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Onkel Schwein (German Edition)

Onkel Schwein (German Edition)

Titel: Onkel Schwein (German Edition)
Autoren: Frans Brood
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einer Pause zurück, „dann wird es aber Zeit.“
    „Zeit wofür?“
    „Zu reden. Mit jemandem, der das Zuhören gelernt hat. Und es wird Zeit, dich selbst zu finden.“
    „Was meinst du?“
    „Den Torbjörn, der sich hinter den Schuldgefühlen versteckt hält.“
    Teever verzog den Mund, nickte gedankenverloren und sah auf seine russische Armbanduhr. Vor sich selbst musste er noch jemand anderen finden. Einen Jungen, der früher geschielt hatte. Lasse.
    Er hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Kent ihm die Tür öffnen würde.
    Nachdem Teever von dem unvermeidlichen kleinen Jakob die kostenlose Information erhalten hatte, dass Kent aus dem Haus gegangen wäre, war er auf gut Glück bei den Axelssons vorbeigefahren.
    Unterwegs hatte er über das Gespräch mit Lisa nachdenken müssen. Seit er ihr von Henrik erzählt hatte, fühlte er sich eindeutig besser. Merkwürdig, dachte er, dabei hatte sie kaum etwas gesagt. Das erste Mal dachte er ernsthaft darüber nach, sich einen Termin bei einem Therapeuten zu holen.
    Den Schwall Vorwürfe, den er Kents Eltern machen wollte, hielt er zurück. Stattdessen folgte er dem jungen Mann in das Wohnzimmer. Kent wirkte sauber, er schien seine Haare gewaschen zu haben, roch aber immer noch leicht nach Alkohol. Eva Axelsson saß auf dem Sofa. Schon durch den Flur hatte Teever gesehen, dass sie sich eine Decke über den Schoß gelegt hatte. Sie rieb ihr Bein. Ihr Bein, das nicht mehr da war. Phantomschmerzen. Seit ihrer Amputation nach dem Unfall hatte sie immer wieder darunter gelitten.
    Auf dem Tisch vor ihr stand ein Glas mit Cognac. Selbst Kent schien es zu früh für Alkohol zu sein. Ein Glas Cola deutete darauf hin. Aber womöglich täuschte sich Teever auch und der Junge hatte einen Schuss hinzugefügt.
    Eva Axelsson lächelte Teever matt zu, bot ihm diesmal aber nichts an, sondern wies mit ihren zierlichen Fingern auf einen Sessel zuihrer Linken. Kent stand mit dem Rücken zum Fenster und musterte Teever.
    „Ich muss mich wohl bei dir bedanken“, sagte er ohne es zu meinen und stellte einen Fuß gegen die Scheibe. Seine Mutter sah ihn missbilligend an, verkniff sich aber eine Bemerkung.
    Teever hatte das Gefühl, als ob die Stimmung in dem Raum kurz vor der Explosion war. Er schien in eine Aussprache geplatzt zu sein oder in einen Streit. Die Spannung war mit Händen greifbar.
    „Störe ich?“ fragte er.
    Kents Gesicht blieb ausdruckslos. Seine Mutter schüttelte nach einer Weile den Kopf und sagte nur:
    „Ist vielleicht ganz gut.“
    Teever hatte hin und her überlegt, wie er das Gespräch beginnen sollte, ohne zu einer Entscheidung zu gelangen. Da er nun sowohl Kent, als auch seiner Mutter gegenübersaß, war aber sowieso alles hinfällig. Fehlte noch Lennart Axelsson und die Haushälterin und ein paar weitere übliche Verdächtige und er hätte sich wie Hercule Poirot gefühlt. Nur dass Agatha Christies Detektiv immer genau wusste, wer warum womit der Täter war, wenn er alle Verdächtigen beisammen hatte.
    Teever wendete sich Kent zu, der immer noch auf einem Bein an der Scheibe lehnte. Sein Herpes blühte wieder.
    „Liest du?“ fragte Teever ihn.
    Eva Axelsson sah Teever erstaunt an.
    „Bist du jetzt Zeitungsdrücker?“ fragte Kent zurück.
    Teever unterdrückte den Impuls, mit der gleichen latenten Aggressivität fortzufahren, sondern sagte ruhig:
    „Ich meine Bücher. Kennst du Bengt Bengtson?“
    Zu seiner Überraschung war es nicht der Junge, der reagierte, sondern Eva Axelsson. Ihr Mund klappte herunter und alle Farbe schien aus ihrem Gesicht zu entweichen.
    Volltreffer, dachte Teever, ohne in diese Richtung geschossen zu haben.
    Kent schüttelte nach einer Weile den Kopf. „Kenne ich nicht.“
    Teever sah ihn fest an.
    „Ich habe ‚Der Priester mit der Lanze’ aber bei dir gesehen. In deiner Wohnung.“
    „Und?“ fragte Kent. „Hat wohl jemand da liegen gelassen. Ich lese so was gar nicht.“
    In einem Detektivfilm für Kinder hätte Teever jetzt jubiliert. Du hast dich verraten, Kent: Wenn du das Buch angeblich gar nicht kennst, wieso weißt du denn, worum es in ihm geht?
    Doch der Junge schien Teevers Gedanken zu lesen und fügte hinzu:
    „Bücher meine ich. Ich lese keine Bücher. Nur Hefte und so’n Zeug.“
    Dann ergänzte er, mit Stolz in der Stimme, wie um endgültig aus dem Schneider zu sein:
    „Außerdem war ja auch Pia in meiner Wohnung. Hast du selbst gesagt. Das Buch ist hundert pro von ihr.“
    Bestimmt, dachte Teever.
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