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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schrie Thielke und spannte den Hahn des Revolvers mit einem lauten Knacken. »Ich drücke in zehn Sekunden den Knopf für die Ventile. Wollen Sie, dass alle Sünder sind? Oh, das wird den großen Manitou freuen, ganz viele schlechte Menschen ausgelöscht.«
    Fünf Minuten bis zum Anstoß.
    Anstatt der Balljungs marschierten die Stadionsicherheitskräfte aufs Feld, begleitet von gerüsteten Polizeimannschaften, die für eine geordnete Evakuierung sorgen sollten.
     
    Das allgemeine Gelächter verebbte langsam, die Ereignisse auf dem Rasen wurden bemerkt. Aber nach wie vor bewegte sich niemand.
    Und dann tat Ringo in seiner Not etwas, worauf Thielke nicht gefasst gewesen war. Wohl wegen des Drucks und der Hilflosigkeit ließ er sich dazu hinreißen, ins Mikro zu schreien: »Bombe! Wir haben eine Bombe im Stadion! Alles sofort raus hier!«
    Scheiße! Du Idiot!
Bevor Thielke irgendetwas unternehmen konnte, riefen die zwei anderen Männer in der Kabine weitere Warnungen durcheinander. Die verzweifelte Frau schluchzte laut auf, so dass man sie über die Lautsprecher hörte. Dieser Laut der Angst, mehrmals verstärkt und aus den Boxen gespien, sorgte dafür, dass die Stimmung schlagartig kippte. Es war zu spüren, dass das Empfinden der Frau authentisch war.
    Die Augen der Besucher richteten sich auf die Sprecherkabine, erste Menschen liefen los.
    »Scheiße.« Thielke schaltete die Mikrofone ab. Er betete, dass Arctander nicht in Panik verfiel und einen Anfall bekam. Es war gar nicht schlecht gelaufen, bis Ringo mit seiner vermeintlichen Heldentat alles zunichte machte. Mit dem saudummen Bombe-Bombe-Gefasel.
Wenn es einen Gott gibt, bitte …
    Das Lachen im Stadion war vergangen, die Pfiffe und Chöre verebbten. Sie hörten in der Kanzel laute Rufe, die wissen wollten, was geschah.
    Noch mehr Leute setzten sich in Bewegung. Polizisten forderten mit Gesten auf, die Arena zu verlassen, undeutliche Megafonanweisungen schallten wie die verzerrten Stimmen aus einem Grammofon.
    Und von einer Sekunde auf die nächste setzte das Rennen ein, das unweigerlich an die Stierhatz in Pamplona erinnerte. Es wurde geschoben und gedrängelt. Der unaufhaltsame Fluss der Flüchtenden schwoll an und verbreiterte sich, schwappte auf die Treppenabgänge zu. Einzelne wurden mitgerissen, davongespült und von ihren Begleitern getrennt. Woanders strauchelten Personen, stürzten und wurden niedergetrampelt.
    Thielke starrte auf die Massenpanik.
Genau das durfte nicht passieren!
Irgendwo da unten befand sich Arctander, die echte Bombe, immer zündbereit. Er hörte sie regelrecht ticken.
    Die Tür zur Kabine wurde aufgebrochen, Splitter flogen ihm ins Kreuz, und im nächsten Moment wurde er gepackt und niedergeworfen. Er roch das Aftershave, vermischt mit Plastik- und Kevlargeruch, des Polizisten, der sich auf ihn geworfen hatte.
    »Ich ergebe mich, ich ergebe mich!« Als er den LeMat wegwerfen wollte, zog der Polizist daran, um ihn zu entwaffnen – und der Hahn schnellte nach unten und löste den Schuss.
    BAMM !
    Die Frau kreischte auf, als wäre sie getroffen worden.
    Es klirrte, Glas ging zu Bruch, weil die Kugel durch eines der Fenster der riesigen Kanzel gerauscht war. Scherben regneten auf Thielke und den Polizisten, zerbrachen dabei in kleinere Stücke.
    Der laute Knall löste jenseits der Kabine einen kollektiven Schrei aus und steigerte das Bedürfnis der Zuschauer, dem Kessel des Stadions zu entkommen, ins Unermessliche.
    Das tausendfache Stampfen der Fußschritte ähnelte grollendem Donner, der Betonboden vibrierte, das Schreien klang dem Kreischen von zu Tode geängstigten Tieren gleich.
    Thielke wurde mehrmals geschlagen, ein heißer Schmerz jagte durch seine Schulter. Vermutlich hatte ihm der Polizist den Arm ausgekugelt. »Ist ja gut, ist ja gut«, rief er mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich war das n…«
    Das Zischeln einer Schlange, das Knistern eines Feuers, das leise Kratzen des Tonabnehmers auf schmutzigen Schallplatten, das Fauchen aggressiver Katzen, Gas, das aus einer Leitung strömt – an all das dachte Thielke bei dem Geräusch, das an seine Ohren drang.
    Es war nicht penetrant laut, doch es setzte sich gegen das Poltern und Schreien durch. Und es schwoll scheinbar an, bis er verstand: Nicht das Knistern verstärkte sich, die Umgebung wurde leiser!
    Auf Thielkes Rücken landete ein schweres Gewicht, der Helm des Polizisten schlug gegen seinen Hinterkopf, der Mund des Mannes befand sich auf Höhe seines Ohrs. Der letzte

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