Onkel Schwein (German Edition)
Luftgewehr abgegeben worden sein.“
„Immerhin hat Berg eins. Hat er etwas dazu gesagt, wie Selma Waldén gestorben ist?“
„Angeblich ist sie eines natürlichen Todes gestorben.“
„Das hätte ich allerdings auch gesagt, um nicht in einen Mord verwickelt zu werden.“
„Berg behauptet, dass Waldén wohl die Pension weiterkassieren wollte. Sie bezog eine Art Invalidenrente vom Staat aus ihrer Zeit als Beamtin in der Stadtverwaltung. Sie hatte mal einen Unfall im Dienst.“
„Das Bein?“ Er dachte an den Knochennagel.
„Nein, etwas mit dem Rücken.“
Teever kratzte sich an der Schulter. Am anderen Ende des Raumes ließ eine Kellnerin ein Tablett mit Gläsern zu Boden fallen. Es schepperte ohrenbetäubend. Ein Hund fing an zu bellen. Das Baby schrie. Wilhelmsson starrte wieder auf die nun freiliegende XXL-Brust, als ob er so etwas noch nie gesehen hätte.
„Und was bedeutet das ganze nun für Kent?“ fragte Teever nach einer kurzen Pause.
Wilhelmsson wendete sich ihm wieder zu.
„Der Staatsanwalt wird ihn wohl erstmal laufen lassen. Damit ist er zwar noch nicht aus dem Schneider, aber immerhin.“
„Wann?“
„Morgen? Ich weiß nicht.“
„Dann sollte ich den Eltern einmal die frohe Kunde mitteilen“, sagte Teever.
Der Wind hatte weiter aufgefrischt. Obwohl er Handschuhe trug und den Kragen aufgestellt hatte, fror Teever erbärmlich. Er konnte sich überhaupt nicht mehr vorstellen, dass er noch gestern mit dem Kajak unterwegs gewesen war. Immerhin hatte ihn ein Anruf erwärmt. Das Auto war repariert und Lisa würde sich sehr freuen, wenn Teever sie abholen könnte. Ob er Lust auf einen Restaurantbesuch hätte.
Was für eine Frage, dachte Teever.
Im Haus der Axelssons stand in jedem Fenster eine Weihnachtspyramide. An der Tür hing ein Kranz aus Tannenzweigen. Teever klingelte. Als niemand auf sein erneutes, lang anhaltendes Läuten reagierte, öffnete er eine kleine schmiedeeiserne Pforte zu seiner Linken und betrat den Garten. Große Rhododendren warteten auf den Frühling, um ihre Blütenpracht zu präsentieren. Auf der Terrasse stand ein eingeschneiter Tisch. Feine Tierspuren überzogen das von Menschen unberührte Weiß. Das Wohnzimmer lag im Dunkeln. Teever konnte nur die rote Standby-Leuchte des Fernsehers erkennen.
Schade, dachte er, dann eben doch per Telefon. Doch auch daraus wurde nichts, denn Axelssons Handy war ausgeschaltet. Die Nummer von Eva kannte Teever nicht. Um wenigstens irgendwas Sinnvolles zu tun, beschloss er, Kent einen Besuch abzustatten.
Es dämmerte, als er vor dem Untersuchungsgefängnis anhielt. Ihm fiel ein, dass die Tage nun wieder länger wurden. Als Kind hatte ihm die Dunkelheit nichts ausgemacht; er hatte nicht einmal darüber nachgedacht. Jetzt freute er sich, dass die schlimmste Zeit geschafft war.
Sundström, sein alter Bekannter, hatte Dienst und nickte ihm freundlich zu.
„Was führt dich denn her?“ fragte er und biss einem Schokoladenweihnachtsmann herzhaft den Kopf ab.
„Ich wollte zu Kent Axelsson.“
Der Beamte sah ihn erstaunt an.
„Der ist doch gar nicht mehr bei uns.“
Jetzt blickte Teever überrascht.
„Was? Seit wann?“
„Der ist heute Vormittag entlassen worden.“
Teever dachte zunächst, sich verhört zu haben, weil Sundström durch die Schokolade im Mund etwas undeutlich sprach.
„Wie bitte? Wer hat ihn abgeholt?“
Sundström schüttelte den Kopf und fegte ein Schokoladensplitter von seiner Uniform. An seinen Zähnen klebten Schokoladenreste. Er sah schwer kariös aus.
„Keine Ahnung, da war ich noch nicht hier. Ich könnte den Kollegen mal fragen.“
Ehe Teever reagieren konnte, hatte Sundström zum Telefon gegriffen.
„Peter hier. Sag mal: Wer hat Kent Axelsson heute abgeholt?“
Er nickte, bedankte sich und legte wieder auf.
„Seine Eltern“, sagte er und widmete sich dem Unterkörper des Weihnachtsmannes. „Möchtest du auch ein Stück?“
Teever schüttelte den Kopf. Über das Angebot und die Tatsache, dass es die Axelssons nicht für notwendig erachtet hatten, ihn von der Freilassung ihres Sohnes zu unterrichten.
Er verabschiedete sich von Sundström, der sich nun wieder voll und ganz seinem Weihnachtsmann widmen konnte.
Da er die Telefonnummer Kents nicht kannte, fuhr er zu dessen Wohnung. In keinem der Zimmer brannte Licht. Teever klingelte mehrfach, doch niemand öffnete. Er setzte sich wieder in sein Auto und versuchte, den Anwalt von Kent zu erreichen.
Doch er hatte einfach kein Glück.
Weitere Kostenlose Bücher