One: Die einzige Chance (German Edition)
können, dass sie ihren Plan, die Welt zu verändern, nie ganz aufgegeben haben. Durch Nachfragen bei anderen Leuten, die in dieser Zeit in der Schweiz studiert haben, haben wir die Gruppe entdeckt. Dadurch habe ich Marietta kennengelernt und versucht, sie für unsere Sache zu begeistern …«
Kalte Wut erfasste Samuel, als ihm das Ausmaß des Lügenmärchens bewusst wurde, dem er aufgesessen war. Alle hatten ihm etwas vorgespielt! Die ganze Zeit. »Aber mein Vater interessiert sich nicht für Computerspiele«, warf er trotzig ein, obwohl er selbst nicht mehr genau wusste, was er glauben sollte. »Euer Spiel kann nicht von ihm sein.« Er schaute Fabienne direkt in die Augen. »Habt ihr die anderen also doch umgebracht? Deshalb die ganze Show.«
»Nein. Das ist ja unser Problem. Kurz nachdem ich Marietta überzeugen konnte, bei uns mitzumachen, wurde sie ermordet. Alle, die uns sagen können, wie der Plan für One weitergeht, sind tot.«
»Bis auf meinen Vater.«
»Ja, bis auf deinen Vater.«
»Und was ist mit mir? Wozu habt ihr mich gebraucht? Ich kann euch nicht helfen. Ich bin nur ein kleiner naiver Schuljunge, der zu seiner Mama nach London will und einer Lügnerin aufgesessen ist.«
Fabienne senkte den Blick. »Nachdem dein Vater es abgelehnt hat, mit uns in Kontakt zu treten, und niemand wusste, wo die restlichen Pläne aufbewahrt werden, blieb uns keine andere Wahl, als dich … zu entführen.«
»Zu entführen? Was ist das denn jetzt für ein Schwachsinn? Ich bin frei! Ich kann gehen, wohin ich will.«
»Nein.« Sie hielt ihm ihr Handy hin. »Jeder unserer Schritte wird überwacht.«
Samuel suchte nach den richtigen Worten. Er presste die Kiefer aufeinander. »Und zu einer Entführung gehört es natürlich auch, dass man mit der Geisel ins Bett steigt, um sie gefügig zu machen, was? Hat das Kyoti angeordnet oder war das die Entscheidungsebene? «
»Das gehörte nicht zum Plan.« Sie schloss kurz die Augen. »Das … das ist einfach passiert. Es tut mir leid. Ehrlich.«
»Ich bin frei«, wiederholte Samuel wütend. »Warum sollte mein Vater euch überhaupt glauben, dass ihr mich gekidnappt habt?«
»Wir haben ihm Bilder geschickt.«
»Was für Bilder denn?«
»Bilder von dir. Mit der Augenbinde. Mit den Verletzungen. Das hat deinen Vater überzeugt, uns zu helfen.«
»Und der Anruf? Was ist mit der Nachricht auf meiner Mailbox?«
»Haben wir am Computer zusammengestückelt, um dich hierherzulocken. Wir mussten dich dazu bringen, das Schließfach für uns zu öffnen. Dein Vater hat nur diese eine Kreditkarte als Zugang bei der Bank hinterlegt.«
Samuel konnte es nicht fassen. »Aber einmal, als wir in der Nähe der Zentrale waren, da wolltest du mich doch rausschmeißen. War das auch nur gespielt?«
»Nein, war es nicht.« Fabienne zupfte an einer Haarsträhne. »Ich wollte die ganze Sache abblasen, als ich die verzweifelte Stimme deines Vaters gehört habe.«
»Und wo ist mein Vater jetzt?«, fragte er. »Was habt ihr mit ihm getan?«
»Wir wissen nicht, wo er ist. Wir haben den Kontakt zu ihm verloren. Wir haben ihm nach seiner Ankunft in Deutschland ein Handy zukommen lassen. Entweder er hat es verloren oder es geht nicht mehr.«
»Und wenn er tot ist?«, fragte Samuel bestürzt. »Was, wenn ihn der Mörder bereits umgebracht hat?«
»Das ist eher unwahrscheinlich.«
»Unwahrscheinlich? Bist du wirklich so kalt, dass es dir nur um Wahrscheinlichkeiten und dieses bekloppte Spiel geht? Das ist mein Vater, verstehst du, mein Vater!« Samuel stopfte die Diplomarbeit samt Fotos in seinen Rucksack und knallte die Kassette wütend zu. »Wenn mein Vater noch lebt, befindet er sich in Lebensgefahr. Ist dir das eigentlich klar?« Er schob die Kassette zurück ins Schließfach und griff nach der Transportbox. Fabienne folgte ihm schweigend.
Sie stiegen in den Aufzug. Fabienne wählte die Nummer von Kyoti und erzählte ihm, was los war. Sie sagte, dass Samuel Bescheid wüsste und die restlichen Unterlagen nicht im Tresor gewesen seien. Als sie zurück in den Vorraum kamen, blieb Samuel stehen und atmete tief durch. »Ihr habt wirklich nichts mit den Morden zu tun?«
»Nein. Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist.« Sie blickte auf ihr Handy. Es blinkte. »Scheiße! Die Bullen wissen, wo wir sind. Eine öffentliche Kamera hat uns aufgenommen.«
Sie traten vorsichtig aus dem Bankgebäude. Der Zugang befand sich zwischen zwei Häuserblocks. Wenn die Polizei jetzt auftauchte, saßen sie in
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