Onkel Schwein (German Edition)
menschlichen Egoismus, durch die unendlich große breite Masse mit ihrer Gier nach Reichtum und Party und billiger Zerstreuung. Alle, die sich dem Drogenkonsum oder dem Verbrechen oder der Naturzerstörung entgegenstellten, standen wie die Gallier in ihrem kleinen Dorf einer feindlichen Übermacht gegenüber, die anders als in den Geschichten über Asterix und Obelix nicht mit einem Festmahl im Dorf, sondern mit einer Grundsteinlegung für ein weiteres, noch größeres, noch edleres Einkaufszentrum enden würden.
Er hatte von Plänen gehört, nach denen auch Växjö eine eigene Shopping Mall bekommen sollte. Auch eine Arena war im Gespräch. Und da sprach Catharina von einem Dorf! Doch mit ihr konnte er diese Gedanken nicht wirklich diskutieren. Sie hörte zwar zu, verstand ihn aber nicht. Sie sah Zahlen und Arbeitsplätze und Wohlstand. Er sah Fixer, die einer alten Frau für fünfzig Kronen den Schädel einschlugen.
Vor seinem Zusammenbruch hatte Teever einen Fall bearbeitet, bei dem desinteressierte Richter einen gewalttätigen Ehemann mit Hakenkreuz-Tätowierung hatten auf Bewährung laufen lassen, deraus dem Gerichtssaal direkt in einen Baumarkt gegangen war, sich dort eine besonders scharfe Axt aus bestem schwedischen Stahl gekauft und dann in der Wohnung das vollendet hatte, was sein schmieriger Anwalt von seiner mehrfach vergewaltigten Frau übrig gelassen hatte. Im Gerichtssaal hatte es sich angehört, als ob die Frau darum gebettelt hatte, von ihrem Mann einmal so richtig rangenommen zu werden. Bis Blut floss. Wahrscheinlich wollte sie auch mit zerspaltenem Kopf in der Gästetoilette ihres schmucken Einfamilienhauses enden, während ihr Mann sich den beiden Söhnen mit der Axt widmete. Teever hatte die kleinen Körper entdeckt, zerschunden auf dem Boden liegend, den Blick gebrochen. Selbst im Tod schrien sie die erlittenen Qualen heraus. Es war Teever so, als höre er ihre Angst und kein Ohrenzuhalten dieser Welt half dagegen.
Fast noch schlimmer als der Anblick der kleinen Körper war die aufsässige Gleichgültigkeit des Mannes, der keinerlei Bedauern für seine Tat empfand, sondern seiner Frau, der Schlampe, die ganze Schuld gab. Teever hatte dessen Anwalt später gefragt, ob er keine Gewissensbisse haben würde. Doch der hatte nur mit den Schultern gezuckt, etwas von „jeder tut nur seinen Job“ gefaselt und ihm verschwörerisch zugeblinzelt. Wäre nicht gerade ein Bekannter des Anwalts aufgetaucht, hätte Teever ihm wahrscheinlich mit der Faust in sein grinsendes Gesicht geschlagen. Er kannte sich selbst nicht mehr.
Am nächsten Tag hatte sich Teever für eine Woche krank gemeldet, zu Hause auf dem Sofa gelegen und von einem Fernsehsender zum anderen geschaltet. Wenn er einnickte, träumte er von den Kindern. Also versuchte er, wach zu bleiben. Doch dann quälte er sich mit der Frage, ob man, ob er die Tat hätte verhindern können. Sein Kollege Wilhelmsson war ein paarmal vorbeigekommen. Hatte Teever gefragt, ob er mit ihm angeln oder wandern wolle. Doch Teever hatte zu nichts Lust gehabt. Catharina hatte ihn aufgefordert, sich nicht so hängen zu lassen. Brutalität würde nun mal zu seinem Job gehören. Das hatte Teever aggressiv gemacht; ein Charakterzug, den vorher niemand an ihm kannte. Als kurz darauf eine Verwandte von Catharina starb, wollte er nicht mit zur Beerdigung. Gefühllos wäre er geworden, hatte sie gesagt. Teever hatte nur gelacht und sie zynisch an ihre Worte zum Tod der Frau und der Kinder erinnert und darüber war es wieder zum Streit gekommen. Es würde nur noch um ihn gehen, hatte sie geschrien. Er war dann zu der Beerdigung gegangen, hatte verlogenen Reden zugehört, kalte Hühnerpastete gegessen und sich selbst bemitleidet.
Obwohl sie gesehen haben musste, wie sehr Teever unter den Erlebnissen litt und wie sehr er einen - ihren - Halt gebraucht hätte, brach Catharina kurz darauf ohne Not zu einem Aufenthalt in einer Zweigstelle ihrer Firma nach Frankreich auf. Sie rief zwar gelegentlich an, doch diese Anrufe strahlten keine Wärme aus. Etwas in Teevers Liebe zu ihr gefror langsam wie ein See im Winter und er vergrub sich noch tiefer in seine Niedergeschlagenheit, obwohl er nach außen hin den Schein zu wahren versuchte.
Er empfand Catharina als herzlos und verstand zu spät, dass sie eigene Wege gehen wollte. Er ahnte, dass sie ihn dabei nicht als Begleiter auserkoren hatte, aber dennoch konnte er lange nicht von ihr lassen. Es zerriss ihn. Es gab Tage, an denen
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