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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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früher Stunden in der Bibliothek verbringen musste, konnte man sich heute beinahe an jedem Ort Literatur besorgen und auf den Rechner packen.
    Inzwischen kannte er sich mit dem Tod im Märchen aus, entdeckte ihn auch dort, wo er nicht direkt benannt wurde, sondern harmlos erschien. Als Schlaf. Dornröschen und Schneewittchen beispielsweise nahmen in ihrem Schlummer todesgleiche Haltung ein, wurden durch Erweckung gerettet.
    Redewendungen konnte man mit viel gutem Willen ebenfalls als Hinweis deuten, dass der Tod manchen Auserwählten personalisiert erschien. Nicht nur, dass man ihm von der Schippe springen konnte, nein: ins Auge sehen, mit ihm ringen, von ihm gezeichnet sein.
    Inzwischen hatte Konstantin den Radius seiner Suche erweitert, begab sich weltweit auf Märchenjagd und wurde reichlich fündig, von Asien bis in die indianischen Geschichten, was ihn nicht wirklich wunderte.
    Der Schnitter ist eben ein international operierender Geschäftsmann.
Oder um es mit dem Schriftsteller Miguel de Cervantes zu sagen, von dem er ein Zitat gefunden hatte:
Der Tod ist kein Schnitter, der Mittagsruhe hält. Er mäht zu allen Stunden und schneidet sowohl das dürre wie das grüne Gras.
    In Jesters alten Unterlagen fand er einen bemerkenswerten Hinweis in den griechischen Sagen. Asklepios, zu seiner Zeit der berühmteste Arzt der Welt, sollte seine Patienten mit Hilfe eines Heilschlafs von ihren Leiden befreit haben. Der Geschichte zufolge ging er bei Chiron beziehungsweise Cheiron in die Lehre. Dieser Name war dem des Totenfährmanns Charon auffällig ähnlich.
Wieder die Verbindung zu Tod und Schlaf?
    Je mehr er suchte, desto mehr fand er.
    Beispielsweise Osiris. Der altägyptische Gott und Herr über die Toten erschien auf zeitgenössischen Darstellungen in Form eines Menschen. Der Dreschflegel, den er meist in der Hand hielt, wurde zwar als Symbol der Fruchtbarkeit gedeutet, aber Konstantin sah darin vielmehr die Verbindung zum Tod.
Dreschflegel, Sense, gleiches Gebiet.
    Abgesehen von viel Interessantem fand er natürlich auch baren Unsinn in den absonderlichsten Foren oder auf Webseiten. Besonders schön fand er den gut gemeinten Ratschlag an Asienbesucher, die Essstäbchen nicht senkrecht in die Reisschale zu stecken, da sie an Räucherstäbchen erinnerten, die Opfergaben für die Toten waren.
    Du meine Güte.
Konstantin schloss die Augen und rieb sich die Lider.
Wenn ich noch ein Märchen lesen muss, wird mir schlecht.
    Er hatte inzwischen einige Hypothesen, aber sonst nichts. Und vor allem hatte er noch keinen richtigen Plan, wie er einen Menschen finden sollte, der für ihn mit dem Schnitter sprach – sofern es solche Menschen denn überhaupt gab. Seine Recherche zu besonders erfolgreichen Lebensrettern unter den Medizinern kam aufgrund der Ereignisse kaum voran.
Erst das Treffen mit Hoya, danach suche ich Arctander. Wenn er aus der Welt geschafft ist, habe ich den Kopf frei für meine eigenen Dinge.
Er sah neben sich, wo Marna aus dem Fenster schaute. »Alles klar?«
    Unter ihnen erschien Madrid, der Landeanflug hatte bereits begonnen.
    »Bei mir schon. Sie arbeiten wie ein Besessener. Habe ich das richtig gesehen, dass Sie Märchen über den Tod lesen? Ist es wegen des Schnitterrings?« Sie klappte ihr Tischchen hoch. »Denken Sie nicht, dass Sie dem Ganzen zu viel Bedeutung beimessen?«
    Konstantin konnte nicht so offen antworten, wie er wollte. »Ach, man weiß nie, wozu es gut ist«, gab er stattdessen zurück. Er fand, dass sie ängstlich wirkte. »Was ist? Angst vor Hoya?«
    »Nein, sicherlich nicht. Er ist vielleicht anspruchsvoll und reich, aber nicht gefährlich.« Marna sah auf die Stadt hinunter. »Mir gehen die schrecklichen Bilder des Stadions nicht aus dem Kopf. Die Terroristen könnten nochmals zuschlagen.«
    »Bisher haben sie jedes Mal die Städte gewechselt. Paris, Marrakesch, Madrid. Ich denke nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen«, versuchte er, ihr die Furcht zu nehmen. »Vermutlich stecken irgendwelche Arschlöcher dahinter, die die Regierungen um Millionen, vielleicht Milliarden erpressen wollen, damit das Sterben endet.«
    »Ich hoffe, die Summe wird bezahlt. Ich will nicht zu den Opfern gehören.« Sie schluckte. »Sie müssen den Laptop wegpacken. Die Stewardess kommt.«
    »Es reicht sowieso.« Konstantin schaltete den Computer aus und verstaute ihn in seinem Koffer.
    Der Airbus legte sich in die Kurve, sackte spürbar nach unten, korrigierte den Kurs und senkte sich weiter.
    »Ist

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