Oneiros: Tödlicher Fluch
eine besondere Angelegenheit, die uns zu Ihnen bringt, wie ich am Telefon sagte. Señor Korff möchte gerne ein Familienerbstück verkaufen und Sie kennenlernen.«
»Damit ich weiß, dass der Harlekin’s Death in guten Händen ist«, fing Konstantin an. »Sie haben eine interessante Sammlung. Würden Sie mir vielleicht den Gefallen tun und mir etwas …«
Hoya hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Zuerst möchte ich mit Ihnen anstoßen. Danach ist Zeit für alles Weitere.«
Sherry! Und dann auch noch trocken.
Marna warf Konstantin einen vielsagenden Blick zu, prostete in die Runde.
Schweigend tranken sie.
Hoya bewegte den Weinbrand zuerst sanft im Mund, bevor er ihn schluckte, und nahm dann neben seiner Tochter Platz, schlug ein Bein über das andere. Die blassgrünen Augen des Spaniers musterten Konstantin, forschten, prägten sich jede Kleinigkeit ein.
»Sie wissen um den Ruf meines Rings, Señor Hoya. Ich möchte sicher sein, dass er bei Ihnen gut aufgehoben ist, und hätte noch einige Fragen«, sprach er drängend, was ihm erneut einen zügelnden Blick von Marna einbrachte.
Hoya machte eine Geste, die ihn aufforderte, seine Fragen zu stellen. »Wollen wir herausfinden, wie ich Ihnen helfen kann?«
Konstantin hatte auf der Fahrt darüber nachgedacht, was er sagen sollte, um nicht als Spinner betrachtet zu werden. Aber so recht war ihm nichts eingefallen, daher entschied er sich, nicht um den heißen Brei herumzureden.
Dann habe ich die Blamage hinter mir.
»Da Sie Schmuckstücke sammeln, die einen gewissen Ruf haben, Señor, wollte ich wissen, ob Sie an die Wirkung der Schnitterringe glauben.«
Hoyas Augen verengten sich, seine hellen Brauen senkten sich. »Señor Korff. Ich bin ein gläubiger Mensch, ich hoffe auf die Rettung meiner Seele durch Jesus Christus am Tag des Jüngsten Gerichts, und ich weiß, dass der Tod nicht das Ende bedeutet«, erwiderte er. »Die Macht des Todes ist unbestritten, dem sich Christus, der Herr, ebenso beugen musste wie jedes Leben auf der Welt. Niemand entkommt ihm. Auch nicht mit Hilfe von Tricks, Scharlatanerie, der Macht des Satans oder der Alchemie. Und sicher nicht durch das, was Sie Schnitterringe nennen.« Hoya hob die Hand mit dem Glas, deutete auf die Vitrinen. »Wenn ich etwas sammle, Señor Korff, dann wegen der Schönheit und Einmaligkeit der Dinge, weniger wegen der Geschichten, die sich darum ranken. Es wurden mir schon die absonderlichsten Reliquien oder Devotionalien angeboten.« Er lächelt Marna zu. »Señora Herbst weiß, was ich mir wünsche, und versorgt mich sehr gut. Dafür stehe ich in ihrer Schuld.«
Marna prostete ihm zu.
Konstantin beobachtete den Mann genau, um eine Lüge in seiner Haltung oder in den Augen erkennen zu können. Aber der betagte Spanier sprach mit einer Würde, die jeglichen Gedanken an eine Unwahrheit in seinen Worten verbot.
Nein, er glaubt wirklich nicht daran.
Er sah zu Carola, die so leise auf die Tastatur eintippte, dass man es nicht einmal klicken hörte.
Aber warum ist Hoya dann aufgeregt?
»Aber Sie sammeln die Legenden zu den Schmuckstücken, wie ich an den Büchern sehe?«, setzte er nach.
»Sicherlich. Sie komplettieren meine Sammlung. Ich versuche grundsätzlich, an die Originalausgaben der Schriften zu kommen, in denen die Stücke beschrieben werden. Mein Liebling ist die Brosche aus Pflaumenbaumholz mit dem Opal. Kennen Sie das Märchen und die Brosche?«
»Nein«, räumte Konstantin ein.
»Die Fassung der Brosche soll aus dem Baum gemacht worden sein, auf dem der überlistete Tod festsaß. Dieses Märchen wird in verschiedenen Ländern erzählt, von Frankreich bis in den Osten hinein, mal ist es ein Apfel-, mal ein Pflaumenbaum. Aber in der ältesten Ausgabe des Märchens, die ich gefunden habe, ist es ein Pflaumenbaum. Weil Sie auf Empfehlung von Señora Herbst hier sind, dürfen Sie sich das einmalige Stück gerne anschauen. Aber wie gesagt, ich glaube nicht an Märchen, nur an die Besonderheit des Schmucks.« Er blickte auffordernd zu seiner Tochter.
Carola erhob sich und entriegelte eine Vitrine, indem sie ihren Daumen an einem verborgenen Scannerfeld vorbeiführte.
Es klackte.
Sie öffnete den Kasten und kehrte mit der Brosche zurück, die Konstantin schon bemerkt hatte, während Hoya sich ebenfalls erhob, ein Buch aus dem Regal nahm, die Geschichte aufschlug … und vorzulesen begann.
Der Gevatter Tod auf dem Pflaumenbaum
Es lebte einst ein alter Mann, dessen Stolz sein
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