One: Die einzige Chance (German Edition)
der Falle. Fabienne blieb stehen und blickte die Gasse hinunter, dann rief sie eine Karte auf ihr Handy. Samuel spielte mit dem Gedanken abzuhauen. Aber wohin? Er wusste nicht, wo sein Vater war. Er hätte sich gewünscht, dass er ihn vor der Bank empfing, wie die Worte auf der Mailbox es versprochen hatten. Aber diese Nachricht gab es ja nicht! Sie war auch nur ein Fake.
Fabienne starrte noch immer auf das Handy.
Er könnte zur nächsten Polizeistation flüchten, aber was dann? Was, wenn sie ihm seine Geschichte nicht glaubten? Schließlich war er zur Fahndung ausgeschrieben. Das Risiko konnte er nicht eingehen. Sollte sein Vater tatsächlich der Nächste auf der Liste der Killer sein, wäre ein Zögern der Polizei sein sicheres Todesurteil. Samuel musste sich selbst auf die Suche nach ihm machen – und Fabienne würde ihm dabei helfen!
Dritter Teil
Maybe
Eins
Zürich | 22 Grad | Sonnenschein
Kayan wollte nicht glauben, was in der Mail stand. Er musste sich beherrschen, um nicht hysterisch loszulachen. Das konnte sein Auftraggeber doch nicht ernst meinen. Er sollte noch zwei weitere Leute ausschalten! So ganz nebenbei, als wäre das Töten so einfach wie Brötchen kaufen beim Bäcker. Er wollte nicht. Er hatte genug. Sobald er die neue Waffe hatte, würde er die letzten beiden Zielpersonen auf menschliche Weise töten und dann sofort nach Hause fahren. Er würde sich mit seiner Frau zwischen die anderen stolzen Eltern setzen und zu Tränen gerührt sein, wenn sein kleiner Sonnenschein zum ersten Mal auf der Bühne stand. Er begann zu lächeln. Vielleicht würde aus Amélie eine Tänzerin werden. Eine Künstlerin. Wahrscheinlich waren die glücklichsten Menschen sowieso die Künstler, die ihrer Bestimmung folgten. Die Welt sollte sich an ihnen orientieren. Auch wenn die meisten von ihnen gerade so über die Runden kamen, musste es ein großartiges Gefühl sein, andere Menschen mit seiner Arbeit zu berühren. Applaus als Lohn zu bezeichnen war zwar eine romantische Vorstellung, die Leute mit Geld, auch er selbst, mit einem Kopfschütteln abtaten. Aber die Währung, die nie Gefahr lief, in der Inflation unterzugehen, war die Anerkennung. Zu wenige Menschen bekamen Anerkennung für das, was sie taten. Es ging nur noch ums Geld. Er musste unwillkürlich an den alten Mann denken. Er hätte ihn nicht einfach zurücklassen dürfen. Ohne seinen Rollator, ohne den wertvollen Schmuck. Sobald er zu Hause war, würde er nach ihm suchen und ihm die Sachen zurückgeben. Das war seine Pflicht. Doch jetzt schrieb er erst einmal eine Nachricht an die verschlüsselte Mailadresse, dass er keinen weiteren Auftrag annehmen würde. Jetzt, wo er den Aufenthaltsort der letzten beiden Personen kannte, würde er kein Risiko mehr eingehen. Schon gar nicht für Geld. Habgier hatte schon viele Menschen zu Fall gebracht.
Fabienne blickte sich hektisch in der engen Gasse nach einem Ausweg um. Polizeisirenen waren zu hören.
»Was ist, wenn euch die Killer einen Schritt voraus sind?«, fragte Samuel kalt. »Was ist, wenn sie den Ort kennen, an dem sich mein Vater aufhält?«
»Das ist unwahrscheinlich. Wir können fast jede Überwachungskamera anzapfen und all seine Nummern verfolgen. Unser Computer errechnet sogar die Wahrscheinlichkeiten, welchen Weg er einschlagen wird. Sobald er das Handy wieder anschaltet, ins Internet geht oder tankt, haben wir ihn auf dem Schirm.« Plötzlich riss sie erschrocken die Augen auf. »Scheiße!« Mit einem energischen Griff zerrte sie Samuel hinter eine Säule. Zwei Polizisten gingen vorüber. Einer von ihnen sprach in sein Handy. Trotz seines klopfenden Herzens spielte Samuel erneut mit dem Gedanken, das Versteckspiel zu beenden. Die Polizei hatte bessere Möglichkeiten, seinen Vater zu schützen, als diese kranken Weltverbesserer. Natürlich klang seine Geschichte verrückt, aber irgendwie würde er sie schon davon überzeugen, dass er kein Spinner war. Bevor Samuel reagieren konnte, legte Fabienne ihren Arm um seinen Hals, zog ihn heran und küsste ihn. Samuel erstarrte. Ihr Griff war so fest, dass er sich nur mit Gewalt hätte befreien können. Aber wollte er das?
Fabienne löste ihre Lippen von seinen. »Tut mir leid«, sagte sie leise. Die Polizisten waren verschwunden. »Aber die Polizei kann dir jetzt nicht helfen. Bis sie deine Story überprüft haben, ist es vielleicht schon zu spät.«
Samuel nickte stumm. »Warum hast du das getan?«
»Wegen … damit wir keinen Ärger
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