sei ein Bestandteil des Oszillators. Löwenstein zog einen Schlüsselbund hervor und öffnete die diversen Vorhängeschlösser, die daran angebracht waren. Dann zog er die Türen auf, und Philemons Augen weiteten sich, als er sah, dass sich dahinter eine Reihe bereits eingebauter Röhren verbarg. Noch überraschter war er allerdings, als er die große Uhr entdeckte, die in dem Sockel mit den Röhren eingelassen war.
    War das ein weiteres Mysterium, das man ihm offenbarte? War das nun schlussendlich jene erhoffte Einweihung, von der der Doktor gesprochen hatte, oder nur ein Test? Ein weiterer Schritt auf dem steinigen Weg der Prüfung seiner Vertrauenswürdigkeit? Wie dem auch sei, dachte Philemon, immerhin wusste er jetzt, warum der Schrank immer abgeschlossen gewesen war. Niemand sollte die Röhren und das geheime Herzstück des Labors sehen. Plötzlich kam ihm die Skizze von Myers in den Sinn. Darauf war ebenfalls ein länglicher Kasten mit einer Reihe nummerierter Kreise eingezeichnet worden. Waren die Kreise vielleicht die Röhren?

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