Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
gegen Weedsweep gemacht, er war zusätzlich auch noch immun gegen jeglichen Befall von Schädlingen. Laut eines euphorischen Firmenberichtes von 2002 war es den Darwin-Biotechnikern gelungen, Gene eines bestimmten Organismus‘ in das Mais-Genom einzuschleusen, der sämtliche Schadinsekten binnen kürzester Zeit abtötete. Um welchen Organismus es sich dabei handelte, hielt Darwin Inc. als Betriebsgeheimnis unter Verschluss – um Konkurrenten nicht zur Nachahmung zu animieren, solange der Mais sich noch in der Testphase befände, wie es hieß.
Klick.
Das würde zwar zu dem passen, was Rod erzählt hatte, dachte Ondragon, klang aber wie eine gezielte Verharmlosung. Genau wie die anderen Statements des Konzerns: das neu entworfene Produkt sei für den Menschen auf jeden Fall ungefährlich, es wirke lediglich im Verdauungstrakt von Insektenlarven tödlich und sei ein Segen für Menschen und Umwelt, denn neben einer Ertragssteigerung beschere der Mais der Umwelt eine geringere Belastung mit Pestiziden, blablabla. Das übliche Gesülze. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Klick.
2005 waren die Fütterungsstudien für DWIN 411 an Versuchstieren abgeschlossen, und die Maissorte wurde vom US-Landwirtschaftsministerium als unbedenklich eingestuft. Kurz darauf erhielt sie ihre Zulassung in den USA. Es folgten Mexiko, Brasilien, Indien und die EU. Soweit, so gut, DWIN 411 gelangte auf die Felder, und der Rubel rollte in die Tasche von Darwin Inc. … wäre da nicht wieder Deutschland gewesen.
Damit befasste sich der letzte Artikel. Die Bevölkerung Deutschlands schien nicht gerade tolerant gegenüber Gentechnik im Allgemeinen und im Besonderen den daraus produzierten Lebensmitteln zu sein. Im Gegensatz zu den USA, wo die Anbaufläche von genmanipulierten Nutzpflanzen bereits haarsträubende 67 Millionen Hektar betrug, gab es in Deutschland keinen nennenswerten kommerziellen Anbau. Kaum war die Wunderwaffe DWIN 411 im Jahre 2005 auf dem Markt, verbot der deutsche Landwirtschaftsminister kurzfristig den Verkauf des Saatgutes. Grund dafür war, dass der Mais angeblich nicht nur schädliche Insekten kille, sondern auch nutzbringende Arten wie Bienen, Schmetterlinge und Käfer – also alles andere Krabbelviehzeugs. Darwin Inc. klagte natürlich gegen das Verbot, verlor aber überraschend den Prozess. Denn tatsächlich konnte ein Rückgang der allgemeinen Biodiversität und nutzbringenden Insekten in der Nähe von DWIN 411-Feldern nachgewiesen werden. Ob das nun aber an dem Mais lag oder anderen Parametern, war jedoch nicht ganz klar. Den Deutschen reichte dieses Ergebnis jedenfalls aus, und daraufhin erneuerte die Bundesrepublik 2006 das Verbot, DWIN 411 auf deutschen Agrarflächen anzubauen, zum großen Ärger von Darwin Inc. Dem Beispiel folgten wenig später Frankreich, Dänemark und Österreich – ein gefährlicher Trend für Darwin Inc., das ein frühzeitiges Aus für seine neueste Erfindung fürchtete und nun mit Hochdruck an einer Verbesserung seines Produktes arbeitete.
Klick.
Nachdenklich kaute Ondragon auf dem Ende des Kugelschreibers herum. Nach was war in dem Labor hier auf Haiti geforscht worden? War es etwas Hochansteckendes für den Menschen oder etwas Gefährliches für die Umwelt? Warum diese Sicherheitsmaßnahmen? Und was war hier so Geheimes im Gange gewesen, dass man dafür sogar die Mailmen beseitigt hatte? War es Darwin Inc. selbst gewesen oder hatte der Konzern nur den Auftrag dazu erteilt, so wie es zuvor DeForce einen Auftrag erteilt hatte?
Unschlüssig schwebte der Stift über dem Block, aber es gab nichts mehr zu notieren. Ondragon wusste es einfach nicht. Auch sah er sich nicht in der Lage, Rod seine Vermutungen mittzuteilen. Er fürchtete, der Brite könne sich persönlich angegriffen fühlen und zu einem unüberlegten Gegenschlag ansetzen – was nicht gut für ihn ausgehen würde, denn bei allem, was Ondragon bereits über Darwin Inc. herausgefunden hatte, war es nicht ratsam, sich mit dem Biotech-Kraken anzulegen.
Klick, klick.
Er steckte den Notizblock weg und kehrte zu den anderen beiden zurück, die mittlerweile ihr spärliches Mahl, bestehend aus kalt angerührtem Kartoffelpüree, einer Hartwurst mit Bacongeschmack und einer in Folie verpackten Eierwaffel, längst vertilgt hatten und nun stumm und mit aufgerissenen Augen auf ihren Schlafsäcken saßen.
„Was ist? Warum schaut ihr, als hättet ihr den Geist von Elvis gesehen?“
„Hast du das nicht gehört?“, flüsterte
Weitere Kostenlose Bücher