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Onkel Horatios 1000 Sünden

Onkel Horatios 1000 Sünden

Titel: Onkel Horatios 1000 Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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er sich zurückgezogen hatte, um den Morgen mit dem Manuskript eines tausendseitigen amerikanischen Romans über das Liebesieben der Insassen des Bronxer Tiergartens zu verbringen.
    «Mein lieber Junge!» Onkel Horatio sah schmerzlich berührt aus. «Du gehst in letzter Zeit sehr streng mit mir zu Gericht. Das ist wirklich höchst ungerecht. Du mußt begreifen, daß du deinen älteren Angehörigen Ehrfurcht schuldest.»
    Teddy blieb stumm. Seit ihrer Rückkehr vom Trafalgar Club hatten sich die Beziehungen zu seinem Onkel sehr verschlechtert. Er hatte unverzüglich ein Kabel folgenden Wortlautes an seinen Vater gesandt «Komm sofort nach Hause», auf das er die Antwort erhielt, «Bedaure Verhandlungen in kritischem Stadium halte unbedingt Presse fern hier prachtvolle Sonne». Es waren allerdings keine weiteren Gläubiger mehr aufgetaucht, obwohl er feststellte, daß sein Onkel jeden Morgen die Post an sich nahm, um sie im Bad zu lesen. Als eine Woche verstrichen war, hatte Teddy das fatalistische Verhalten eines Überlebenden nach einem schweren Erdbeben angenommen, der sich fragt, ob es noch zu weiteren Erdstößen kommen würde.
    «In meinen Jahren im Orient stand ich bedeutend schwereren Krisen gegenüber», fuhr Lord Brickwood fort und schnippte das goldene Tischfeuerzeug an, das er am ersten Nachmittag in der Bond Street bei einer hübschen Verkäuferin erworben hatte. «Mein Geschäft in der Portugiesensiedlung von Macao - das, wie ich hinzufügen darf, einmal bestens florierte - war ständig den Einmengungen von Störenfrieden sowohl aus Verbrecher- als auch aus Polizeikreisen ausgesetzt.»
    «Und worin bestand eigentlich dein Geschäft in Macao, Onkel?» verlangte Teddy zu wissen und sah abermals von seinem Manuskript auf.
    «Habe ich es dir nicht gesagt, mein Guter? Eine wohl verzeihliche Unterlassungssünde, glaube ich, da ich so viel im Kopf hatte. Ich führte ein kleines Lokal, in dem Matrosen und ähnliche Leute sich an den Abenden unschuldigen Belustigungen hingeben konnten. Es gab Fantan zu bescheidenen Einsätzen. Ich habe sogar ein oder zwei einheimische Mädchen eingestellt, um dem Lokal eine gewisse Atmosphäre zu verleihen. Ich glaube, daß ich eine echte soziale Leistung damit vollbrachte, diese rastlosen jungen Männer von den Straßen abzuziehen. Jedoch stieß ich auch hier wieder auf Eifersucht in den Ämtern. Ein einfallsreicher Unternehmer muß darauf eben stets gefaßt sein. Nach einiger Zeit hielt ich es für angezeigt, das Lokal zu schließen.»
    Er paffte nachdenklich an seiner Zigarre.
    «Unsere Lage birgt viele Vorteile in sich», überlegte er laut. «Unsere Lebensmittel- und anderen Einkäufe erfolgten zum Glück anfangs des Monats, daher werden wir wegen unserer Konten noch ungefähr eine Woche nicht belästigt werden. Zugegeben, wir wurden zu einer bescheideneren Lebensführung gezwungen, weshalb ich ja auch unser ausgezeichnetes Hauspersonal entließ, und wir sind sogar jener sonderbaren Frau -wie immer sie hieß - mit dem Mop beraubt. Aber du leistest Wunder mit dem Staubsauger, mein Junge. Ich selbst bin in Haushaltspflichten natürlich völlig unbewandert. Ich bin wirklich richtig erleichtert, allein hier zu sein. Man kann um soviel klarer denken, wenn man nicht von Dutzenden von Menschen umringt ist.»
    Er schnippte ein Aschenstäubchen von einem seiner Drachen.
    «Und zum Glück besitzen wir auch bereits einen reichen Vorrat an Whisky und Zigarren», schloß er.
    «Aber keine Lebensmittel», gab Teddy zu bedenken.
    «Mein lieber Junge, ein Gentleman braucht sich niemals darum zu sorgen, woher seine nächste Mahlzeit kommen wird. Du hast kein Vertrauen zu meiner Geschäftstüchtigkeit. Ich habe im Bücherschrank deines Vaters ein ausgezeichnetes kleines Buch entdeckt, das sich Gourmet-Führer nennt. Mit einiger Geschicklichkeit werden wir uns die Adresse der Repräsentanten des Herausgebers verschaffen- oder zumindest so tun, als ob wir sie hätten- und dadurch täglich in den Genuß von zwei ausgezeichneten kostenlosen Mahlzeiten in jedem Winkel Londons gelangen. Auf diese Art werden wir auch bedeutend besser essen und bedient werden», setzte er hinzu. «Du, mit deiner schriftstellerischen Begabung, kannst dir außerdem noch ein kleines Taschengeld damit verdienen, daß du für das Morgenblatt dort eine Klatschspalte schreibst. Ich kann dir genügend Tritsch-Tratsch verschaffen, um dich auf ein Jahr mit Material zu versorgen, und du hättest keine Schwierigkeiten, den Posten

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