Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
dieses vermeintliche Gerät von Tesla nun?“, wollte er wissen.
„Mit einer Apparatur, die Nullpunkt- oder freie Raumenergie auffängt“, erklärte Kubicki, „wäre man in der Lage, Energie zu gewinnen, umsonst, sauber und unbegrenzt.“
„Demnach ein Perpetuum mobile?“
„Nein. Das, was wir suchen, ist kein verdammtes Perpetuum mobile. Der Apparat von Tesla – wenn er denn existiert – ist um ein Vielfaches großartiger. Denn er läuft nicht nur von alleine und ganz ohne Energiezufuhr, er produziert gleichzeitig auch noch überschüssige Energie! Wissen Sie, was das bedeutet? Wir hätten keine Energieprobleme mehr!“
21. Kapitel
02. August 1899 Colorado Springs am Abend
Die Sonne senkte sich über dem Kamm der Rocky Mountains und tauchte die Ebene in orangefarbenes Licht. Alles stand bereit, die Apparaturen waren justiert und die Assistenten voller Tatendrang. In ihre Gummischürzen gewandet warteten sie darauf, dass Dr. Tesla aus seiner Kammer kam und das Startsignal für das Experiment gab. Philemon hockte draußen in der Prärie auf einem Holzschemel, blickte auf das Gebäude des Laboratoriums und genoss die kühler gewordene Luft. Seine Aufgabe war es gewesen, in einer Entfernung von hundert Metern mehrere Reihen von Glühbirnen in die Erde zu stecken. Zweihundert Stück, um genau zu sein. Jetzt wartete er auf das große Wunder, das Dr. Tesla ihnen angekündigt hatte, an dessen Eintreten er allerdings zweifelte. Er wusste, dass der Doktor in der Lage war, Energie auf kurze Distanz drahtlos zu übertragen, das hatte Czito kurz zuvor im Labor demonstriert, um zu testen, ob die Oszillatoren funktionstüchtig waren. Philemon hatte gestaunt, als die Glühbirne in Czitos Hand wie aus dem Nichts zu leuchten begonnen hatte, und der grinsende Serbe damit in einem gewissen Umkreis beliebig umherwandern konnte. Aber das Gleiche jetzt mit der Erde als Leiter über hundert Meter hinweg zu versuchen … war völlig verrückt, egal, was der Doktor behauptete.
Die Sonne versank hinter den gezackten Bergrücken, und violette Schatten legten sich über das weite Land. Philemon wollte einen Blick auf seine Taschenuhr werfen, stellte aber fest, dass er sie im Hotel gelassen hatte. Bei den Versuchen durfte man schließlich nichts Metallisches bei sich tragen. Und so wartete er weiter, bis der letzte violette Streif am Firmament sich ganz zu Schwarz gewandelt hatte und es stockdunkel wurde in der Prärie. Grillen zirpten und in der Ferne rief ein Kojote. In diese verhaltene Symphonie der Natur brach so unvermittelt ein lautes Knistern, dass Philemon zusammenzuckte. Er wollte sich zum Laboratorium umdrehen, da begannen im selben Augenblick die Glühbirnen zu seinen Füßen zu leuchten. Alle zweihundert Stück!
Vor Schreck und Begeisterung sprang er vom Hocker auf und lief durch die Reihen der Lampen, die wie an einer Girlande aufgereiht aus dem trockenen Präriegras ragten. Einige von ihnen flackerten leicht.
„Es funktioniert!“, schrie Philemon und hob beide Arme. „Es funktioniert tatsächlich! Es ist ein Wunder!“ Doch genauso plötzlich, wie die Lichter angegangen waren, erloschen sie wieder, und Philemon stand im Dunkeln. Immer noch zirpten die Grillen und das Yip-yip der Kojoten schallte zu ihm herüber. Alles wirkte so, als sei nichts geschehen. Philemon ließ die Arme sinken und versuchte, in der Dunkelheit zu erkennen, was im Labor vor sich ging, doch dort herrschte absolute Stille. Dann wurde das Licht im Gebäude angeschaltet und Löwenstein und Tesla lugten zur Tür hinaus.
„Haben Sie das gesehen?“, rief Philemon ihnen zu und zeigte auf die Birnen.
„Ja, fabelhaft, nicht wahr?“, rief Tesla zurück. „Warten Sie, wir wiederholen den Versuch gleich mit einer höheren Spannung, dann dürften die Lampen noch heller strahlen.“
Und wirklich. Als die Glühbirnen erneut zu leuchten begannen, war Philemon geblendet von ihrer Helligkeit und musste seine Augen mit einer Hand abschirmen. Er hörte, wie einige der Birnen mit einem leisen Klirren durchbrannten, die anderen aber strahlten mit unverminderter Kraft weiter. Verzaubert von dem Anblick ging Philemon mit ausgebreiteten Armen durch die Reihen der Birnen. Sie machten die Nacht zum Tage und lockten etliche Nachtfalter an. Wie betrunken tanzten die Motten über dem magischen Licht. Philemon legte den Kopf in den Nacken und blickte in den Himmel hinauf. Die ersten Sterne strahlten zurück, als wollten sie die Lichter zu seinen Füßen
Weitere Kostenlose Bücher