Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
den benutze ich doch sowieso schon.“
„Und hast du eine Verkleidung?“
„ Hai , die Rechtsanwalts-Schnüfflerin. Unauffällige, aber praktische Kleidung, etwas füllig, Brille und dunkle Augenringe. Detektivarbeit macht schließlich dick und müde.“
„Perfekt. Wenn du im neuen Hotel bist, verhältst du dich erstmal ruhig. Unternimm keine Nachforschungen mehr, bleib in deinem Zimmer und guck fern oder so, bis ich dir Bescheid gebe. Es ist zu gefährlich, diese Kerle zu provozieren. Die haben drei Mailmen und einen Springer von DeForce auf dem Gewissen. Und das waren keine Anfänger, die sich einfach so hätten überrumpeln lassen!“
„Schon klar, Chef. Ich passe auf.“ Charlize klang genervt, so als hätte er sie in ihrer Profi-Ehre beleidigt. „Und, was habt ihr in New Orleans als nächstes vor?“
„Wir werden uns einen Plan zurechtlegen, wie wir die Schweine, die Rods Mailmen getötet haben, drankriegen. Das Material aus dem Labor wird uns dabei eine Hilfe sein. Aber der Plan muss verdammt gut sein, denn mit einem Konzern wie diesem legt man sich nicht unvorbereitet an! Mit plumper Erpressung kommt man bei denen nicht weit, da braucht es eine ausgeklügelte List. Halte dich bereit. Wenn es so weit ist, kommen wir womöglich nach Portland. Aber bis dahin hältst du die Füße still, versprichst du mir das?“
Am anderen Ende stieß Charlize einen theatralischen Seufzer aus. Das tat sie immer dann, wenn sie etwas versprechen musste, von dem er wusste, dass es ihr schwerfallen würde, es einzuhalten. „Na gut, versprochen!“, klagte sie mit erwartungsgemäßer Niedergeschlagenheit. „Aber ich werde mich zu Tode langweilen!“
Ondragon lächelte. „Ich hoffe nicht!“, sagte er, verabschiedete sich und steckte das Handy in seine Tasche. Dann warf er sich ausgestreckt auf das große Bett mit dem schmiedeeisernen Gestell, und kaum hatte sein Kopf das wundervoll weiche Kissen berührt, war er auch schon eingeschlafen.
Die Weckfunktion seines Handys ließ ihn wach werden. Es war 16.30 Uhr. Mit steifem Rücken setzte Ondragon sich auf und betastete sein Jochbein. Es tat immer noch höllisch weh. Vielleicht würde er irgendwo in diesem Haus eine Schmerztablette finden. Aber zuerst wollte er noch ein paar Anrufe erledigen. Er zog erneut das Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer in Los Angeles.
„Ja?“
„Strangelove, schön, dass ich dich erreiche. Hast du mittlerweile Ergebnisse von der Analyse des Pulvers aus den Briefumschlägen?“
„Ah, ja. Warten Sie, Mr. Ondragon.“ Er raschelte am anderen Ende, wahrscheinlich, weil der junge Chemiker sich das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt hatte und nach den Unterlagen suchte. „Da hab ich’s. War im Übrigen gar nicht so einfach. Aber Ihr Hinweis auf Toxine war recht hilfreich. So habe ich nicht allzu lange im Dunkeln tappen müssen. Das Zeug ist übrigens höllisch gefährlich. Es wirkt hauptsächlich über Hautkontakt, aber auch über die Schleimhäute und die Lunge, wenn man genug davon einatmet. Schneller geht’s allerdings über einen kleinen Ritzer im Finger, zack, und man hat ein Date mit dem Gevatter.“
„Und was war jetzt drin?“
„Ein Bestandteil waren Glassplitter. Genauer gesagt, Spiegelsplitter, feingemahlen.“
„Spiegelsplitter?“
„Ja, ich habe Silberpartikel von der Beschichtung entdeckt. Die Splitter dienen vermutlich dazu, die Aufnahme des Giftgemisches über die Haut zu erleichtern, denn das Glas reizt oder verletzt die Haut. Die Ingredienz, die quantitativ am höchsten in dem Pulver vorhanden war, ist übrigens Tetrodotoxin, das Gift des Kugelfisches. Ein Nervengift, das 500mal wirksamer ist als Zyanid.“
„Das kenne ich. In Japan isst man den Kugelfisch roh als Sashimi. Man nennt ihn Fugu. Der reinste Nervenkitzel, das zu essen, im wahrsten Sinne des Wortes! Jedes Jahr gibt es über hundert Todesfälle wegen Fugu.“ Und es war eine Kunst, ihn zuzubereiten, dachte Ondragon. Nicht immer ging das gut. Manche Gourmets wollten die Grenze der Genießbarkeit immer weiter hochsetzen und immer mehr Gift zu sich nehmen. Das war dann ungefähr so wie Russisch Roulette. War das Quantum Gift zu hoch, das man verzehrt hatte, stellte sich nach relativ kurzer Zeit eine Gefühlstaubheit in den Extremitäten ein, die sich schnell auf den ganzen Körper ausdehnte. Dazu kamen Atembeschwerden, die bis zum Atemstillstand führten. Man war komplett gelähmt und erstickte ganz einfach.
„Ich habe das Zeug mal
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