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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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Kieselsteine begleitet. Der Geruch des Waldes legte sich beruhigend über Samuels Gedanken.
    No hay mal que por bien no venga. Diesen Spruch hatte sich Samuel gemerkt. Emilia hatte ihn immer dann aufgesagt, wenn ihr beim Kochen etwas angebrannt war oder sie von ihrem Bruder mal wieder um Geld angebettelt wurde. Alles Schlechte hat auch seine gute Seite. Wie recht sie doch hatte. Er mochte den Klang dieser Sprache und hatte trotzdem nur ein paar Sätze behalten. Wenn das hier vorbei war, würde er einen Kurs machen und Emilia damit überraschen. Das hätte er schon viel früher tun sollen.
    Sie hielten auf einer kahl rasierten Kuppe, einer Lichtung mit Hunderten von Baumstümpfen, so groß wie ein Baseballfeld. Das Windkraftrad über ihnen drehte sich fauchend und schnell. Der längliche Schatten sauste wie ein Springseil über den aufgebrochenen matschigen Boden.
    »Sollen wir hier das Paket abliefern?«, fragte Samuel und hielt Badawi ein Plastikschälchen mit Wasser hin. Wahrscheinlich hasste ihn der Kater mittlerweile dafür, dass er ihm auf seine alten Tage noch so einen Horrortrip zumutete.
    »Geht’s ihm gut?«, erkundigte sich Fabienne, nachdem sie wieder aus den Büschen zurückgekehrt war. Sie steckte sich eine Zigarette an. »Wir haben noch etwa dreihundert Kilometer vor uns, schafft das dein Weggefährte?«
    »Denk schon«, meinte Samuel. »Hat nur keinen Hunger. Wahrscheinlich ist ihm das alles zu viel.« Samuel befestigte die dünne Leine an Badawis Halsband. Fabienne blies lächelnd den Rauch aus. »Wie süß. In rosa. Willst du mit ihm Gassi gehen?«
    »Ich will nur nicht, dass er wegläuft. Er ist neugierig und liebt die Freiheit.«
    »Offensichtlich ist er aber trotzdem immer zu dir zurückgekehrt. Das ist ein gutes Zeichen.«
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Samuel ungeduldig.
    Fabienne hielt ihm eine Flasche mit Wasser hin und er trank. »Mach ruhig leer. Diesmal hab ich schon.« Sie stieg auf den Betonsockel des Windrads, zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete damit eine Tür am Fuße des Turms. Im Angesicht der weit in den Himmel ragenden Stahlkonstruktion wirkte sie winzig. Sie verschwand im Bauch des Kraftwerks und kehrte mit einer Kabeltrommel zurück.
    »Willst du deinen Freund kurz anbinden?«, rief sie über das Summen und Schlagen der Flügel hinweg und begann, das Kabel abzurollen. Samuel band Badawi an und kam ihr zu Hilfe. Fabienne öffnete eine Klappe hinter dem Sitz des Motorrads, zog einen Stecker heraus und betätigte einen Schalter. Dann verschwand sie noch einmal im Turm und kam mit einem Handy zurück. Es sah unbenutzt aus. Sie schaltete es an.
    »Ihr habt wirklich an alles gedacht«, sagte Samuel erstaunt.
    »Wir haben in One eine Gruppe gegründet, die sich nur mit Energiefragen beschäftigt.« Sie zupfte die Folie vom Display des Handys. »Sie haben Patente ausgegraben, die dank einer brutalen Lobbyarbeit bis heute unter Verschluss gehalten werden. Auch dafür brauchen wir die Wende. Es kann nicht sein, dass die Industrie bestimmt, wann der richtige Zeitpunkt ist, die Umwelt und damit uns alle zu retten.«
    »Aber was kommt danach?«, fragte Samuel. Er wusste, dass er die Frage schon einmal gestellt hatte. »Was wird dann? Wollt ihr alle einsperren, die sich gegen euch stellen?«
    »Nein, es gibt keine Alternative zur Demokratie. Aber die Stunde null muss ein wirklicher Neuanfang sein. Sie darf nicht von Politikern angeführt werden, die nur darauf aus sind, wiedergewählt zu werden, und dafür die langfristigen Pläne aus dem Blick verlieren.«
    »Und du glaubst, dass Kyoti so jemand ist? Wo hast du ihn eigentlich kennengelernt? Beim Studium?«
    »Nein, er ist ja doch ein paar Jahre älter als ich. Wir sind uns auf einer LAN-Party begegnet. Pablo hab ich an der Uni getroffen. Er hat sich getraut, aufzustehen und unseren gelangweilten Profs etwas entgegenzuhalten. Er hat seine eigenen Theorien entwickelt und mir gezeigt, dass es immer schon Menschen gab, die verstanden haben, was abgeht, und das ändern wollten. Aber nur wenige Ideen haben die Zensur der Leistungsgesellschaft überstanden. Die meisten hat man mit dem Stempel ›Ideologie‹ versehen und lächerlich gemacht, weil am Ende immer dasselbe herauskam: Um anderen zu helfen, muss man bereit sein, etwas abzugeben. Und das bedeutet, dass man seine eigenen Ansprüche einschränken muss.«
    »Und Pablo hat dir also One gezeigt.«
    »Ja, er gehört zu den jüngsten Leuten, die One von Anfang an

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