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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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System von den Bankfilialen in Hongkong. Erst nachdem die eine Tür geschlossen war, öffnete sich die dahinter. »Willst du hier warten?«, fragte er.
    »Jetzt, wo’s spannend wird? Auf keinen Fall.« Sie quetschte sich neben Samuel in die Schleuse und starrte nach oben zu einer Kamera. »So, nun haben sie unsere Gesichter in Großaufnahme. Klasse. Spätestens morgen wissen Sie, dass wir hier waren.«
    »Na und?« Samuel zuckte die Schultern. »Ihr könnt das doch bestimmt löschen.«
    »Ja, vielleicht. Aber ich muss dich trotzdem nachher verlassen. Ich muss spätestens morgen Abend wieder auf meinem Posten sein.«
    Samuel zögerte, dann nickte er. »Ist gut. Ich werde das alleine regeln.«
    »Du wirst das alleine regeln? Werd bloß nicht übermütig, weil du jetzt volljährig bist.«
    »Grün.«
    Sie betraten einen fensterlosen Vorraum. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Fahrstuhl. Samuel musste die Karte ein zweites Mal einschieben. Die Fahrstuhltüren öffneten sich. Kalte Luft wehte heraus.
    »Warte.« Fabienne zückte ihr Handy.
    »Was hast du vor?«
    »Nachher sind deine biometrischen Daten schon bei Europol gelandet, dann kreuzt hier gleich die Polizei auf.« Das erste Freizeichen war zu hören, dann die Stimme von Kyoti. Fabienne erklärte ihm, was los war. Die Fahrstuhltüren standen immer noch offen. »Super. Danke«, sagte Fabienne. »Ja, ich bin morgen wieder in Aktion.« Sie legte auf. »Alles gut. Die Bank hier ist an eine private Sicherheitsfirma angeschlossen, die die Aufzeichnungen der Überwachungskameras nur auf Anfrage an die Polizei herausgibt.« Sie betrat den Aufzug. Samuel blieb stehen. »Was ist?«
    Samuel stellte die Transportbox ab und öffnete das Gitter. Badawi machte keine Anstalten herauszukommen. Er hockte da wie gelähmt und starrte ihn aus trüben Augen an.
    »Was hat er?«, fragte Fabienne.
    »Weiß nicht. Vorhin wollte er schon wieder nichts essen. Nicht mal von den getrockneten Garnelen. Und jetzt ist er so ruhig. Zu ruhig.«
    »In so einer Umgebung würde mir auch der Appetit vergehen. Ich glaub, er will einfach mal wieder richtig rumstreunen. Wenn wir hier raus sind, können wir ja nach einem Park schauen.«
    Nickend schloss Samuel die Box. Fabiennes Worte prallten von ihm ab. Er wusste, dass es seinem Freund schlecht ging. Er hatte oft überlegt, ob er ihn einschläfern lassen würde, wenn Badawi am Ende seiner Tage Schmerzen hatte. Aber woher sollte er wissen, wann es so weit war? Wie konnte er sich das Recht herausnehmen, für Badawi die Entscheidung zu treffen, dass er gehen musste?
    Sie fuhren hinunter in den Tresorraum. Der gekühlte Bunker war etwa fünfzehn Meter lang und fünf Meter breit. Alle Seiten waren mit Schließfächern ausgekleidet. Unterschiedliche Größen, unterschiedliche Nummern. Der helle Granitboden spiegelte das Licht der zahllosen Strahler, die in die Decke eingelassen waren. In der Mitte des Raums befand sich ein grellweißer Terminal, der wie ein Pilz aus dem Boden wuchs und sich über dem Monitor zu einem Schirm öffnete. Als müsste der Kunde bei der Eingabe der Schließfachnummer und des Spezialcodes befürchten, dass es regnen könnte. Kaum hatte Samuel den fünfstelligen Code eingegeben, hörte er ein Klicken und aus dem Pilz schob sich eine Ablagefläche heraus. Polierter Edelstahl, wie in einem Operationssaal.
    »Da hinten«, sagte Fabienne. »Das Schließfach ist da hinten.«
    Samuel ging hinüber und zog die Kassette aus dem Fach. Falls an seiner Agententheorie etwas dran war, würden sich darin vielleicht unterschiedliche Ausweise befinden. Besonders schwer fühlte sich die Kassette jedenfalls nicht an.
    »Willst du sie alleine öffnen?«, fragte Fabienne.
    »Nein, schon gut.« Samuel klappte den Deckel nach oben. Ein brauner Din-A4-Umschlag kam zum Vorschein. Samuel nahm ihn heraus und wusste instinktiv, dass sich darin nur Papier befand. Ein ganzer Stapel, der zu einem dicken Bündel zusammengeheftet war. Er las das Deckblatt. Nullwachstum als Chance sozialer Gerechtigkeit. Es handelte sich um die Diplomarbeit seines Vaters. Samuel blätterte durch die Seiten. Schaubilder, Überschriften, Paragrafen. Dinge, von denen er nicht die leiseste Ahnung hatte. Was sollte er damit anfangen?
    »Darf ich auch mal sehen, womit dir dein Vater so eine große Freude bereitet?«, fragte Fabienne.
    Stumm reichte Samuel ihr die Arbeit. Ein Briefumschlag fiel heraus. Er war weder beschriftet noch verschlossen. Wie ein Kartenspieler beim

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