Oneway to Montréal - Roman (German Edition)
das, Dan? Verdammt noch mal, was habe ich euch eigentlich getan?“
Dan sah ihn grimmig an, gab aber Wills Arm frei.
„Seit wann bist du in der Gegend, Will?“
„Und was geht’s dich an?“
Will trat einen Schrit t zurück Richtung Terrassentür.
Larry machte unwillkürlich einen Schritt und stand nun neben der Tür, bereit Will aufzuhalten. Will nahm dies offensichtlich auch genau so wahr. Er hob die Hände und sagte müde:
„Ich weiß nicht, was los ist. Das sollte ein harmloser Freundschaftsbesuch sein, genau wie neulich. Aber irgendwie habt ihr anscheinend ein Problem mit mir! Hat das irgendetwas mit Patrice zu tun oder könnt ihr mich einfach nicht leiden?“
Die Stille im Raum war unnatürlich und Sammy dachte, dass das Zwitschern der Vögel von draußen alles noch gespenstischer wirken ließ. Es war verrückt.
Larry sah ihr immer noch leichenblasses Gesicht und entschloss sich zu Offenheit.
„Will, ich kenne dich nicht von früher und kann auch nicht sagen, dass du mir unsympathisch bist. Aber die anderen hier verbinden dich irgendwie mit diesem schlimmen Erlebnis in eurer Kindheit. Und als du neulich aufgetaucht bist, wurden vermutlich alte Wunden aufgerissen. Da ist es schwierig, sich natürlich zu verhalten.“
Will sah zu Sammy hinübe r und sein Gesicht wurde sanft.
„Ich verstehe nur zu gut, wie das für euch ist, Sammy! Mir geht es auch nicht anders. Aber ihr habt einander damals Halt gegeben, während ich mit meinen Albträumen ganz allein gelassen wurde. Und als meine Eltern mein nächtliches Gewimmer nicht mehr ertrugen und der Psychiater nichts ändern konnte, wurde ich in ein teures Internat abgeschoben. Könnt ihr euch vorstellen, wie gut eine dickliche Heulsuse in einem Jungeninternat ankommt?
Ich wurde bis zu meinem Abschluss gemobbt und gequält!“
Er räusperte sich, denn seine Stimme brach an dieser Stelle. Sammy stand auf und ging zu ihm hinüber.
Sie legte ihm die Hand auf den Arm.
Leise sprach sie:
„Es tut mir leid, Will. Das alles wussten wir nicht!
Aber du und Patrice, ihr wart immer zusammen und ich musste immer an ihn und seinen Tod denken, wenn ich dich sah. Es tut mir leid, es war gedankenlos von uns.“
Er sah sie an und in seinen blauen Augen schimmerte es feucht.
„Es tut mir auch leid, wenn ich dich damals erschreckt habe, in diesem Gartenhäuschen. Aber es war nie böse gemeint! Ich war nur hoffnungslos in dich verschossen!“
Sammys blasse Wangen röteten sich und nun schaltete sich Dan wieder ein.
Seine Miene war ausdruckslos, aber Larry kannte den Freund gut genug, um zu wissen, dass Dan dem anderen immer noch misstraute.
Und seiner eigenen Meinung nach zu Recht, auch wenn Wills Geschichte plausibel und mitleidserregend genug war. Dieser Typ war nicht Fisch, nicht Fleisch. Einfach undurchsichtig!
„Hör zu, Will, es tut mir auch leid, dass du damals so gelitten hast und wir dich nicht unterstützt haben. Aber es ist einfach seltsam, dass du ausgerechnet jetzt auftauchst, als vor fünf Minuten hier einer ums Haus geschlichen ist und Sammy erschreckt hat. Und dieser jemand hatte auch noch Ähnlichkeit mit dir!
Sammy hat nicht weniger lang gebraucht , mit der Sache damals fertig zu werden als du und nun kommt wieder alles zurück.
Ich will nicht unhöflich sein, aber ich denke, dass uns allen das Vergessen leichter fällt, wenn wir unser Leben so weiter leben wie die letzten Jahre, ohne großen Kontakt zu dir aufzubauen. Was natürlich nicht heißt, dass man sich nicht bei einem zufälligen Treffen schnell zu einem Kaffee zusammensetzen kann.
Du hast dir sicher auch als Erwachsener ein Leben aufgebaut, das nicht mehr von Altlasten geprägt ist. Du siehst zumindest so aus, als hättest du es geschafft, deinen Weg und Beruf zu finden, oder täusche ich mich da?“
Wills Augen schossen nun Blitze.
Sammy stand stocksteif daneben und Jeannie saß mit fassungslosem Blick auf der Couch. Larry hob die Augenbrauen, als Dan ihn ansah, dann nickte er dem Freund zu.
„Ja, ich sehe das auch so, Will. Manchmal muss man die Vergangenheit ruhen lassen und für Sammy ist es so in jedem Fall einfacher.“
Sammy fuhr zu ihm herum, bereit zum Widerspruch. Schließlich war es ihre Entscheidung, ob sie den Kontakt wollte oder nicht.
Bevor sie noch sprechen konnte, legte Larry den Arm um ihre Schultern und raunte in ihr Ohr. „Sei nicht dumm, überlege dir, was du jetzt sagst!“
Für Will sah es so aus, als hätte er ihr einen Kuss auf die Wange gegeben
Weitere Kostenlose Bücher