Onkel Schwein (German Edition)
ersten deutlichen Riss in seinem Verhältnis zu Catharina hatte es gegeben, als er ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hatte, den Polizeidienst zu quittieren und die Erbschaft seiner Tante anzutreten.
Sie war in Malmö aufgewachsen und hatte Växjö immer abschätzig als Dorf bezeichnet. Noch weiter aufs Land zu ziehen, schien ihr unmöglich, kam ihr vor wie gefangen zwischen Kuhstall und Käsekuchen. Die Vorstellung, mit Teever eine Kanuzentrale zu führen, bezeichnete sie als völlig absurd.
Wie könne er außerdem so blöd sein, den gut bezahlten Job als Kriminalbeamter aufzugeben und sich in so ein Abenteuer zu stürzen, hielt Catharina ihm vor. Ohne regelmäßiges Einkommen, ohne vernünftige Altersversorgung. Auch absurd. Teever konnte das Wort bald nicht mehr hören. Und das in seinem Alter, hatte sie doziert, dabei war Teever noch keine Vierzig Sie fand ihn zu alt für einen Neuanfang? Aber sie waren zu jung für Kinder?
Catharina hatte andererseits natürlich nicht ganz unrecht gehabt. Der Schritt war gewaltig und tief im Innersten hatte er geahnt, dass er das Aus für ihre Beziehung sein könnte. Sie kannten sich schon seit der Schulzeit. Oft hatte Teever Kurse nur wegen ihr gewählt. Mit Grauen dachte er an die langweiligen Stunden in Erdkunde. Er hätte sich viel lieber mit Geschichte beschäftigt, doch als er auf einem Formular ihre Wahl las, hatte auch seine festgestanden. Und dann fing sie etwas mit dem Klassenstreber an und Teever durfte die beiden ein Jahr lang beim Turteln beobachten. Er hatte immer gehofft, dass sie bemerken würde, wie verschossen er in sie war, doch Catharina blieb freundlich, aber distanziert. Er hatte sich nie getraut, ihr seine Liebe zu gestehen.
Umso überraschter war Teever, als es Jahre später auf einem Klassentreffen funkte. Beide hatten sich an ihren Plätzen in trüber Stimmung an ihren Getränken festgehalten. Catharina wegen der belanglosen Gespräche, Teever weil er es meistens war. Sie hatten die langweilige Veranstaltung gleichzeitig verlassen und waren in einer Kneipe versackt. Auch wenn sie nicht viel gemein hatten, fühlten sie sich doch zueinander hingezogen. Teever zu ihr wohl noch ein wenig mehr als sie zu ihm. Sie war seine große Liebe. Beide waren ledig, einsam und auf der Suche, sodass sie sich ohne Nachzudenken in die Beziehung stürzten, die sich aber von erstem Verliebtsein bald in distanzierte Routine wandelte. Zumindest hatte Teever dieses Gefühl.
Catharina war realistisch und durchdacht; ein Vernunftmensch. Manchmal kühl und unnahbar. Sex war für sie ein Zeitvertreib oder eine Art Pflicht. Und wenn Teever sie dann einmal dazu bringen konnte, mit ihm zu schlafen, spulte sie ein Programm ab, das irgendwo zwischen Sex nach Lehrbuch und Sportakrobatik lag. Sie hatte nie verstanden, dass er so gern mit ihr schlief, weil er in den intimen Momenten das suchte, was sie ihm mit Worten nicht ausreichend geben konnte. Für ihn ausreichend, das wusste er. Teever brauchte den Sex, die Zärtlichkeit, um Nähe, um Liebe zu verspüren.
Er konnte seine Gefühle nicht in Worte fassen und war sich sicher, dass sie diese Worte auch nicht verstanden hätte. In ihrem Leben siegte immer die Vernunft über das Gefühl. Alles war erklärbar oder zu berechnen. Sie hatte ihren Traumberuf im Controlling eines internationalen Pharmaunternehmens gefunden und machte unaufhaltsam Karriere. Der Weg in den Vorstand schien möglich, in ein paar Jahren, nach einigen Aufenthalten in der Konzernzentrale und bei den ausländischen Töchtern. Da passte ein Mann mit Paddelbootverleih nicht ins Bild. Nicht, dass sie sich für ihn geschämt hätte, aber Teever würde noch mehr der Mann im Karohemd am Lagerfeuer und der Dose Pripps blå werden denn ihr Begleiter im Smoking, mit einem Glas Champagner und einem Lachsschnittchen in der Hand. Sie hasste Bier. Teever wurde von Sekt schlecht.
Das Fass zum Überlaufen, den Auslöser für das Ende seiner Polizistenlaufbahn, hatte eine ungewöhnlich grausame Familientragödie gebracht, die er nicht abschütteln konnte wie die Mordfälle zuvor. Teever hatte schon bei einigen brutalen Verbrechen ermitteln müssen und war immer öfter zu der Ansicht gelangt, dass die Gesellschaft verrohte und niemand, am wenigsten er, etwas dagegen unternehmen könne. Alle Versuche von Integration, alle gut gemeinten Ansätze gemeinnütziger Organisationen und der aufopferungsvolle Einsatz vieler ehrenamtlicher Arbeiter wurden konterkariert durch den
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