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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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ausdehnen. Er war Teil einer Gleichung, deren Ausgang er nicht kannte. Eine tonnenschwere Last krachte auf ihn herunter und presste die Luft explosionsartig aus seinen Lungen. Ein Schlag gegen den Kehlkopf lähmte seine Stimmbänder. Ein weiterer Hieb donnerte gegen seine linke Schläfe und er verlor das Bewusstsein. Hinüber in die Dunkelheit begleitete ihn nur ein einziges Bild: Badawi, wie er sich auf den Hund stürzte.

Neun
    Grenzübergang Schaffhausen | 22 Grad
    »Wie lange dauert das denn noch?« Kayan stand rauchend neben seinem Wagen. Auf der Autobahn war kaum etwas los gewesen, vor dem Grenzübergang jedoch stauten sich die Fahrzeuge auf mehreren Kilometern. Zwei Hubschrauber mit Suchstrahlern kreisten über einem angrenzenden Waldstück.
    »Jetzt machen sie alles dicht«, sagte ein Mann mit Halbglatze und pinkelte ungeniert neben seinen Mercedes. Sein bulliger Oberkörper steckte in einem wallenden weißen Seidenhemd, das am Rücken festklebte. Schweißgeruch wehte zu Kayan herüber, der versuchte, durch den Mund zu atmen. »Wollen Sie noch was rüberbringen?«, fragte der Mann und schloss den Hosenladen.
    Kayan konnte den Akzent nicht zuordnen. Vielleicht ein Russe. Die hatten oft diesen wulstigen Hals, der sie evolutionär in die Reihe hinter den Pitbull stellte. Auftragskiller aus Russland waren Schlächter. Sie kamen aus ärmlichen Verhältnissen und hatten früh gelernt, ihr Mitgefühl auszuschalten, wenn es um den eigenen Vorteil ging. Das war kein Vorurteil, sondern die bittere Wahrheit. Wer in das Fadenkreuz einer russischen Tötungsmaschine geriet, konnte von Glück sagen, wenn sein Tod keine abschreckende Wirkung haben sollte. Selbst die Triaden oder die Mafia waren harmlos gegen das, was seine russischen Kollegen abzogen. Sie waren allesamt Sadisten. Kayan führte das auf das strenge, von Prügelstrafen und Männlichkeitsritualen geprägte Erziehungsmodell zurück.
    »Will nur ein bisschen Schwarzgeld rüberbringen«, scherzte Kayan. Er war gut gelaunt. Der Immobilienmakler hatte vorhin angerufen und gesagt, dass er für die Reparatur der Schäden aufkommen würde. Aus einem Gutachten, das den gesamten Gebäudekomplex betraf, würde hervorgehen, dass nicht mit weiteren Rissen zu rechnen und keine Destabilisierung der Bausubstanz zu befürchten sei. Sein Traum konnte also doch noch in Erfüllung gehen. Natürlich würde er ein Zweitgutachten anfertigen lassen. Aber warum sollte ihn der Makler belügen? Was hatte er davon? Kayan konnte die Baumängel ja schriftlich fixieren und ihn im Ernstfall dafür haftbar machen.
    »Die filzen jedes verdammte Auto«, sagte der Mann.
    »Wo müssen Sie hin?«, fragte Kayan.
    »Zürich.« Der Mundwinkel des Mannes zuckte kurz nach oben. »Kann ja nicht warten, bis die Sache wieder unter Kontrolle ist. Diese linken Idioten infizieren noch die ganze Welt mit ihrem Wahnsinn. Die wissen gar nicht, was sie da anrichten. Die Unruhe treibt das Kapital aus Europa. Eine Hetzjagd wie im Mittelalter ist das. Sollen sie mal schauen, wo sie bleiben, wenn alles kaputt ist.«
    »Ich finde es beeindruckend, was diese Leute machen«, sagte Kayan.
    »Finden Sie?« Der Russe musterte ihn skeptisch. »Was machen Sie denn beruflich?«
    »Beratung. Mittelständische Unternehmen.«
    »Und dann können Sie so ruhig bleiben?« Der Mann kniff die verquollenen Augen zusammen. »Oder wissen Sie vielleicht, wie man jetzt ein bisschen Geld macht? Haben Sie ein paar Insiderinformationen?« Obwohl der Mann lachte, konnte man ihm ansehen, dass diese Frage durchaus ernst gemeint war.
    »Nein«, sagte Kayan.
    »Und wenn, dann würden Sie mir das mit Sicherheit nicht sagen.« Der Russe schmunzelte. »Wer die richtigen Informationen hat, kann im Augenblick richtig absahnen. Die Leute wollen ja alle schnell ihr Geld in Sicherheit bringen, bevor es nichts mehr wert ist. Irgendwie ist der Mumm dieser neuen Occupy-Leute ja auch bewundernswert. Sie führen uns vor, wie leicht sie die Börse und alles, was damit zusammenhängt, manipulieren können. Dennoch muss man sie mit allen Mitteln bekämpfen. Schließlich geht es auch um Unternehmen und Arbeitsplätze. Ich möchte mir nicht ausmalen, welche Kosten da wieder auf uns zurollen.«
    »Man sollte die demokratische Ordnung schnellstmöglich wiederherstellen«, fügte Kayan halb im Scherz hinzu.
    Der Mann schien den ironischen Unterton nicht zu bemerken und fuhr unbeirrt fort: »Meine Kundschaft wird langsam unruhig. Aus Panik vor diesen selbst ernannten

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