Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
der Wohncontainer zwischen den Bäumen hindurch. Daneben konnte Ondragon zusammengestürzte Gebäudeteile im dichten Grün des Waldes ausmachen. Das musste der gesprengte Eingang zur Mine sein. Das umzäunte Gelände wirkte verlassen, trotzdem wollte er es mit der nötigen Vorsicht betreten.
Er gab Signal und machte sich daran, den anderen beiden voran den Hang hinabzusteigen. Nach wenigen Yards empfing sie die erfrischend grüne Vegetation der Senke und es wurde spürbar kühler und dunkler. Das lag aber nicht nur am dichten Blätterdach des Waldes … Ondragon sah auf die Uhr. Es war 18.12 Uhr. In wenigen Minuten würde auch die Sonne verschwinden und die tropische Nacht buchstäblich über sie hereinbrechen. Er beeilte sich, einen Weg durch das Unterholz zum Zaun zu finden.
Plötzlich stoppte er.
Der Geruch, der ihm in die Nase wehte, war unmissverständlich.
In der Nähe verweste irgendetwas vor sich hin.
Er bedeutete den anderen, auszuschwärmen und nach der Quelle des Gestanks zu suchen.
Die Madame fand sie schließlich und machte Ondragon und Rod mit einem erstickten Laut darauf aufmerksam. Mit einer Hand vor dem Mund und der anderen auf einen Busch zeigend, stand sie da. Tränen standen in ihren Augen, als Ondragon neben sie trat und die Zweige des Busches zur Seite bog.
„Na, da hätten wir Mitglied Nummer zwei der Expedition“, sagte er trocken und beugte sich zu dem verstümmelten Leichnam hinab, dem die Geier mit chirurgischer Präzision längst sämtliche Weichteile entfernt hatten. Leere Augenhöhlen starrten ihn an, aber Gesicht und Körper waren definitiv weiblich. „Die Mutter oder die Priesterin?“
Die Madame wagte einen kurzen Blick. „Der Kleidung nach die Mambo!“, stieß sie hinter der vorgehaltenen Hand hervor und wandte sich schnell wieder ab.
„Die gleichen Wunden, wie bei dem Jungen“, stellte Rod sachlich fest.
Es stimmte. Mehrere Schnitte übersäten die Arme der Toten, doch tödlich war vermutlich der tiefe Spalt gewesen, der zwischen ihrem Hals und der Schulter klaffte.
„ What a mess! Muss ein mächtiger Hieb gewesen sein. Außerdem fehlt der Frau die halbe rechte Hand. Der Schlag kam bestimmt von vorn und sie hat versucht, ihn abzuwenden. Ich tippe auf Machete, für eine Axt sind die Schnitte zu lang.“
Ondragon nickte. Er kannte all die Arten von Verletzungen, die eine Machete verursachen konnte.
Aus Afrika.
Lang vergessene Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf. Ein niedergebranntes Dorf, zerhackte Körper von Männern und Frauen, die sich geweigert hatten, ihre Kinder für den unseligen Krieg der Rebellen herzugeben. Bei seinen Jobs für DeForce hatte er so einiges gesehen. Manches hatte ihn nicht tangiert, manches doch. Deshalb hatte er damals begonnen, den Rest seiner Gefühle ins Gefrierfach zu verlagern.
„Wie lange liegt sie dort schon tot?“, hörte er die Madame in seine Gedanken hinein fragen.
„Hmm.“ Rod lehnte sich vor und stieß die Leiche mit der Gewehrmündung an. Der Körper war längst nicht mehr steif. „Mindestens vier Tage, schätze ich.“
„Und was machen wir jetzt?“ Der Madame war ihre Beklommenheit deutlich anzusehen. Blässe hatte sich über ihre dunkle Gesichtshaut gelegt.
„Wir machen weiter wie geplant, suchen den Zaun und sehen uns danach auf dem Gelände um“, antwortete Ondragon. „Ich will mir einen ersten Eindruck verschaffen, um für morgen einen Plan zu entwickeln. Wenn alles klar ist, ziehen wir uns an den Berghang zurück und errichten unser Lager an einer Stelle, von der aus wir einen guten Überblick über das Terrain haben. Und jetzt los, wir haben nicht mehr viel Zeit, bis es dunkel wird. Ich gehe vorweg. Und Rod, du sicherst nach hinten.“
„ Aye! “
Sie setzten sich in Bewegung und schlichen weiter durch den dschungelartigen Wald. Schon nach wenigen Minuten versperrte ihnen ein zehn Fuß hohes Stahlgebilde den Weg.
„Das ist aber mal ein Sicherheitszaun!“, sagte Rod ehrfurchtsvoll und mit gedämpfter Stimme. „Aber wo ist das Loch, das meine Mailmen hineingeschnitten haben?“
„An der östlichen Seite, so stand es im Bericht“, flüsterte Ondragon.
„ All right . Let’s go! “
Plötzlich knackte es hinter ihnen im Gebüsch.
Ondragon und Rod fuhren gleichzeitig herum und zielten mit ihren Sturmgewehren auf das undurchdringliche Grün. Auch die Madame lauschte gebannt und mit geblähten Nasenflügeln, die Hand an der Desert Eagle im Holster.
Doch das Geräusch kam nicht
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