Onkel Schwein (German Edition)
die Straße. Teever bemühte sich verzweifelt, das Tier zu verscheuchen. Der Junge versuchte etwas zu sagen. Er hatte plötzlich das Gesicht Teevers. Er wendete den Blick. Der Vogel war jetzt eine getigerte Katze, die ihn wütend anfauchte. Teever schlug nach dem Tier und wachte davon auf, dass seine Hand gegen seinen Bettpfosten prallte.
Immerhin hatte er vier Stunden geschlafen.
Die Leuchtbuchstaben an der Zimmerdecke verwandelten sich gerade in eine Schnapszahl. 5.55 Uhr. Er hatte sich den Wecker mit Projektionsfunktion kürzlich gekauft und war sich noch nicht sicher, ob er ihn behalten würde. In den schlaflosen Nächten starrte er nun noch öfter auf die Uhrzeit über ihm und verzweifelte mit jeder Minute des Wachliegens stärker. Es war, als ob ihn das böse Auge der verrinnenden Zeit beobachten würde.
Teever sah aus seinem Küchenfenster Helgi und Ellen Amman den Weg herauf schlendern, schnatternd wie ein frisch verliebtes Pärchen. Helgi kickte nach einem Schneehaufen. Eine weiße Wolke stob auf. Teever hatte sich schon oft über solche Paare gewundert. Auch wenn hier die Sache natürlich anders lag.
Ein großer Mann und eine deutlich kleinere Frau. Suchten diese Frauen Geborgenheit oder die großen Männer Macht? Waldén kam ihm in den Sinn. Warum verging sich jemand an kleinen Kindern? Und wenn Folke Waldén eine Beziehung zu einer Frau begann: Musste diese dann auch schmächtig sein? Selma Waldén wurde als klein und drahtig beschrieben und auch Annika Aulin war eher knabenhaft. Und dann war da noch die Nachbarin von Liza gewesen. Die, die aussah wie Eva Axelsson. Klein und zart.
Eine Parallele, dachte Teever. Waldén suchte immer wieder kleinere Frauen, während ich scheinbar nur mit älteren Menschen Freundschaften schließen kann.
„Na Torbjörn, hast du wieder schlecht geträumt?“ fragte Helgi nach dem ersten Blick auf den am Küchentisch sitzenden Teever. Seine Haare waren zerzaust und er hatte noch Schlaf in den Augen. Ellen gähnte ungeniert.
Teever wunderte sich immer wieder, wie viel Einfühlungsvermögen in diesem großen Bären steckte, wie schnell Helgi Stimmungenerkennen konnte. Waren Homosexuelle tatsächlich einfühlsamer? Oder war dies schon wieder ein Vorurteil?
Auf jeden Fall war Helgi im Innersten nicht so jung, wie sein Äußeres es einem vorzugaukeln versuchte.
Teever schlug mit der Hand leicht auf den Tisch. Seine Träume sollten ihm nicht den Tag prägen. Er sprang auf und spülte sie sich mit kaltem Wasser aus dem silbern glänzenden Hahn vom Gesicht.
Helgis Frage beantwortete er ausweichend, aber dennoch wahrheitsgemäß: Ja, er hatte schlecht geschlafen. Er wurde älter und die Paddeltour vom Vortag erinnerte ihn schmerzhaft-angenehm daran.
Als Wilhelmsson anrief, brütete Teever gerade über den Unterlagen von TAG. Sollte er nun die Zusammenarbeit mit den Deutschen aufnehmen oder nicht? Er war unschlüssig. Zurzeit kam er schließlich auch so über die Runden. Er würde viel seiner Selbständigkeit abgeben. Aber war sie nicht gerade ein essentieller Bestandteil seines Lebens? Andererseits wäre es auch schön, sich einmal etwas gönnen zu können. Eine Reise vielleicht? Er würde Lisa um Rat fragen, dachte er. Oder mit ihr reisen?
Wilhelmsson kam sofort zur Sache.
„Berg hat gelogen. Als wir seine Firma wegen seines Alibis befragten, kam durch Zufall heraus, dass er die letzten Wochen überhaupt nicht in Dubai auf Montage war. Er hatte Urlaub.“
„Das ist ja ein Ding.“ Teever dachte kurz nach. „Das kann aber auch nur bedeuten, dass er ein Arschloch ist, seine Mutter mit dem Kind allein lässt und sich selbst eine schöne Zeit macht.“
„Es ist immer wieder schön zu hören, wie du Haare in der Suppe suchst“, konterte der Kriminalbeamte. „Freue dich doch einfach mal, dass wir einen weiteren Verdächtigen haben, der gelogen hat.“
Teever nickte, was Wilhelmsson nicht sehen konnte.
„Können wir uns treffen?“ fragte er.
Sie verabredeten sich auf einen Kaffee in Evedal.
Teever war schon bei der zweiten Tasse und beobachtete eine hübsche junge Frau beim Stillen ihres Babys, als ein abgehetzt wirkender Wilhelmsson das Lokal betrat. Er warf seinen Mantel über die Lehne und ließ sich auf den Stuhl fallen. Das Holz knackte gefährlich.
„Przybilski hat mich aufgehalten.“ Er lachte. „Wenn der wüsste, dass wir uns treffen. Er kommt mit seinem Fall nicht weiter. Der Chef drängt.“
Teever erinnerte sich. Die ROCX-Sache.
„Berg war doch
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