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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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Dann marschierten Clifton und seine beiden Gefährten weiter in Richtung Nordosten. In diesem Teil der Insel wimmelte es von Vögeln, aber sie flohen scheu von Ast zu Ast. Es waren vor allem zu den Sperlingsvögeln zählende Kreuzschnäbel, die leicht an dem kurzen Ober-und Unterschnabel zu erkennen waren; unter kulinarischen Gesichtspunkten waren sie keinen Bogenschuß wert. Robert erlegte aber recht geschickt einige dreizehige Hühnervögel, die lange, spitze Flügel und einen aschgelben, schwarzgestreiften Körper hatten. Sie kamen auf dem Boden nur mühsam vorwärts, flogen aber extrem schnell, was sie dennoch nicht vor Roberts Pfeilen bewahren konnte.
    Gegen elf Uhr machten sie an einer Quelle Rast. Ihr Mittagessen bestand aus einem Stück kaltem Wasserschweinfleisch und einer ausgezeichneten Hasenpastete mit aromatischen Kräutern. Sie tranken dazu Quellwasser, dem der Onkel ein wenig Zitronensaft beimischte und so den Geschmack erheblich verbesserte. Dann setzten sie ihre Exkursion fort. Clifton dachte noch immer an seinen Zunder und wunderte sich, daß die von ihm gesuchte Schmarotzerpflanze hier nicht vorkam, obwohl doch über zehntausend Arten davon bekannt sind, die in allen Klimazonen wachsen.
    Da hörten sie plötzlich in einem Dickicht ein Rascheln. Robert eilte sofort darauf zu, aber Fido kam ihm zuvor, und gleich vernahmen sie aus dem Unterholz sein Knurren.
    »Schon gut, Fido, schon gut!« rief Robert.
    Diese Worte wären aber wohl ohne Wirkung geblieben, wenn Robert nicht gleich zur Stelle gewesen wäre. Fidos Opfer war ein herrlicher Wildhahn, den der Junge noch lebend fangen konnte. Clifton wußte mit Sicherheit zu sagen, um was für ein Tier es sich dabei handelte. Es war ein mittelgroßer Haushahn, der Benthane-Hahn genannt wurde; die Federn seines Laufs bildeten eine Art Manschette. Robert aber fiel gleich eine Besonderheit des Tieres auf.
    »Der Hahn hat ja ein Horn auf dem Kopf!«
    »Ein Horn!« rief auch Clifton, als er sich das Tier besah.
    »Tatsächlich«, sagte der Onkel, »ein Horn, direkt unterhalb des Kamms. Der hätte einen gefährlichen Kampfhahn abgegeben. Also, Monsieur Clifton, ich habe ja schon so manches gesehen, aber einen Hahn mit Hörnern noch nicht!«
    Harry Clifton gab darauf keine Antwort. Mit einem seltsamen Gesichtsausdruck betrachtete er den Vogel genau und sagte dann lediglich: »Ja, doch, das ist ein Benthane-Hahn.«
    Der Onkel band dem Hahn, den er lebend in den Geflügelhof bringen wollte, die Flügel zusammen, und dann setzten die Reisenden ihre Exkursion fort, und zwar etwas weiter in Richtung Osten, auf den Flußlauf zu. Sie stießen jedoch weder auf den Zunderschwamm noch auf Morcheln, die ebenfalls als Zunderersatz verwendet werden können. Zum Glück fanden sie aber eine andere Pflanze, die dem gleichen Zweck dienen konnte. Sie gehörte zur weitverzweigten Familie der Korbblütler. Es war Beifuß, zu dessen Hauptarten Wermut, Zitronenkraut, Estragon und andere zählen. Der Chinesische Beifuß, den sie vor sich hatten, war mit einem Flaum überzogen, von dem die Ärzte im Reich der Mitte häufigen Gebrauch machen.
    Clifton fiel glücklicherweise ein, daß die Blätter und Stengel dieser mit langen, seidigen Härchen bedeckten Pflanze Feuer fingen, wenn sie sehr trocken waren und ein Funke auf sie fiel.
    »Endlich haben wir unseren Zunder!« rief Clifton.
    »Wunderbar!« sagte der Onkel fröhlich. »Dann war ja unser Ausflug nicht umsonst. Mit etwas Besserem hätte uns die Vorsehung gar nicht bedenken können. Nein, wirklich, mehr dürfen wir nicht verlangen. Gehen wir also.«
    Sie pflückten Beifuß und gingen dann weiter in Richtung Südwesten. Zwei Stunden später erreichten sie das rechte Flußufer, und um sechs Uhr abends war die ganze Familie wieder am Lagerplatz vereint. Zum Abendessen wurde eine exzellente Languste serviert, die Marc bei den Felsen am Kap gefangen hatte. Clifton schilderte die Exkursion in allen Einzelheiten. Der Benthane-Hahn wurde in den Geflügelhof gesteckt, dessen Prunkstück er nun war.
    Doch als die Mahlzeit beendet war, wer war da sehr überrascht, ja sogar gerührt? Es war Onkel Robinson, als Belle auf ihn zuging und ihm eine rotglänzende, mit Tabak vollgestopfte Krebsschere reichte. Zugleich hielt Jack ihm ein glühendes Holzstück hin.
    »Tabak!« rief der Onkel. »Und keiner hat mir etwas gesagt!«
    Der wackere Seemann mußte blinzeln und bekam ganz feuchte Augen. Gleich steckte er die Pfeife an, und es entfaltete sich ein

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