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Onkel Schwein (German Edition)

Onkel Schwein (German Edition)

Titel: Onkel Schwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Brood
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mindestens die Beine gebrochen, doch es schien nur eine kleine Platzwunde am Kopf zu haben und versuchte, während sie in den Armen ihres Vaters lag, mit der freien Hand nach ihrem Bruder zu schlagen, der schuldbewusst neben den beiden stand. Offensichtlich verpetzte sie ihren Bruder, der daraufhin von seinem Vater nach oben geschickt wurde, während sie selbst ein buntes Pflaster bekam.
    Das war Teevers Chance. Eher rhetorisch, wenn überhaupt, mit der Hoffnung auf Ablehnung, bot er seine Hilfe an. Der offensichtlich leicht überforderte Vater schüttelte den Kopf und entschuldigte sich. Gedankenverloren nickte er, als Teever bat, Lisa zu grüßen. Teever war froh, als er endlich wieder in seinem Auto saß. My car is my castle, dachte er und suchte nach passender Musik. Warren Zevon legte er zur Seite. Bloß nicht. Fischer Z war gut: O dear Lisa, what shall I do, taufte er Susanna um und sang laut und kräftig und falsch mit.
    Weiter scheinbar ziellos fuhr Teever umher. Helgi würde sich um Ellen kümmern. So, wie ihn der Weg unbewusst nach Härlingetorpgeführt hatte, näherte er sich nun dem Ort, an dem die Schwester Waldéns, Cäcilie, lebte.
    Teever musste bitter lächeln. Sein Wirken bestand scheinbar hauptsächlich darin, Dinge zu tun, um sich von anderen Dingen abzulenken. Jetzt konnten wieder einmal seine Ermittlungen helfen, nicht an Lisa zu denken.
    Die Fahrt führte ihn durch schlafende Städtchen mit verrammelten Läden. Teever nahm die Ortsnamen gar nicht wahr. Die ehemaligen Schaufenster erinnerten Teever an tote Augen. Trostlose blinde Augen, die in die Vergangenheit blickten, als sich hinter ihnen noch das Leben in Lampengeschäften, Lebensmittelläden oder bei florierenden Schuhhändlern abgespielt hatte. Nur vereinzelt gab es jetzt noch Modeläden mit Angeboten für Menschen in Waldéns Alter oder dem seiner Schwester.
    Die Fenster erinnerten Teever daran, dass er früher im Polizeidienst gelegentlich das Gefühl hatte, das Leben der anderen Menschen wie durch eine Schaufensterscheibe zu betrachten. Nur hatte er nach Feierabend nie ein Rollo herunterziehen oder die Fensterläden schließen können.
    Das Heim, das sich hinter der Adresse Cäcilie Waldéns verbarg, lag in einem kleinen Ort südlich von Växjö. Gelb verklinkerte Zweckbauten mit großen Glasfronten, hinter denen alte Frauen saßen. Wie Leguane in einem Terrarium. Nur unter Gummibäumen. Ihr Blick ging über blattlose Laubbäume hin zu einem See, der wegen eines durchfließenden Baches nicht zufror. Über eine Brücke führte eine Landstraße weiter nach Süden, hin zur Küste. Das Beobachten der Autos stellte wahrscheinlich die Lieblingsbeschäftigung der wenigen Männer im Heim dar. Teever fragte sich, ob er seinen Lebensabend auch in so einer Seniorenresidenz, wie man es heute schönfärberisch nannte, verbringen würde. Die Chancen standen nicht gut, dachte er, wenn er an das schiefe Verhältnis von Männer und Frauen unter den alten Leuten dachte. Doch auch so bereitete die Vorstellung, irgendwann seine eigenen vier Wände zu verlassen, um in eine letzte Vorruhestätte vor dem Ende zu ziehen, Unbehagen. Ihm war die Einstellung seiner Tante ein sympathisches Vorbild. Für sie hatte ein Umzug in ein Heim nie zur Debatte gestanden. Ihr Wunsch, dass man sie nur „die Füße voran“ aus dem Haus bekommen würde, war zwar nicht in Erfüllung gegangen, da sie im Krankenhaus gestorben war; gelebt hatte sie aber bis zuletzt an ihrem geliebten See, jung gehalten von Kanufahrern und Campern und der Freude, etwas Sinnvolles zu tun.
    Cäcilie Waldén zu finden war leichter gewesen, als Teever geglaubt hatte. Ein Eintrag in einem Telefonbuch im Internet. Teever fragte sich, wieso die Polizei nichts von ihr wusste. Wahrscheinlich lag es am Personalmangel und dem wichtigen ROCX-Fall.
    Die meisten Anlagen dieser Art hatten eine zentrale Telefonnummer, doch hier war es anders. Das Konzept sah eine größtmögliche Selbstständigkeit vor. Die Alten, die noch allein für sich sorgen konnten, lebten in kleinen Häusern mit zwei oder drei Wohnungen, die um das zentrale Haupthaus mit den Sozialeinrichtungen, Behandlungszimmern, der Kantine und der Verwaltung gruppiert worden waren. Es erinnerte Teever an einen Ferienclub. Club Senilo mit Animation und Anwendungen.
    Er hatte einen großen Auftritt. Als er den Raum betrat, blickten ihn zwanzig Paar müde Augen erwartungsvoll an. Sein Besuch dürfte die Abwechslung, das Highlight des Tages sein. Wie

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