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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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erfüllten die Luft mit ihren gellenden Schreien. Aufgeschreckte Fische sprangen aus ihrem Element, und an einem da und dort sichtbar werdenden Sprudeln erkannte Flip, daß eine furchtsame Robbe oder ein kecker Tümmler in der Nähe waren. Das Boot fuhr näher an das rechte Kanalufer heran und hielt sich dann in ein paar Metern Entfernung von der Insel. So sahen sie Hunderte jener törichten Pinguine, denen es gar nicht in den Sinn kam, wegzulaufen. Die Insel ragte zwei Klafter hoch aus dem Wasser und bildete ein flaches, karges Felsmassiv, das zwischen Küste und Ozean stand wie ein Damm. Wenn man eines der beiden Kanalenden sperren könnte, dachte Flip, dann wäre die so entstandene Sackgasse ein natürlicher Hafen, der eine ganze Flotte von Booten aufnehmen könnte.
    Sie kamen schnell voran. Jeder an Bord schwieg. Die Kinder schauten auf die großen Felsen, die über sie emporragten. Flip achtete auf sein Feuer und erteilte Anweisungen an Mrs. Clifton, die stets auf die hohe See hinaussah und den stummen Horizont absuchte. Doch nirgends ein Segel! Der Ozean war leer.
    Nach einer halben Stunde Fahrt kamen sie am südlichen Ende der Felswand an und umschifften die unter Wasser liegenden Klippen, in die die Wand auslief. Durch das Zusammentreffen der im Kanal ansteigenden und der vom Meer her kommenden Flut entstand eine tosende Brandung.
    Als sie das Kap umfahren hatten, bot sich ihrem Blick die ganze herrliche Landschaft dar, mit ihrem glasklaren See, ihrer sattgrünen Wiese, ihren gleich einer Parkanlage angeordneten Baumgruppen, den rundlichen Dünen im Süden, dem Wald im Hintergrund und dem alles beherrschenden majestätischen Gipfel. »Wie schön! Wie schön!« riefen die beiden Kleinen. »Ja«, erwiderte Flip, »das ist ein wunderbarer Garten, den für uns die Vorsehung gepflanzt hat!«
    Mit dennoch traurigem Blick sah Mrs. Clifton auf die Küste. Sie stand unter dem Eindruck, den eine so schöne Landschaft unweigerlich in Auge und Herz erwecken muß. Flip ließ die Schot locker, und das Boot bewegte sich kaum mehr vorwärts. Die Phantasie von Kindern ist für solche Naturschauspiele sehr empfänglich, und auch leidende Seelen ziehen daraus heimlichen Trost; daher wollte der wackere Seemann diesen Eindruck so lange wie möglich auf seine Schutzbefohlenen wirken lassen.
    Dann suchte er für sein Boot eine kleine Bucht zum Anlegen. Er ließ von seinen beiden Jungmatrosen das Segel auf halbmast setzen, manövrierte dann das Boot geschickt durch die eng beieinanderstehenden Klippen hindurch und ließ es sanft auf dem Strand auflaufen.
    Robert sprang sofort an Land. Sein Bruder und Flip folgten ihm gleich nach. Zu dritt zogen sie dann an der Leine, bis das Boot hoch genug war, um nicht von der Flut erreicht oder gar weggetrieben zu werden.
    Dann gingen sogleich Mrs. Clifton, Belle und Jack von Bord. »Zur Grotte! Zur Grotte!« rief Robert.
    »Moment, mein junger Herr«, sagte Flip, »erst müssen wir ausladen.«
    Flip kümmerte sich vor allem um das Feuer. Die glühenden Holzstücke wurden zum Fuß der Felswand getragen, wo mit einigen Reisigbündeln rasch eine provisorische Feuerstelle errichtet war, von der auch gleich der Rauch aufstieg. Dann wurde das Brennholz ausgeladen, und jedes der Kinder trug seinen Anteil an den Lebensmitteln und sonstigen Habseligkeiten. Damit machten sie sich schließlich auf den Weg zu ihrer neuen Behausung. Sie gingen die Südseite der Felswand entlang, die senkrecht auf das Ufer zulief.
    Woran dachte wohl Flip? Sicherlich an die im Sand der Grotte hinterlassenen Abdrücke, die er am Vortag so eingehend untersucht und dann verwischt hatte. Würde er etwa neue Spuren vorfinden? Das gäbe Anlaß zu ernster Besorgnis, denn ihre Grotte wäre dann nichts anderes als eine Raubtierhöhle, und was für eine Entscheidung würde Flip in diesem Fall treffen? Würde er es wagen, ohne geeignete Waffen in die Grotte einzuziehen und sie ihren wilden Bewohnern zu entreißen? Der brave Seemann befand sich in großer Verlegenheit, aber da er seine Befürchtungen niemandem mitgeteilt hatte, behielt er auch seine jetzigen Überlegungen für sich.
    Endlich gelangten sie bei der Grotte an. Robert, der voraus-gegangen war, wollte sie auch schon betreten. Doch Flip rief ihn zurück. Er wollte den Sandteppich erst untersuchen, bevor jemand darauf herumlief.
    »Monsieur Robert«, rief er dem Jungen zu, »gehen Sie nicht hinein, bitte nicht. Madame Clifton, würden Sie ihn bitte auffordern, auf mich zu

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